Merkel: IAA „eine sehr besondere Ausstellung“

„Autoindustrie in starkem Umbruch – warten auf synthetische Kraftstoffe“

Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht die Internationale Automobilausstellung in Frankfurt/Main (IAA) in diesem Jahr als „eine sehr besondere Ausstellung“. In ihrem neuen Video-Podcast sagte sie: „Wir haben erlebt, dass ein großer Vertrauensverlust im Blick auf die Automobilindustrie eingetreten ist. Gleichzeitig wissen wir natürlich, dass die Automobilindustrie eine wichtige Säule unseres wirtschaftlichen Erfolgs ist, auch unseres Rufs als Exportnation und des Qualitätssiegels ‚Made in Germany‘.“

Vertrauensverlust

Die Automobilindustrie befinde sich in einem starken Umbruch, so Merkel weiter. Einerseits gebe es einen „Verlust von Vertrauen im Blick auf Dieselantriebstechnologie“, andererseits seien auf der IAA auch sehr viele neue Entwicklungen zu sehen. Sie werde bei der Eröffnung deutlich machen, „dass Fehler, die passiert sind, natürlich wieder gut gemacht werden müssen“. „Da“, fügte Merkel hinzu, „haben wir noch erheblich zu tun.“ Sie werde aber auch sagen, „dass wir auf der anderen Seite – auch im Blick auf die über 800.000 Beschäftigten in der Automobilindustrie – eine gute Zukunft für diese Branche wollen“.

Die Bundeskanzlerin räumte ein, dass es bei Elektroautos noch kein breites Angebot gibt und „die Lade-Infrastruktur in den Städten noch nicht so ist, dass die Käufer auch wirklich Vertrauen haben.“ Der Anfang gestalte sich schwierig und langsam, sagt Merkel. Trotzdem glaube sie, „dass wir in beiden Bereichen in der nächsten Zeit besser werden“. Wie bei der Solarenergie werde man keinen linearen, sondern eher einen exponentiellen Anstieg haben.

Auch synthetische Kraftstoffe

Merkel unterstrich, die Bundesregierung setze auch bei den alternativen Antriebstechnologien auf Technologieoffenheit. „Das heißt, wir fokussieren uns nicht ausschließlich auf die Elektromobilität, sondern wir warten, ob auch vielleicht die Brennstoffzelle oder synthetische Kraftstoffe eine Rolle spielen werden“, erklärt die Bundeskanzlerin.

Intelligente Stadtmobilitätskonzepte spielten eine zentrale Rolle bei den Luftreinhaltungsplänen der Kommunen, in denen die NOx-Grenzwerte überschritten werden, so Merkel. So arbeite man an intelligenten Konzepten mit Blick auf die Tatsache, dass „heute 30 Prozent des Verkehrs im Grunde Parkplatzsuche ist“. Es gebe für den innerstädtischen Verkehr immer mehr Elektroautos, die man sich ausleihen könne, und man überlege sich, wie man die Ladeinfrastruktur verbessern könne. „Hier ist die Sensibilität gestiegen, und deshalb bin ich nicht so pessimistisch, sondern glaube, dass wir hier – gerade auch durch die Diskussion über die Luftreinhaltung – nochmal einen Schub erreichen werden“, sagte die Bundeskanzlerin.

Große Chancen bringe das autonome Fahren mit sich, so Merkel. Schon heute gebe es zunehmend Assistenzsysteme. „Das wird also auch keine Veränderung von 0 auf 100 sein, sondern es wird in bestimmen Verkehrssituationen zuerst das assistenzgestützte Fahren geben, bis das sich immer mehr in Richtung autonomen Fahrens insgesamt entwickelt.“ Der Verkehrsfluss in den Städten werde dadurch sehr viel besser, die Unfallgefährdung werde – „wenn wir es klug anstellen“ – sinken. Die Ethik-Kommission, die der Bundesverkehrsminister eingesetzt habe, sei zu dem Ergebnis gekommen, dass es sogar geboten sei, „das autonome Fahren wirklich nach vorne zu bringen“. Merkel: „Damit sind längst nicht alle Fragen geklärt, wir haben hier noch einen langen Weg vor uns. Aber, wir sollten uns diesen technologischen Möglichkeiten gegenüber sehr offen zeigen.“

Werden noch auf Jahrzehnte auf Diesel- und Otto-Motor angewiesen sein

Die Automobilindustrie sei eine der forschungsintensivsten Industrien in Deutschland, sagt Merkel. Die Bundesregierung könne ihr zwar schwer vorschreiben, wo sie nun genau forschen solle. „Aber wir können schon von unserer Seite Prioritäten setzen“, sagt die Bundeskanzlerin. Die modernen Antriebstechnologien seien „ein bevorzugtes Gebiet, in dem wir Forschung unterstützen“. Sie könne nur hoffen, dass die deutsche Automobilindustrie – auch im Blick auf die asiatischen Märkte – nicht den Anschluss verliere. „Auf der anderen Seite müssen wir wissen, dass wir auch noch auf Jahre und Jahrzehnte auf den klassischen Verbrennungsmotor – sei es Diesel-, sei es Otto-Motor – angewiesen sein werden. Und deshalb kann man auch die Forschung in diesen Bereichen nicht völlig einstellen. Aber das richtige Maß und die richtige Mitte zu finden, das wird eine der herausragenden Aufgaben der Automobilindustrie sein.“

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