„Absolut realitätsfremd“
Dirk Jansen, Braunkohlenexperte des BUND-NRW, hält die RWE-Argumentation samt Gutachten für „absolut realitätsfremd“. Er bemängelt, mögliche weitere Kosten wie die Bewältigung bergbaubedingter Vernässungen von Siedlungsbereichen, eventuell notwendige Altlastensanierungen in den Tagebaukippen und Probleme mit den Restseen seien „gar nicht erfasst worden“. Die gesamten gebildeten Rückstellungen von 1,6 Milliarden Euro seien weder sicher, noch in der Höhe ausreichend. Jansen bezweifelt nicht nur die Höhe der Rückstellungen; es sei auch unsicher, ob RWE diesen Verpflichtungen überhaupt nachkommen könne. Er forderte die NRW-Landesregierung auf, „jetzt endlich ein unabhängiges Gutachten über alle zu erwartenden langfristigen Folgekosten auf den Weg zu bringen“. Er verlangte zudem die Einrichtung eines öffentlich-rechtlichen Fonds, um das Geld zu sichern und RWE in die Pflicht zu nehmen.
RWE bleibt stur
RWE bleibt dagegen bei seiner Darstellung, wonach die Rückstellungen nicht nur in der Höhe angemessen sondern auch sicher seien. Diese Auffassung teilt offenbar auch die Bezirksregierung. Dabei stützt sie diese Einschätzung unter anderem auf die Feststellung, dass Bund und Land an der Kohleverstromung bis 2050 festhalten.
Clemens Weiß meint dazu auf energiezukunft.de: „Und Angesichts der schwachen deutschen Klimazahlen und Diskussionen um einen schnellen Kohleausstieg ist das eine sehr wackelige Grundlage.“ WDR-Energieexperte Jürgen Döschner bestätigt: „Ob das so bleibt, ist jedoch fraglich. Denn schon die Debatte über eine mögliche Jamaika-Koalition und einen damit verbundenen vorzeitigen Kohleausstieg haben die Aktien der Braunkohleunternehmen kurz nach der Bundestagswahl auf Talfahrt geschickt“.
[note Vor allem im Steinkohlebergbau fallen nach der Schließung der letzten Zechen Prosper-Haniel in Bottrop und Ibbenbüren sogannte Ewigkeitskosten (für Dauerbergschäden, Grubenwasserhaltung und Grundwasserreinigung) an – von denen niemand sagen kann, wie lange sie dauern werden (so lagern in vier Zechen in Essen und in Gelsenkirchen mehr als 700.000 Tonnen hochgiftiger Filterstäube aus Müllverbrennungsanlagen mit der Folge, dass nach der Einstellung der künstlichen Senkung des Grundwasserspiegels durch Abpumpen eine Belastung des Grundwassers droht). Dafür war 2007 die RAG-Stiftung gegründet worden – die muss ab 2019 langfristig die Finanzierung der so genannten Ewigkeitslasten des Bergbaus gewährleisten – unter anderem die Haftung für Bergschäden, das permanente Abpumpen von Grubenwasser oder die Rekultivierung. Dabei scheint sich die Stiftung vor einer geradezu extremen Aufgabe gegenüber zu sehen: Wegen der Niedrigzinsen sind die Langfristpflichten geradezu explodiert. 2007 war der Rückstellungsbedarf noch mit sechs Milliarden Euro veranschlagt worden. Ende 2015 waren es schon 37 Milliarden Euro, Ende 2016 rund 81 Milliarden Euro und Ende 2017 wird der Wert nach den Worten von Stiftungschef Werner Müller zwischen 400 und 500 Milliarden Euro liegen. Doch Müller wiegelt ab: Die Steuerzahler müssten nicht einspringen. Es reiche trotz allem.]
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