Schulz wörtlich:
„Was ist unsere Haltung zum Umweltschutz? Diese Frage stellt sich auch für die SPD immer dringender. Ich möchte Euch ein Erlebnis aus dem Wahlkampf vortragen, das mich tief aufgewühlt hat. Ich habe mit Manuela Schwesig das Ozeaneum in Stralsund besucht. … Der Direktor hat mich zu einer alten Schildkröte geführt, ein majestätisches Wesen, das mich in seiner Ruhe und in seiner Kraft tief beeindruckte. Und dann hat mir der Direktor erzählt, dass diese Tiere in den Weltmeeren Plastik essen. Aber sie können Plastik in ihren Mägen nicht abbauen. Das Ergebnis ist: Diese Tiere haben immer das Gefühl, satt zu sein. Und weil sie das Gefühl haben, satt zu sein, essen sie nicht mehr und verhungern elendig. Eine alte Spezies, die älter wird als jeder Mensch, die Epochen überdauert; diese Spezies geht elendig zugrunde, weil wir Plastik produzieren und damit die Weltmeere belasten. Nein, wir haben eine Verantwortung in dieser Welt und ich möchte, dass wir diese ernst nehmen.
Die Natur ist uns eben nicht untertan und wir sind nicht ihre Herrscher. Gerade wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten müssen begreifen, dass wir so unsere eigenen Lebensgrundlagen zerstören. Das, was wir uns besonders vor Augen halten müssen, gerade meine Generation, die Generation, die jetzt Verantwortung trägt: Wenn wir das nicht korrigieren, dann leiden nicht wir darunter, sondern unsere Kinder und Enkelkinder. Deshalb muss das Umsteuern in der Umweltpolitik dazu führen, dass ökologische Grundrechte den gleichen Stellenwert bekommen wie soziale und individuelle Grundrechte. Die Erfüllung des Versprechens, dass wir der nächsten Generation eine intakte Welt hinterlassen, das ist der Prüfstein für unsere politische Existenzberechtigung.
Der Klimawandel ist die große Herausforderung unseres Zeitalters. Ich selbst komme aus einer Kohleregion. Ich habe miterlebt, wie die Steinkohlebergwerke geschlossen wurden und tausende Kumpel ihre Arbeit verloren. Das sind bittere Momente. Ich habe in meiner Zeit als Bürgermeister auch erlebt, wie wir es geschafft haben, dass niemand arbeitslos blieb, weil wir vorausgeplant hatten, weil wir Angebote für die Beschäftigten und die Regionen machen konnten. Und jetzt stehen wir vor einer ähnlichen Situation bei der Braunkohle.
„Ende der Kohleverstromung“ – „nicht auf Kosten der Beschäftigten“
Die Wahrheit ist doch: Wir wollen die Klimaziele erreichen. Die Wahrheit ist auch: Das geht einher mit einem Ende der Kohleverstromung. Das wissen die Menschen in der Lausitz. Die Menschen im mitteldeutschen und meine Nachbarn im rheinischen Revier wissen das. Diesen Menschen hilft keine Realitätsverweigerung. Ihnen hilft nur ein Zukunftskonzept. Aufgabe der Sozialdemokratie ist es nicht, Strukturen der Vergangenheit zu konservieren. Aufgabe der Sozialdemokratie ist es, eine Perspektive für die Zukunft zu geben! Deshalb werden wir uns um diese Perspektiven kümmern! Wir werden uns darum kümmern, dass der Umbau gelingt.
Aber das will ich Euch sagen: Nicht auf Kosten der Versorgungssicherheit. Auch nicht auf Kosten der Beschäftigten. Ja, dafür brauchen wir Milliardeninvestitionen in die Netze und Angebote für die Regionen. Wir Sozialdemokraten können Strukturwandel. Ich kenne das. Ich bin in einem Strukturwandel geboren. Der Strukturwandel ist auf längere Frist angelegt. Aber wir wissen, dass so etwas nicht von heute auf morgen geht. Deshalb möchte ich an Euch appellieren als sozialdemokratische Partei, an alle Beteiligten: Wir müssen aufhören, Umweltschutz gegen Industriepolitik auszuspielen. Beides muss parallel und zusammengehen. Wir müssen den Klimawandel bewältigen und moderne Industrie schaffen.“
[note Solarify meint: Die geschäftsführende Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) wird es gefreut haben. Aber: Es handelt sich um einen ersten (verbalen) Schritt, nicht mehr. Eine – wenigstens annähernde – Jahreszahl hätte es schon sein dürfen. Da in der aktuellen SPD wenig in Stein gemeißelt erscheint, hätte ein Kohleausstiegsdatum ohnehin nicht extrem endgültig ausgesehen…]
->Quellen: