Methoden und Benchmarks für die Praxis
Neubauten und sanierte Gebäude mit minimalem Energiebedarf zu realisieren, ist technisch problemlos möglich. Wann, für wen und in welchem Ausmaß der gewählte Baustandard aber wirtschaftlich ist, wird innerhalb der Fachwelt und der Politik kontrovers diskutiert. Das neue BINE-Themeninfo „Wirtschaftlichkeit energieoptimierter Gebäude“ (III/2017) stellt Betrachtungsweisen, Berechnungsmethoden sowie Projekte aus Immobilienwirtschaft und Forschung vor. Diese zeigen, dass ein energieoptimiertes Gebäude durch eine integrierte, ganzheitliche Planung in Verbindung mit einem Monitoring die Wirtschaftlichkeit erreichen kann.
Wenn die Wirtschaftlichkeit eines energieoptimierten Gebäudes beurteilt wird, spielen die eingenommene Perspektive und Annahmen zu Energiepreisen, Kapitalmarktentwicklung und Nutzungsdauer eine große Rolle. Für Bauherren, Investoren, Planer und Mieter fällt die wirtschaftliche Bilanz für umgesetzte Maßnahmen jeweils sehr unterschiedlich aus. Das BINE-Themeninfo stellt verschiedene Betrachtungsweisen zur Wirtschaftlichkeit sowie Methoden zur Erfassung der wesentlichen Zahlungsflüsse und Kosten vor. Besonders in der frühen Planungsphase sind Kostenkennwerte für Wärmeschutzmaßnahmen und Anlagentechnik hilfreich, um sich zwischen verschiedenen Varianten zu entscheiden.
„Rechnet sich das wirklich?“ Das hört man häufig, wenn über energieoptimierte Neubauten oder Sanierungsprojekte gesprochen wird. Auch das Energieeinsparungsgesetz formuliert ein Wirtschaftlichkeitsgebot. Antworten sind nicht einfach. Deshalb werden zunächst die Begriffe Wirtschaftlichkeit und ökonomische Vorteilhaftigkeit geklärt.
Heutzutage ist es technisch ohne weiteres möglich, Gebäude mit extrem geringem Energiebedarf zu bauen. Doch kann es gelingen, den Gebäudebestand in großem Maßstab auf diese planerisch, bautechnisch und immobilienwirtschaftlich anspruchsvollen Energieniveaus zu bringen? Und ist das wirtschaftlich sinnvoll?
Die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit energieoptimierter Gebäude hängt stark von der eingenommenen Perspektive, der Betrachtungsweise und der Berechnungsmethode ab. Das möchten wir mit diesem Themeninfo genauer erläutern. Anhand einiger immobilienwirtschaftlicher Studien, mit verschiedenen Analysen aus der Forschung und mit einigen konkreten Beispielen soll gezeigt werden, dass energieoptimiertes Bauen und Sanieren – in ganzheitlicher Betrachtung – eine ökonomisch vorteilhafte Strategie sein kann.
Bauherren, Investoren, Eigentümer, Mieter, die Bauwirtschaft, Anbieter von Energieeffizienzlösungen und Planer argumentieren in der Frage der Wirtschaftlichkeit unterschiedlich. Das liegt teils an den ungleichen Interessen. Zudem gibt es nur wenig methodisch transparente und belastbare Fakten zur Wirtschaftlichkeit von energieoptimiertem Bauen und Sanieren. Ja, es fehlt generell an Verständnis, Transparenz und einheitlichen Methoden beim Thema Wirtschaftlichkeit. Auch die dafür herangezogenen Randbedingungen wie aktuelle und zukünftige Energiepreise, Kalkulationszinssätze, Betrachtungszeitraum, Nutzungsdauern, wertbeeinflussende Effekte oder der Umgang mit Unsicherheiten haben einen erheblichen Einfluss auf das Berechnungsergebnis.
