Geheimes BMWi-Argumentationspapier
Es ist der alte Gegensatz: Die Klimaziele der (immer noch kommissarisch regierenden schwarz-roten) Bundesregierung können nur erreicht werden, wenn Deutschland seinen wirtschaftlichen Wohlstand aufs Spiel setzt – das jedenfalls ist die Quintessenz eines Argumentationshilfepapiers aus dem BMWi für die inzwischen gescheiterten Sondierungsgespräche, über das inzwischen zahlreiche Medien berichteten (zuerst Die Welt am 08.11.2017). Im Klartext: Unter ökonomischen Gesichtspunkten können die Regierungsversprechen in Sachen Klima bis 2030 unmöglich eingelöst werden.
Oder anders formuliert – wie Angela Merkel es in ihrem Podcast am 11.11.2017 (siehe: solarify.eu/merkel-bezweifelt-einhaltung-der-2-grad-grenze) sagte – es gelte, den industriellen Kern „in die Zukunft hinein entwickeln, ohne Arbeitsplätze zu verlieren, wenn Stahlwerke, Aluminiumwerke, Kupferhütten, wenn die alle unser Land verlassen und irgendwohin gehen, wo die Umweltvorschriften nicht so gut sind, dann haben wir für das Klima auf der Welt auch nichts gewonnen.“ Also seien die Regeln so zu finden, „dass einerseits die Arbeitsplätze erhalten werden können und trotzdem unsere Wirtschaft Vorbildcharakter entwickelt für die Entwicklung der Weltwirtschaft – sei es durch Ordnungsrecht, sei es durch freiwillige Maßnahmen, sei es durch Anreize materieller Art“.
In der Tat zeichnet das BMWi-Papier eine eher hoffnungslose Lage: Bis 2030 wolle Deutschland zwar seine Emissionen um 27 Prozentpunkte absenken – aber „um dieses Ziel zu erreichen, müsste die Reduktionsleistung pro Jahr fast doppelt so groß ausfallen wie in den zurückliegenden 26 Jahren.“ Es handele sich um ein „extrem ambitioniertes – genauer – nicht realisierbares Ziel“.
Die Bundesregierung werde sich kaum als Antreiber zu ehrgeizigen Zielen betätigen. Deutschland werde die selbstgesetzten Klimaziele deutlich verfehlen, und es sei nicht sichtbar, dass dies der Bundesregierung Kopfzerbrechen bereite. Vielmehr nehme sie Veränderungen der Klimasysteme skrupellos in Kauf, sagte dazu Günter Hermeyer, Sprecher des Bündnisses „Don’t nuke the climate“: „Wenn wir den Klimawandel bekämpfen wollen, darf nicht gleichzeitig der weltweite Warenverkehr durch immer mehr Freihandel angeheizt werden. Die nicht nur von der Atomlobby ins Spiel gebrachte angebliche Alternative des Atomstroms als ‚Klimawandelretter‘ könnte weltweit in absehbarer Zukunft die totale Vernichtung jeglicher Lebensmöglichkeit bedeuten. Auf gar keinen Fall lassen wir uns die todbringende Atomindustrie als grüne Energie verkaufen.“
Der Streit um die Atomenergie gilt in Deutschland als beendet, dafür wird hierzulande umso härter um den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung gestritten, denn trotz Energiewende stammt immer noch ein Viertel des deutschen Stroms aus Verbrennung von Braunkohle. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) warb unterdessen für einen Ausgleich zwischen Klimaschutz und wirtschaftlichen Interessen: „Wir müssen zeigen, dass Klimaschutz und wirtschaftlicher Erfolg keine Gegensätze sind“, sagte Gabriel. Dabei betonte er die Verantwortung Deutschlands. „Nur wenn wir unter Beweis stellen, dass eine anspruchsvolle Klimapolitik nicht dazu führt, dass Arbeitsplätze und industrieller Erfolg darunter leiden, werden uns andere Länder folgen.“ Die neue zeit kommentiert Gabriela Einlassung: „Was für Arbeitsplätze erhalten werden müssen, welche neuen industriellen Bereiche ausgebaut werden sollten, sagt der Resteminister natürlich nicht, er will sich doch keinen Ärger mit Merkel und den Energiekonzernen einhandeln.“
[note Die neue zeit gehört zwar nicht zu Solarifys täglicher Gute-Nach-Lektüre – aber wo das DKP-Blatt unserer Meinung nach recht hat, hat es recht. Zudem weiß Gabriel ja gar nicht, ob er nicht doch Außenminister bleibt…]
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