Robert Schlögl: Katalytische Ammoniaksynthese – eine „unendliche Geschichte“?
Seit kurzem kommt immer häufiger die Option Energie-, sprich Wasserstoffspeicherung mittels Ammoniak in die Diskussion, bzw. der Einsatz von Ammoniak in Brennstoffzellen. Weil es kohlenstofffrei ist, wäre Ammoniak ein günstiges Speichermolekül für Wasserstoff zum Betrieb von Brennstoffzellen. Durch eine praktikable und sichere Übertragung der industriellen Logistik in den Endverbraucherbereich stünde eine leistungsfähige Alternative zur Herstellung von Wasserstoff für Brennstoffzellen zu den heute umstrittenen Kohlenwasserstoffen zur Verfügung. Dazu, vor allem zur katalytischen Synthese des Ammoniaks, hat der Chemiker Robert Schlögl bereits 2003 einen Aufsatz in Angewandte Chemie veröffentlicht. Solarify dokumentiert ihn aus aktuellem Anlass.
„Kürzlich [2001, S_Y] erschien ein Artikel mit dem Titel „All quiet at the nitrogen front“¹, in dem die geringe Visibilität der Forschung zur Stickstoff-Fixierung im Allgemeinen und der metallorganisch-biochemischen Stickstoff-Fixierung im Besonderen beklagt wurde, obwohl es in beiden Gebieten erhebliche akademische Fortschritte zu verzeichnen gibt.
Begründet man die durchaus wünschenswerte Verbesserung des Stellenwertes der Forschung zur Ammoniaksynthese allerdings mit der angeblich nötigen Erhöhung des Wirkungsgrades der modernen Haber-Bosch-Prozesse durch grundsätzlich andersartige Verfahren, so ist dies wenig stichhaltig, wenn man die folgenden thermodynamischen Effizienzzahlen bedenkt: für reinen Ammoniak (in bei Atmosphärendruck flüssiger Form) ergibt sich bei der Herstellung aus Luft, Erdgas und flüssigem Wasser (300 K) und energetisch autarker Prozessführung ein theoretischer Energieinhalt (chemische Energie) von ca. 6.8 Gcalt-1. Technische Prozesse erreichen Gesamtwirkungsgrade von bis zu 70% (4.81 Gcalt-1), wobei die größten Effizienzverluste bei der Reformierung von Methan liegen (1.18 Gcalt-1) und nur ein geringer Verlust bei der eigentlichen Ammoniaksynthese unter Hochdruck- Hochtemperatur-Bedingungen (0.37 Gcalt-1) entstehen². Diese Werte werden mit technisch verfügbaren Eisen-3,4 sowie mit modernen Rutheniumkatalysatoren erreicht.
Durch den Einsatz verbesserter Katalysatoren könnten die thermodynamische Effizienz und durch die Reduktion des Prozessdruckes die spezifischen Kosten der Basischemikalie Ammoniak weiter gesenkt werden. Neuere Vorschläge dazu5 müssen sich allerdings an dem bisher „konventionell“ erreichten Niveau messen lassen und sollten angesichts der enormen technischen Reife der Ammoniakhochdrucksynthese berücksichtigen, dass die eigentliche Synthese im Gesamtprozess der bereits am weitesten optimierte Schritt ist und die Herstellung der Ausgangsmaterialien sowie die Reinigung wesentliche Problembereiche sind. In einer modernen technischen Ammoniakfabrik (Abbildung 1) dienen die großen Aggregate alle der Gaserzeugung (vor allem der Wasserstoffherstellung aus Erdgas durch Dampfreformierung) und der Reinigung. Der eigentliche Synthesereaktor ist kaum zu erkennen.