Kritische Bilanz auf tagesschau.de
Trotz Regierungs-Kaufprämien und Lobgesängen der Autokonzerne: E-Autos sind wohl doch „nicht so umweltfreundlich, wie gerne behauptet wird: Hier gibt es Zweifel“, schreibt Julian Heißler auf tagesschau.de. Die Auto-Nation Deutschland laufe zudem Gefahr, den Anschluss an die Elektromobilität zu verlieren.
Die Gründe dafür seien vielfältig. Es fehle an ausreichend Ladestationen. Es seien nur wenige Modelle auf dem Markt, mit denen weite Strecken zurückgelegt werden könnten, ohne dass die Batterie des Fahrzeugs aufgeladen werden müsse. Und: E-Autos seien im Vergleich zu Benzin- und Dieselfahrzeugen immer noch zu teuer. Angela Merkel hatte diese Zahl bereits vor fünf Jahren ausgegeben. Die E-Autos sollten einen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele der Bundesregierung leisten, indem sie dreckige Verbrennungsmotoren von den Straßen verdrängen. Doch mittlerweile stellen immer mehr Experten in Frage, ob elektrisch betriebene Autos per se besser für die Umwelt sind als ihre herkömmlichen Alternativen.
Warnungen kamen zuletzt auch aus einer unerwarteten Ecke. Das Elektroauto sei „beim heutigen Energiemix eher klimaschädlicher als der Verbrennungsmotor“, warnte der Präsident des auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Club of Rome, Ernst Ulrich von Weizsäcker.
Tatsächlich ist Deutschlands Strom gegenwärtig alles andere als sauber. Denn erst rund ein Drittel der Energie kommt bislang aus erneuerbaren Quellen – der Rest unter anderem aus Kohlekraftwerken, insgesamt rund 40 Prozent. Zudem verbrauchen E-Autos in der Herstellung viele Ressourcen. US-Forscher berechneten im Jahr 2015, dass beim Bau eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs im Schnitt acht Tonnen CO2 entstehen. Bei einem vergleichbaren Benziner fielen hingegen nur sieben Tonnen an – Julian Heißler.
Der Grund dafür sei die Batterie. Für die Produktion der Akkus würden deutlich mehr Metalle gebraucht als für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor – gemäß der Faustregel: „Je größer der Akku, desto höher der Materialverbrauch“. Trotzdem gehe der Trend „derzeit zur größeren Batterie. Denn je größer der Akku, desto mehr Strecke kann ein E-Auto zurücklegen. Und Distanz ist immer noch das entscheidende Verkaufsargument.“
Klimasünder Tesla?
Was das in der Praxis bedeuten kann, hat die schwedische Energieagentur kürzlich ausgerechnet. Sie verglich die Klimabilanz eines Tesla S mit der eines Autos mit herkömmlichen Verbrennungsmotor.
[note Solarify.eu/E-autos-umweltfreundlich? Einer schwedischen Studie zufolge sind Elektrofahrzeuge kaum umweltfreundlicher als Verbrenner. Die Herstellung der Lithium-Ionen-Batterien verbrauche nicht nur teure Rohstoffe, sondern sei zudem so energie- und CO2-intensiv, dass sich ein positiver Umwelteffekt erst nach Jahren ergebe. Doch die schwedische Untersuchung, die laut der dänischen Fach-Zeitschrift Ingeniøren bisherige Untersuchungen in einer Metastudie analysiert und zusammenfasst, hat ihre Tücken.
Aus Ingeniøren: Das Schwedische Umweltinstitut IVL habe für die schwedische Straßenverkehrsbehörde und die Energieagentur Umweltauswirkungen der Produktion von Lithion-Ionen-Akkus (inklusive Batterien für Elektrofahrzeuge) auf der Grundlage des Lebenszyklus untersucht. Der Bericht zeige, dass die Produktion von Batterien hohe Emissionen verursache: Jede Kilowattstunde Batterie-Speicherkapazität erzeuge demnach bereits in der Fabrik 150-200 kg CO2-Emissionen. Großen Einfluss habe dabei die Batteriegröße, ein Beispiel: Zwei marktübliche Elektroautos, der Nissan Leaf und das Tesla Model S mit Batterien von 30 kWh und 100 kWh hätten bereits vor ihrem Verkauf 5,3 bzw. 17,5 Tonnen CO2 emittiert. Zum Vergleich: Ein Hin- und Rückflug Stockholm-New York führe gemäß der Berechnungen der UN-Luftfahrtorganisation ICAO (International Civil Aviation Organisation) zu Emissionen von etwa 600 kg CO2. Ein herkömmlicher Otto- oder Dieselmotor könne 2,7 bzw. 8,2 Jahre laufen, um genau so viel CO2 auszustoßen.