Verschiedene Pionierprojekte zeigen, dass energetisch ambitionierte Gebäudekonzepte am Immobilienmarkt erfolgreich platziert werden können. Doch bislang waren die hierfür vorgelegten energetischen und wirtschaftlichen Kenndaten und Randbedingungen nicht immer fundiert und transparent. Aber es gibt mehrere immobilienwirtschaftliche Untersuchungen und auch wissenschaftlich evaluierte Modellprojekte, mit denen die energetische und ökonomische Performance von energieoptimierten Gebäuden in nachvollziehbarer Weise beurteilt wird. Diese Analysen liefern nützliche Daten und Fakten zu den Kosten einer energieoptimierten Bauweise und zur Beurteilung der ökonomischen Vorteilhaftigkeit von Neubau- und Sanierungsmaßnahmen.
Was ist eigentlich Wirtschaftlichkeit?
Welcher energetische Standard ist bei Neubau- und Modernisierungsvorhaben sinnvoll anzustreben? Bei der Klärung dieser Frage kommt es in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft stets zu intensiven Diskussionen über die Wirtschaftlichkeit energieoptimierter Gebäude. So beeinflussen Wirtschaftlichkeitsberechnungen für alle Neubauund Modernisierungsprojekte die Investitionsentscheidungen maßgeblich. Auch gesetzliche Anforderungen oder Förderprogramme werden hiervon berührt. Doch „Wirtschaftlichkeit“ wird häufig unterschiedlich kalkuliert und interpretiert.
Wirtschaftlichkeitsbegriff
„Wirtschaftlichkeit“ und das Prinzip der Wirtschaftlichkeitsanalyse sind in der Betriebswirtschaftslehre klar definiert. Es wird gefragt, ob eine Maßnahme im absoluten oder relativen Sinne ökonomisch sinnvoll oder zumindest vorteilhafter als eine Alternative ist. Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit im engeren Sinne wird einem wertmäßig erfassten Einsatz von Mitteln ein wertmäßig erfasster Nutzen gegenübergestellt. In jedem Fall erfolgt ein Bezug zum eingesetzten Kapital. Eine Maßnahme oder eine Projektvariante ist dann im absoluten Sinne wirtschaftlich, wenn die Erträge die Aufwendungen bzw. die Erlöse die Kosten übersteigen. Derartige Projekte sollten realisiert werden.
Eine relative Wirtschaftlichkeit ist dann gegeben, wenn bei einer Maßnahme oder Variante das Verhältnis von Ertrag zu Aufwand bzw. von Erlös zu Kosten günstiger ist als bei einer alternativen Lösung. Die Vergleichsvariante kann auch in einer Unterlassungsalternative „weiter so wie bisher“ bestehen.
Bei einer Übertragung dieser Grundsätze auf die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft werden häufig Maßnahmen auf Bauteil- oder Gebäudeebene zum Gegenstand einer Beurteilung der Wirtschaftlichkeit. Basis und Ausgangspunkt sind die im Lebenszyklus des Gebäudes oder Bauteils auftretenden Zahlungsflüsse mit ihren Einzahlungen und Auszahlungen. Ihre Erfassung und Analyse bildet die Grundlage für eine Lebenszykluskostenrechnung und für Methoden der Wirtschaftlichkeitsrechnung.
Themeninfo III/2017:
- Wirtschaftlichkeit energieoptimierter Gebäude
- Gesetzgeber fordert Wirtschaftlichkeit
- Welche Methode eignet sich?
- Aufwand und Nutzen erfassen
- Nutzen oder Erträge
- Einfluss von Annahmen und Randbedingungen
- Kostenkennwerte für Wohnbauten
- Nichtwohngebäude – Bau- und Nutzungskosten
- Standpunkte, Aus der Forschung & Ausblick
Die wirtschaftliche Vertretbarkeit ist auch ein Gebot des Energieeinspargesetztes (EnEG) und der daraus abgeleiteten Energieeinsparverordnung (EnEV).
Autoren des BINE-Themeninfos sind Professor Thomas Lützkendorf, Fachgebiet Immobilienwirtschaft des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), und Dr. Andreas Enseling, Institut Wohnen und Umwelt aus Darmstadt.
Das BINE-Themeninfo ist kostenfrei beim BINE Informationsdienst von FIZ Karlsruhe erhältlich – unter www.bine.info oder 0228-92379-0. Auf diesem Webportal steht im Pressebereich das Cover des Infos zur Verfügung.
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