Frage: Und wie gut können wir uns dagegen schützen?
Höppe: Leider nicht so gut wie vor Flussüberschwemmungen. Da weiß man genau, wo der Fluss ist und wo die gefährdeten Gebiete liegen, man kann gezielt Deiche bauen. In einer Gewitterzelle dagegen herrschen chaotische Bedingungen. Man weiß nie, wo sie sich austobt, es kann jeden treffen. Man kann trotzdem durchaus vorbeugen, zum Beispiel mit Dachmaterialien, die resistenter gegen Hagel und Starkwinde sind. In den USA finanziert die Versicherungswirtschaft sogar ein eigenes Forschungsinstitut mit Labors, in denen künstlicher Hagel produziert wird, und einem riesigen Windkanal, in den man ganze Häuser stellen kann. Dort werden Dachziegel und Dämmplatten mit Hagel beschossen. Die Forscher schlagen dann Baustandards vor, um die Häuser weniger anfällig zu machen.
Kleinere Maßnahmen wären, die Kellerfenster besser abzudichten, oder ganz einfach einen Sockel vor die Kellertreppe und Fensterschächte bauen, damit bei starkem Regen nicht gleich alles reinläuft. Überflutete Keller gehören zu den häufigsten und teuersten Unwetterschäden in Deutschland. Früher haben die Leute da Kohle und Kartoffeln gelagert, heute stehen dort oft wertvolle Gegenstände: das Heimkino oder die Heizungsanlage. Das wird schnell richtig teuer. In Deutschland sind wir aber grundsätzlich in der glücklichen Lage, die direkten negativen Folgen des Klimawandels noch irgendwie managen zu können. In diesem Jahrhundert werden wir sie durch Prävention und Versicherungen so abdämpfen können, dass weder Leib und Leben noch unser Wohlstand erheblich direkt gefährdet sind. In ärmeren Ländern ist das leider nicht der Fall, was zu Migration führen kann, sodass der Klimawandel unsere Gesellschaft dann sekundär eben doch erheblich beeinflussen kann.
Frage: Und wenn wir über die Grenzen schauen – wie sieht es in ärmeren Weltgegenden aus?
Antwort: Vor allem in Südasien und Afrika ist der Klimawandel schon jetzt spürbar. Es gibt mehr Dürren, aber auch mehr Überschwemmungen. Die Menschen dort haben oft nicht das Geld, um sich abzusichern. Wir Industrieländer haben eine Verpflichtung, sie zu unterstützen. Ein Weg wäre, die Menschen gegen die extremen Folgen zu versichern. So wie Mikrokredite könnte man Mikropolicen ausgeben, die zum Teil von den Industrieländern bezahlt werden. Bei einer bestimmten Anzahl etwa von Dürretagen bekommen die Versicherten dann automatisch Geld ausgezahlt, um Nahrungsmittel oder auch Saatgut für die nächste Saison zu kaufen.
Die G7-Staaten haben sich 2015 auf ihrem Gipfel in Elmau verpflichtet, 400 Millionen Menschen in armen Ländern einen solchen Basisschutz gegen Wetterextreme zu bieten. Im Pariser Klimavertrag haben die Industrieländer zugesagt, ab 2020 jedes Jahr 100 Milliarden US-Dollar bereitzustellen, um Entwicklungsländern die Anpassung an den Klimawandel zu erleichtern. Wenn alle ihre Versprechen halten, dann wäre genug Geld da.“
[note Prof. Dr. Dr. Peter Höppe, ist Leiter Geo Risks Research/Corporate Climate Centre bei der Munich Re. Zuvor arbeitete Höppe in verschiedenen Instituten der Ludwig-Maximilians-Universität (Bioklimatologie und Angewandte Meteorologie) und als Post Doc an der Yale Universität (USA). Höppe ist Diplom-Meteorologe und hat in den Fächern Physik und Humanbiologie promoviert bzw. sich habilitiert. Seine Forschungsschwerpunkte lagen im Bereich der Wirkungen von atmosphärischen Prozessen (Hitze/Kälte, UV-Strahlung, Luftdruckschwankungen) und Luftschadstoffen (Ozon, Partikel) auf den Menschen sowie in der Bewertung von Umweltrisiken. Höppe ist Mitglied in vielen wissenschaftliches Verbänden und Beratergremien. 2007 wurde er zum Klimarat der Bayerischen Staatsregierung berufen und übernahm die Leitung des „Finanz-Forums: Klimawandel“ der Hightech Strategie der Bundesregierung, das heute in den VfU eingegliedert ist. 2005 initiierte er die Munich Climate Insurance Initiative (MCII), deren 1. Vorsitzender er seitdem ist. Ziel von MCII ist die Entwicklung von Versicherungslösungen für Entwicklungsländer als Teil der Anpassung an den Klimawandel. Höppe war auch einer der Initiatoren der Desertec Industrie Initiative. Seit 2014 ist er Erster Vorsitzende der Münchener Universitätsgesellschaft.]