Ein weiteres Ergebnis der Studie sei, dass etwa knapp die Hälfte der Emissionen bei der Verarbeitung der Rohstoffe entstehe, der Rest bei der Produktion der Batterie in der Fabrik. Die Bergbauindustrie mache nur einen kleinen Teil aus – 10 bis 20 Prozent. Die Berechnung basiert auf der Annahme, dass der in der Batterie-Fabrik eingesetzte Strommix zu etwa 50 Prozent aus fossilen Energieträgern besteht. In Schweden besteht die gesamte Stromerzeugung vor allem aus fossilfreier Kern- und Wasserkraft, und ermöglicht deshalb niedrigere Emissionen. Die Studie kommt daher zu dem Schluss, dass die Emissionen fast proportional zur Batteriegröße zunehmen, obwohl kaum Daten hierüber verfügbar seien. Das bedeute, dass eine Batterie der Größe des Tesla etwa dreimal so viele Emissionen wie die eines Nissan-Leaf verursache.]
Problematische Vergleichsrechnungen
Zurück zu Julian Heißler. „Ein anderer Vergleich: Der jährliche CO2-Ausstoß beträgt in Deutschland pro Kopf knapp zehn Tonnen – ein Zwanzigstel der Tesla-Batterie. Nun ist der Schluss nicht unproblematisch, dass ein Verbrenner mehr als acht Jahre lang fahren kann, bis er die schon bei der Herstellung des Tesla angefallene Umweltbelastung erreicht hat. Denn das wurde bedeuten, dass die Produktion von Verbrennungsmotoren samt herkömmlicher Batterien CO2-frei abläuft.
Noch werden die Umwelteigenschaften von Fahrzeugen überwiegend anhand der CO2-, bzw. NOx-Emissionen der Motoren bewertet. Doch „eine Umweltbewertung ist ungenügend, wenn sie nur den Betrieb umfasst. Auch die CO2-Emissionen der Produktion und des Recyclings sowie die vollständigen globalen Emissionen der Betriebsphase müssen betrachtet werden“, so Christiane Brünglinghaus in „Ressourceneffizienz in der Produktion“ (Springer-Verlag). Allerdings trifft die Aussage einer der Wissenschaftlerinnen, Mia Romare, zu: „Unnötig große Batterien belasten das Klima auch stärker. Man sollte deshalb überlegen, ob man mit kleineren Batterien auskommt”.
[note Lars Mönch vom Umweltbundesamt bestätigte im mdr: „Jetzt im Moment gehen wir davon aus, dass hinsichtlich der reinen CO2-Emission pro Kilometer die Elektromobilität etwa so gut ist wie sparsame Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren.“ Das heißt, ein SUV mit Elektromotor trägt unter dem Strich einen größeren CO2-Rucksack als ein kleiner Mittelklassewagen mit Benzin oder Dieselantrieb. Noch dazu, wo nach wie vor zwei Drittel unseres Strommixes aus fossilen, schmutzigen Quellen stammen. Mönch ist das aber zu kurz gedacht „Elektromobilität kann ihre Vorteile erst wirklich dann ausspielen, wenn der Strom regenerativ zur Verfügung gestellt wird.“ Mit Elektromotoren und grünem Strom würde auch der Gesamtenergiebedarf sinken: „Es ist die höhere Effizienz von Elektrofahrzeugen gegenzurechnen, weil ich etwa nur ein Viertel des End-Energiebedarfs benötige. Da meinen wir eben, der Strombedarf ist nur ein Viertel vom Rohölbedarf.“]
Das klinge vernichtend, so Heißler, doch ganz so einfach sei es auch diesmal nicht: So hätten die Schweden darauf verzichtet, zu berechnen, wie viel CO2 bei der Herstellung des Diesel-Fahrzeugs anfallen würde. Auch habe Tesla angekündigt, seine Batterien künftig klimaneutral herzustellen. Und: Nicht jedes E-Auto sei ein schwerer Tesla. Bei kleineren Wagen wie etwa dem Nissan Leaf fielen deutlich weniger Tonnen CO2 in der Produktion an, so die Schweden. Trotzdem: Angesichts dieser Ergebnisse machen sich durchaus Zweifel an der Ökobilanz von E-Autos breit…
->Quelle und kompletter Artikel: tagesschau.de/emobilitaet-klima