Fell: PV-Anlage auf dem Acker erhöht die Flächeneffizienz um 60%
Bislang galt für Ackerflächen: entweder Photovoltaik oder Photosynthese, also Stromerzeugung oder Nahrungsmittelproduktion. In Asien, vor allem in China, wird inzwischen bei großen Solaranlagen die Stromgewinnung mit der Ackernutzung unter den Modulen verbunden. Ziel ist es, vor allem in dicht besiedelten Räumen eine effizientere Nutzung der Fläche zu ermöglichen und so die Gesamterträge von der gleichen Fläche zu erhöhen. Eine Pilotanlage des Fraunhofer ISE in Heggelbach am Bodensee hat nun bewiesen, dass beides sehr gut miteinander vereinbar ist.
Der Energieexperte Hans-Josef Fell, Vorsitzender des Beirats des Forschungsprojektes „Agrophotovoltaik – Ressourceneffiziente Landnutzung“ (APV-Resola):“In Deutschland lehnen Bauernverband und Agrarministerium die sogenannte Agrophotovoltaik (APV) weitgehend ab, mit dem Argument, die PV-Anlagen würden wertvolle Ackerflächen verringern. Ein visionsloses und falsches Argument, denn genau das Gegenteil ist richtig: Agrophotovoltaik ermöglicht einen Doppelnutzen vom Acker: Solarstrom und Ackerfrüchte vom gleichen Acker. APV kann durch die ressourceneffiziente Doppelnutzung von landwirtschaftlichen Flächen die Flächenkonkurrenz abmildern und Landwirten neue Einkommensquellen erschließen. Seit einem Jahr wird unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE auf einer Versuchsfläche der Demeter-Hofgemeinschaft Heggelbach die deutschlandweit größte Agrophotovoltaikanlage getestet. Für das Projekt wurden über einer Ackerfläche von einem Drittel Hektar Solarmodule installiert. Nun wurden auf beiden Etagen die ersten Sonnen-Ernten eingefahren. Das Agrophotovoltaik Forschungsprojekt des Fraunhofer ISE in Hegelbach am Bodensee hat die Daten des ersten Betriebsjahres veröffentlicht. Die Flächennutzungseffizienz wurde um 60% erhöht, so Stephan Schindele, Leiter des Forschungsprojektes am ISE.
„Die Ergebnisse des ersten Projektjahrs sind ein voller Erfolg, da sich die Agrophotovoltaik-Anlage als praxistauglich erwiesen hat, die Kosten bereits heute mit kleinen Solar-Dachanlagen wettbewerbsfähig sind, die Ernteprodukte ausreichend hoch und wirtschaftlich rentabel vermarktet werden können“, erklärt Stephan Schindele, Projektleiter Agrophotovoltaik am Fraunhofer ISE.
„Die Agrophotovoltaik (APV) hat das Potenzial, neue Flächen für den dringend benötigten Photovoltaik-Ausbau in Deutschland zu erschließen und gleichzeitig den Flächenkonflikt zwischen Landwirtschaft und Freiflächenanlagen zu mildern. Bis zur Marktreife der Technologie müssen jedoch noch weitere Sparten und Anlagengrößen getestet und die technische Integration vorangetrieben werden, zum Beispiel bei der Speicherung“, so Andreas Bett, Institutsleiter des Fraunhofer ISE.
Als Testkulturen wurden Winterweizen, Kartoffeln, Sellerie und Kleegras angebaut. Durch einen größeren Reihenabstand zwischen den bifazialen Glas-Glas-Solarmodulen in fünf Meter Höhe und die Ausrichtung nach Südwesten wurde sichergestellt, dass die Nutzpflanzen gleichmäßig Sonnenstrahlung erhalten.
Ernteverluste durch Solarmodule – positive Gesamtbilanz
Die Ergebnisse der ersten Ernten auf den Versuchsflächen sind weitestgehend vielversprechend: „Beim Kleegras ist der Ertrag im Vergleich zur Referenzfläche nur leicht um 5,3 % reduziert“, berichtet Prof. Dr. Petra Högy, Agrarexpertin an der Universität Hohenheim. „Bei Kartoffeln, Weizen und Sellerie sind die Ernteverluste durch die Beschattung mit rund 18 bis 19 % etwas stärker ausgeprägt.“
„Aus agrarwissenschaftlicher Sicht sieht Agrophotovoltaik nach einem vielversprechenden Lösungsansatz aus, um die Landnutzungseffizienz zu erhöhen und den Mix erneuerbarer Energien zu erweitern, die zukünftig aus der Landwirtschaft bereitgestellt werden“, betont Prof. Dr. Iris Lewandowski, Leiterin des Fachgebiets Nachwachsende Rohstoffe und Bioenergiepflanzen an der Universität Hohenheim. Allerdings, schränken die Expertinnen ein, seien noch mehrere Praxisjahre und Untersuchungen mit anderen Kulturen sinnvoll, um eindeutige Aussagen treffen zu können.