Aus für Fracking – CO2-Mindestpreis
Frankreichs Präsident hat das Thema Klimawandel nach oben auf seine To-do-Liste gesetzt. Zwei Hauptpunkte: CO2-Zertifikate im europäischen Emissionshandel (solarify.eu/europaeisches-emissionshandels-system) wirksam bepreisen, und: keine Lizenzen mehr für Fracking. Eine Analyse von Nicole Allé auf energiezukunft.
CO2-Zertifikate im europäischen Emissionshandelssystem (ETS) sind seit Jahren mit einem schwankenden Preis von vier bis acht Euro zu billig, um überhaupt eine Steuerungswirkung am Strommarkt zu entfalten. Seit Jahren schon streiten EU-Regierungen und die EU-Kommission über eine Reform des Systems. 2015 hat das ETS in Europa gegenüber 2005 zu einem Rückgang der CO2-Emissionen um rund 24 Prozent beigetragen. 2016 ist der Preis für die Emissionszertifikate sehr stark gesunken. Die Europäische Union hat mehrere strukturelle Reformen auf den Weg gebracht, um die zu viel auf dem Markt befindlichen Emissionszertifikate zu reduzieren.[note Berlin: Vattenfall-Kraftwerk Reuter (laut UBA 2,7 Mio t CO2 pro Jahr) – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify – 20140920]Seit 2013 werden deutschen und französischen Stromerzeugungsanlagen keine kostenlosen Emissionszertifikate mehr zugeteilt, diese müssen seitdem ersteigert werden. Die Einnahmen aus dem Emissionshandel fließen zurück in die Mitgliedsstaaten. In Frankreich werden die ersteigerten Einnahmen einem von der französischen Agentur für die Verbesserung des Wohnraumes (Agence nationale de l’habitat) geleiteten Programm zur energetischen Sanierung von Wohnraum für sozial schwache Haushalte zugewiesen, berichtet das deutsch-französische Büro für die Energiewende in seinem Memo „CO2-Bepreisung in Frankreich“.
In das lange diskutierte Thema grätschte nun Macron mit einem neuen Preisvorschlag für Zertifikate hinein: 30 Euro pro Tonne CO2 [siehe: solarify.eu/macron-will-e-30t-co2]. Damit würde sich der aktuelle Preis etwa versechsfachen. Im Laufe des Jahres 2016 hatte die französische Regierung unterschiedliche Vorschläge für einen französischen und europäischen CO2-Mindestpreis im Rahmen des Emissionshandelssystems ins Gespräch gebracht. Bei der Pariser Umweltkonferenz 2016 COP21 hatte der damalige französische Präsident Hollande angekündigt, über das Haushaltsgesetz 2017/18 einen Mindestpreis für den französischen Stromsektor einzuführen, aber diesen CO2-Mindestpreis nach Vorschlag der damaligen Umweltministerin ausschließlich auf Kohlekraftwerke anzuwenden.
Frankreichs Atom-„Bonus“ in der CO2-Bilanz
Deutschland hat sich bislang einer CO2-Zertifikate-Preiserhöhung verweigert. Mit gutem Grund, denn im Stromsektor ist Frankreich von einer Preiserhöhung mit seinem hohen Anteil von Atomstrom natürlich nicht so stark betroffen wie etwa Deutschland, das noch viel Kohlestrom im Strommix hat und bislang daran festhält.
Kohleverstromung würde sich bei einem steigenden CO2-Preis aber überproportional verteuern. Macron hat bereits angekündigt, alle verbleibenden Kohlekraftwerke in Frankreich zu schließen.
Der Ausstoß an Treibhausgasen betrug in Frankreich im Jahr 2014 rund 458 MtCO2eq und in Deutschland rund 900 Mt CO2eq – dabei lag der Anteil von Kohle und Gas an der Bruttostromerzeugung in Deutschland bei 58 Prozent, in Frankreich hingegen bei nur rund 6 Prozent. Beide Länder haben sich ehrgeizige Ziele zur Reduzierung dieser Emissionswerte gesetzt. Bis zum Jahr 2050 hat sich Frankreich dazu verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um 75 Prozent zu reduzieren, Deutschland hat das Ziel, im gleichen Zeitraum 80-95 Prozent einzusparen.
2022 EE-Anteil in Frankreich verdoppeln
Bis Ende 2022 will Frankreich laut Energiewendegesetz den Anteil der Erneuerbaren Energien verdoppeln. Die Regierung wolle zudem das von Macron angekündigte Moratorium für Fracking-Projekte auf alle Öl- und Gas-Förderpläne ausweiten, berichtete Umweltminister Nicolas Hulot in den französischen Medien und man ziehe auch in Erwägung, die Steuern auf Diesel zu erhöhen. Wie Macron und der neue Umweltminister und ehemalige Öko-Aktivist Hulot die Atompolitik fortsetzen wollen, bleibt jedoch abzuwarten.
Einnahmen aus ETS-Kasse nach Brüssel leiten
Ein Vorschlag des ehemaligen Binnenmarkt-Kommissars Mario Monti, die Erträge des europäischen Emissionshandelssystems direkt der EU als eigene Steuer zukommen zu lassen anstatt wie bisher den Mitgliedsstaaten, findet bei den Franzosen Anklang. 2016 haben verschiedene Länder und Regionen einen direkten CO2-Preis eingeführt. Dabei bezahlt der Verursacher von Emissionen den jeweiligen CO2-Preis direkt über zwei Instrumente, die einander ergänzen können: eine Steuer oder Emissionsquoten.
Energie-Steuer in Frankreich
In Frankreich wurde 2014 den internen Energieverbrauchssteuern eine CO2-Komponente hinzugefügt. Der sogenannte Beitrag für Klima und Energie (contribution climat-énergie) wird bei privaten und gewerblichen Verbrauchern erhoben; die bereits dem europäischen Emissionshandelssystem unterworfenen Industrieanlagen fallen aber nicht unter diese Regelung. Zu Beginn betrug dieser Beitrag € 7/t CO2. Im Energiewendegesetz wurde dann ein Entwicklungspfad vorgeschlagen, mit dem Ziel, bis 2030 einen Preis von satten € 100/t CO2 zu erreichen. Damit solle „den Akteuren eine langfristige Sichtbarkeit und Orientierung für Investitionen ermöglicht werden.“
Die Einnahmen aus dem französischen Beitrag für Klima und Energie lagen 2016 bei etwa 3,8 Mrd. Euro. Ab 2017 sollen sie „teilweise zur Finanzierung der Erneuerbaren Energien verwendet werden“. Der aus diesem Beitrag erwartete Rückgang der CO2-Emissionen wird dabei 2017 im Straßenverkehr auf 1 Mt CO2 und im Gebäudesektor auf 2 Mt CO2 geschätzt.