acatech Position: Automobillogistik kann Vorreiter von Industrie 4.0 werden
Wie sich Technologien und Prozesse der Industrie 4.0 schneller etablieren lassen, zeigt acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften in ihrer am 30.11.2017 erschienenen Position „Kollaboration als Schlüssel zum erfolgreichen Transfer von Forschungsergebnissen“ am Beispiel der Automobillogistik. acatech spricht sich darin für ein von öffentlicher Hand eingerichtetes Forum für Innovation und Kollaboration aus.
Projekte sollten von Beginn an auf eine intensive Zusammenarbeit ausgerichtet sein, alle Stakeholder adäquat einbinden und agil gesteuert werden. Nur so können sie auf neue Erkenntnisse und Entwicklungen schnell reagieren. Denn Technologien und Prozesse der Industrie 4.0 führt kein Unternehmen im Alleingang ein, sie entstehen in innovativen Ökosystemen. Dies zeigt sich besonders deutlich in der Automobilindustrie mit ihren globalen Wertschöpfungsnetzen. Den Weg in die Industrie 4.0 müssen die Partner in den Netzwerken – vom Hersteller über die Zulieferer und Logistikdienstleister bis hin zum technischen Support – gemeinsam gehen. Im bereits existierenden Wettbewerb kommt es auf eine vollständige, aufeinander abgestimmte Entwicklung und Vermarktung von Dienstleistungsprodukten an. Eine frühzeitige, intensive Zusammenarbeit von Vertreterinnen und Vertretern einer Branche entscheidet über Projekterfolge für die Logistik.
[note Die Position „Kollaboration als Schlüssel zum erfolgreichen Transfer von Forschungsergebnissen“ fußt auf Umfragen in Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen. Entscheidend ist den Umfragen zufolge eine agilere Zusammenarbeit, um eine gemeinsame Forschungsagenda innerhalb von Branchen zu etablieren – zum Beispiel in der Automobillogistik 4.0. Die Forschungs- und Entwicklungslandschaft muss dafür reformiert werden. Die acatech Position basiert auf dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWI) geförderten Projekt „Kollaboration als Schlüssel zum erfolgreichen Transfer von Innovationen am Beispiel der Automobillogistik“ (INNOKEY 4.0). acatech und das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) untersuchen darin zusammen mit namhaften Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft und Praxis Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten (FuE) am Beispiel der Automobillogistik. Adressaten sind Unternehmen der Automobilbranche, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bereichen wie Logistikmanagement, Informatik und Wirtschaftswissenschaften, Akteure aus der Politik, Branchenverbände sowie Bildungsanbieter.]
acatech-Präsident Dieter Spath erläutert: „Logistik 4.0 zeichnet sich durch in Echtzeit vernetzte Abläufe aus. Diese Vernetzung darf nicht an Unternehmensgrenzen enden. Alle Beteiligten müssen viel intensiver zusammenarbeiten als bisher. Aktuell fördern verschiedene Bundesministerien Forschungsprojekte in der Industrie 4.0. Kollaboration und Agilität sollten dabei wichtige Kennzeichen der Rahmenbedingungen, Förderverfahren und Projektstrukturen sein.“
„Wir empfehlen der Bundesregierung die Einrichtung branchenspezifischer Foren für Innovation und Kollaboration, indem gemeinsam Forschungs- und Entwicklungslinien für die Branche entstehen“, sagt acatech-Mitglied Axel Kuhn, der das Projekt gemeinsam mit Michael Henke von der Technischen Universität Dortmund/Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) leitet. Henke ergänzt: „Innerhalb von Forschungsprojekten brauchen wir für die digitale Transformation eine höhere Agilität und deshalb mehr Freiheiten, auf neue Erkenntnisse und Entwicklungen zu reagieren. Den schnelleren Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis sollen regionale und miteinander vernetzte Transferzentren beschleunigen.“
Projekte agil steuern
Industrie 4.0 verändert Branchen wie die Automobillogistik auf allen Ebenen. Forschungs- und Entwicklungsprojekte müssen sich an einen ständigen Wandel anpassen. Henke: „Wir empfehlen eine Stärkung der Projektleitungen. Sie müssen Projekte den aktuellsten Entwicklungen und Erkenntnissen entsprechend flexibel steuern können. Dazu benötigen sie Qualifikationen, aber auch Handlungsspielräume. Gerät ein Projekt in Schieflage, müssen sie Kurskorrekturen auch über Unternehmensgrenzen hinweg durchsetzen, ineffiziente Partner sanktionieren, neue Partner gewinnen und Aufwandsverschiebungen vornehmen können.“ Auch ein mögliches Scheitern muss laut acatech in Projekten möglich sein: Wenn Projekte nicht den ursprünglich vermuteten Mehrwert für die praktische Anwendung bringen, sollten Unternehmen, Wissenschaft und Förderinstitutionen den Ausstieg einzelner Projektpartner oder auch den Abbruch des Projekts vorsehen. Dies darf jedoch nicht zu einem Abbruch sämtlicher wissenschaftlicher Arbeit führen – ein durch die Fördermittelgeber eingerichteter Risikofonds sollte in diesem Fall einspringen.
Folgt: Empfehlungen an die Politik, an Unternehmen und Wissenschaft