Energiesystem ohne fossile Energieträger
Durch neue Anwendungen im Wärme- und Verkehrssektor könnte sich der Stromverbrauch bis 2050 fast verdoppeln. Dadurch steigen die Anforderungen an das Energiesystem:
- Die Kapazitäten der Windkraft- und Photovoltaikanlagen müssten gegenüber heute auf ein Fünf- bis Siebenfaches anwachsen. Maßnahmen zur effizienten Nutzung von Energie können helfen, diesen Ausbau zu begrenzen und die gesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende zu sichern.
- Kurz- und Langzeitspeicher sowie flexible Stromnutzungsmodelle müssen die schwankende Stromerzeugung aus Wind und Sonne ausgleichen. Neben Pumpspeichern und Batterien werden flexible Elektrolyseanlagen zur Herstellung von Wasserstoff und Methan immer wichtiger. Das bereits bestehende Erdgasnetz mit den dazugehörigen Kavernen- und Porenspeichern könnte so als Langzeitspeicher genutzt werden.
- Um die Versorgung in allen Wetterlagen und zu allen Jahreszeiten zu sichern, werden Reservekapazitäten benötigt. Ihr Umfang entspricht dem des heutigen konventionellen Kraftwerksparks. Dafür eignen sich emissionsarme Gaskraftwerke, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die mit Wasserstoff, Erdgas oder synthetischem Methan betrieben werden, oder Brennstoffzellen.
Kosten und Steuerungselemente – 30 bis 60 Mrd. mehr pro Jahr
Eine nachhaltige und sichere Energieversorgung kostet Geld. Die ESYS-Fachleute schätzen, dass die jährlichen Mehrkosten für die Energiewende im Mittel der kommenden drei Jahrzehnte zwischen 30 und 60 Milliarden Euro liegen werden – bei ungünstigen Bedingungen auch darüber. Das entspricht ein bis zwei Prozent des heutigen deutschen Bruttoinlandsprodukts. Durch klug gesetzte Rahmenbedingungen können unnötige Mehrkosten jedoch vermieden werden. „Wir brauchen einen einheitlichen, wirksamen CO2-Preis für alle Emissionen, aber Input-bezogen“, erklärte Karen Pittel, Leiterin des ifo Zentrums für Energie, Klima und erschöpfbare Ressourcen und Mitglied der ESYS-Arbeitsgruppe. „Nur dann kann sich regenerativ erzeugter Strom auch am Markt gegen fossile Energieträger durchsetzen, und klimaschonende Technologien können sich etablieren.“
ETS ausweiten oder CO2-Steuer
Das Akademienprojekt schlägt daher vor, das europäische Emissionshandelssystem auf alle Sektoren auszuweiten und einen Preiskorridor festzulegen. Gelingt dies nicht, könnte eine europaweite oder nationale CO2-Steuer eingeführt werden. Durch diese Maßnahmen wäre die Entwicklung der CO2-Preise besser planbar und würde Unternehmen verlässliche Anreize geben, in klimafreundliche Technologien zu investieren. Gleichzeitig sollte das bestehende System an Umlagen, Abgaben und Steuern reformiert und verschlankt werden.
„Ein gemeinsamer CO2-Preis könnte allen Parteien schmecken: Denen, welche die Marktwirtschaft erhalten wollen, ebenso wie denen, die den Kohleausstieg beschleunigen wollen“, sagte Umbach. Ein einheitlicher CO2-Preis ist aber kein Allheilmittel. Denn – so Pittel – „wir hängen nun mal ab vom Rest der Welt ab, was die Preise der fossilen Energiegträger anbelange: Wenn viele andere Länder kaum Klimapolitik betreiben, verteuern sich die Fossilen – im umgekehrten Fall werden sie billiger.“ Flankierende Maßnahmen sind notwendig, um Hemmnisse zu überwinden. Dazu zählt die Forschungs- und Entwicklungsförderung ebenso wie Marktanreizprogramme, Steuererleichterungen oder ordnungsrechtliche Vorgaben, die allerdings laufend evaluiert werden sollten.
Umbach blickte abschließend in die Zukunft: „Das Thema wird für sämtliche Wahlen bis 2050, ja bis 2100 wichtig sein. Schon bei 30 Euro pro Tonne werden die Kohlekraftwerke allmählich aus dem Markt gehen. Die Politik muss die Ziele von COP23 endlich ernstnehmen.“
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