Multikristalline Siliciumsolarzelle jetzt mit 22,3 Prozent Wirkungsgrad (= 0,4 % mehr)
Weltweit arbeiten Forschung und Industrie an der Senkung des Solarstrompreises. Die deutsche Forschung spielt dabei eine führende Rolle. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat jetzt seinen erst vor wenigen Monaten erzielten Weltrekordwirkungsgrad für multikristalline Siliciumsolarzellen weiter verbessert. Die Rekordsolarzelle wandelt 22,3 Prozent des Sonnenlichts in elektrische Energie um.
Multikristallines Silicium hat derzeit mit rund 57 Prozent den größten Weltmarktanteil an der Solarmodulproduktion und ist damit das „Arbeitspferd“ der Branche. In den vergangenen Jahren hingegen sind die Wirkungsgrade für das in der Herstellung etwas teurere monokristalline Material deutlich gestiegen, sodass der Effizienznachteil des multikristallinen Siliciums ebenfalls stieg. Den Freiburger Forschern ISE ist es nun gelungen, den erst am 20.02.2017 aufgestellten Weltrekord für den Wirkungsgrad multikristallinen Siliciums noch einmal zu steigern und die Wirkungsgradlücke zum monokristallinen Silicium wieder zu verkleinern. Dabei wurde die für dieses Material magische Grenze von 22 Prozent überschritten. 22,3 Prozent des auf die Rekordzelle fallenden Sonnenlichts wandelt diese in Solarstrom um und das Potenzial des Materials und der Zelltechnologie ist dabei noch nicht ausgereizt.
Die Verwendung von hochreinem Silicium des Projektpartners Wacker sowie gezielte Anpassungen bei der Kristallisation und bei den Zellprozessschritten auf die Bedürfnisse des multikristallinen Ausgangsmaterials haben den neuen Rekord ermöglicht. Eine wichtige Rolle spielten dabei eine optimierte Plasmatextur sowie die am Fraunhofer ISE entwickelte Tunnel Oxide Passivated Contact-Technologie (TOPCon) für die Rückseitenkontaktierung. Bei diesem Verfahren werden die elektrischen Kontakte strukturierungsfrei auf einer leitfähig passivierten Oberfläche der Solarzelle angebracht. Dadurch lassen sich Ladungsverluste reduzieren und Strom deutlich effizienter gewinnen.
„Wir freuen uns, dass es uns gelungen ist, dieses herausragende Ergebnis zu erzielen“, so Martin Hermle, Abteilungsleiter Vorentwicklung Höchsteffiziente Siliciumsolarzellen am Fraunhofer ISE und fügt hinzu: „Der Schlüssel zum Erfolg war die gesamtheitliche Betrachtung und Optimierung aller Schritte von der Kristallisation bis hin zu den einzelnen Solarzellenprozessen. Durch die enge Zusammenarbeit zwischen der Charakterisierung, der Kristallisation und der Solarzellentechnologie konnten wir Schritt für Schritt die Verlustmechanismen reduzieren und eine optimierte Prozesskette erarbeiten“. Bereichsleiter Prof. Stefan Glunz ergänzt: „Diese erfolgreichen Ergebnisse bei der Steigerung der Solarzelleneffizienz basieren auf einer kontinuierlichen Entwicklung und zeigen die Stärke der europäischen Forschung. Gleichzeitig weisen sie den Weg für den Einstieg Europas in eine Weltmarkt-relevante Produktion der nächsten Technologiegeneration.“
[note Das Fraunhofer ISE meldete am 20.02.2017: „In der Photovoltaik steckt noch viel Potenzial. Für multikristallines Silicium haben Forscher am Fraunhofer ISE jetzt einen Wirkungsgrad von 21,9 Prozent erreicht. Die Solarzelle besteht aus n-Typ High Performance (HP) multikristallinem Silicium, das eine im Vergleich zu p-Typ höhere Toleranz gegenüber wichtigen Verunreinigungen, insbesondere Eisen, hat. In der industriellen Fertigung wird heute multikristallines p-Typ-Siliciummaterial eingesetzt – die durchschnittlichen Wirkungsgrade liegen bei 19 Prozent. Der vom Fraunhofer ISE eingeschlagene neue Material- und Technologieansatz hat das Potenzial den Wirkungsgrad für multikristallines Silicium in naher Zukunft weiter zu verbessern.“ (s.a.: solarify.eu/pv-weltrekord-zurueck-am-fraunhofer-ise)]
„multiTOP“
Das vom BMWi geförderte Projekt „multiTOP“, in dessen Rahmen die Rekorde erzielt wurden, läuft noch bis März nächsten Jahres und wird von Dr. Jan Benick geleitet, der am Fraunhofer ISE das Team Innovative Reinraumtechnologien für hocheffiziente Siliciumsolarzellen verantwortet. Er blickt in die Zukunft: „Unser Ziel ist es, für die multikristallinen n-Typ Wafer eine weiterführende Zelltechnologie zu entwickeln, die das Potenzial dieses Materials aufzeigt. Die Frage ist, wie weit sich die Effizienzlücke zu monokristallinem Material schließen lässt.“ Einen entscheidenden Link zwischen Material- und Zelltechnologieforschern stellen die Kollegen von der Solarzellencharakterisierung dar. Martin Schubert, Abteilungsleiter Charakterisierung und Simulation, nimmt dabei quasi die Rolle des Navigators ein: „Mit unseren Charakterisierungsarbeiten konnten wir den Kollegen auf der Materialseite helfen, dieses in seiner Qualität zu verbessern und an den Prozess anzupassen und auf der anderen Seite den Solarzellenentwicklern Hinweise geben, wo die wesentlichen Verluste in der aktuellen Zelltechnologie liegen.“
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