Kyoto-Protokoll wird 20

Vom Kyoto-Protokoll zum Pariser Klimaabkommen

Trotz ihrer Mängel wurde lange versucht, die Kyoto-Architektur weiter zu führen. In Kopenhagen (2009) wurde noch erfolglos versucht, ein Nachfolgeabkommen mit ähnlicher Top-Down-Struktur zu verabschieden. Erst im Dezember 2012 wurde in Doha ein Folgeabkommen für die Periode 2013 bis 2020 beschlossen. Deutschland hat im November 2017 seine Unterzeichnung bekanntgegeben, allerdings haben weiterhin nicht genug Länder unterzeichnet, so dass das Abkommen noch nicht in Kraft getreten ist.

Parallel hat sich die internationale Gemeinschaft im Herbst 2015 bei der 21. Vertragsstaatenkonferenz (COP21)12 mit dem Pariser Klimaabkommen ein neues Regelwerk gegeben, das 4. November 2016 in Kraft trat. Es ist für die Vertragsstaaten völkerrechtlich bindend, es drohen jedoch keine Strafen bei Missachtung. Mit dem Abkommen wurden drei Lernerfahrungen von Kyoto erfolgreich umgesetzt:

1) Länder müssen Eigenverantwortung übernehmen

Alle ratifizierenden Länder haben die Notwendigkeit anerkannt, die globale Erwärmung zu begrenzen – auf deutlich unter zwei Grad Celsius, möglichst 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau (siehe Grafik). So steigt der Handlungsdruck für Industrieländer wie auch Schwellen- und Entwicklungsländer, weitere negative Auswirkungen Ihrer Emissionen auch in anderen Teilen der Welt, zu vermeiden.

Durch das Pariser Abkommen wird Klimaschutz als Verantwortung jedes Einzelnen und jedes Landes für die Gefährdung und Schädigung aller wahrgenommen und anerkannt.13 Damit entfällt auch die Rechtfertigung, bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnamen auf die Aktivitäten anderer zu warten. Ob sich daraus auch juristisch eine Verantwortung ableiten lässt, wird aktuell in der Klage eines Peruanischen Bauern gegen RWE diskutiert.14 Bei ähnlichen Fragestellungen haben Europäische Gerichte bereits Unternehmen belangt, die Giftmüll an die Elfenbeinküste exportiert haben.15

Kein Staat kann sich mehr nur auf langfristige Versprechen zurückziehen, da über umfassende Berichtspflichten Fortschritt und Zwischenschritte transparent gemacht wird. Auch verfolgt ein gemeinsames Transparenzrahmenwerk, ob die globalen Emissionen bzw. Emissionsreduktionen mit dem globalen Klimaziel kompatibel sind, und regt zu gegenseitigem Lernen über erfolgreiche Politiken und Technologien an.

Bereits 2018 wird mit einem ersten Facilitative Dialogue (Talanoa Dialog) untersucht, wo die Staatengemeinschaft steht, ob das ausreicht, um die Klimaziele zu erreichen, und welche zusätzliche Maßnahmen nötig sind. Dieser Prozess soll alle fünf Jahre wiederholt werden – ab 2023 dann formalisiert (Global Stocktake).

Durch Transparenz sollen nationale und internationale Prozesse angestoßen werden, um sowohl Ziele als auch Maßnahmen anzupassen– zum Beispiel, indem Themen, die für Staaten in unterschiedlichen Weltregionen relevant sind (wie zum Beispiel in Deutschland der Kohleausstieg), sichtbarer gemacht werden.

2) Von Minderungen zu Transformation

Während der Fokus bei den Kyoto-Verhandlungen noch auf Emissionsminderungszielen einzelner Länder und Regionen lag, bilden national angemessene Pläne und Strategien, sogenannte „Klimaschutzbeiträge“ (Nationally Determined Contributions) den Kern des Pariser Klimaabkommens. Dort stellen die Vertragsstaaten ihre Ziele dar und welche Kombination an Politikansätzen und Instrumenten, zum Beispiel für erneuerbare Energien, Energieeffizienz, nachhaltige Landnutzung, dazu umgesetzt werden sollen – gegebenenfalls auch abhängig von internationaler finanzieller Unterstützung.

So können Länder ihren Maßnahmen zur Transformation mehr Sichtbarkeit verleihen und sich zugleich zu deren längerfristiger Umsetzung verpflichten. Wenn die Umsetzung dieser Maßnahmenpakete glaubwürdig ist, kann das Investitionssicherheit und damit die Effektivität von Innovationspolitik erheblich stärken.

Folgt: 3) Vom Handel mit Minderungsbeiträgen zur finanziellen Unterstützung