Rukwied „Dinosaurier 2017“

Bauernverbandspräsident „Blockierer und Strippenzieher zulasten der Umwelt“

Der NABU vergibt den „Dinosaurier des Jahres“ (NABU: „Deutschlands peinlichster Umweltpreis“) an den Präsidenten des Deutschen Bauernverbands (DBV). Begründung: Joachim Rukwied streitet die Verantwortung der Landwirtschaft für das Artensterben ab und verteidigt beharrlich ein Milliarden Euro teures Subventionssystem, das zulasten von Natur, Landwirten und Steuerzahlern geht – so eine Medienmitteilung vom 28.12.2017.

„Die Öffentlichkeit ist erschüttert über die erneute Zulassung für Glyphosat, über zu viel Nitrat im Grundwasser und das drastische Insekten- und Vogelsterben. Doch Herr Rukwied hält unbeirrt an seiner Linie fest, das System der Agrarpolitik mit milliardenschweren Blankoschecks vom Steuerzahler ohne Wenn und Aber zu verteidigen“, begründet NABU-Präsident Olaf Tschimpke die Verleihung des „Dinosaurier des Jahre!“.

Rukwied setzt mit seiner Politik auch die Zukunft vieler Bäuerinnen und Bauern aufs Spiel. Schwindet die gesellschaftliche Akzeptanz für die Landwirtschaft, versiegt über kurz oder lang auch die Förderung aus der Staatskasse. Die von Rukwied vehement verteidigten Pauschalsubventionen pro Fläche sind zudem nachweislich ungeeignet, um das Höfesterben aufzuhalten – seit dem Jahr 2000 musste ein Drittel aller Bauern aufgeben. Rukwied ist auch Chef des Landesbauernverbandes Baden-Württemberg und Präsident des europäischen Agrarverbandes COPA.

Die Agrarlandschaft wird immer lebensfeinlicher

Mit einem Ironieversuch reagierte Rukwied humorlos trotzig auf die „Auszeichnung“: „Der NABU hat mit seinem alljährlichen Ritual bereits eine Reihe verdienter Persönlichkeiten ausgezeichnet. Ich freue mich über diesen ‚Preis‘, unter anderem deshalb, weil sie von vielen Berufskollegen und Mitgliedern als Auszeichnung verstanden wird. Wir Landwirte jedenfalls stehen zu unserer Verantwortung für Umwelt und Artenvielfalt. Als DBV entwickeln wir praxistaugliche Lösungen in einer Reihe von Projekten.“

Der NABU hatte bereits 2001 Rukwieds Vorgänger an der DBV-Spitze, Gerhard Sonnleitner, mit dem Dinosaurier-Preis für seine konsequente Bremsleistung in Sachen Agrarwende bedacht. Seither hat sich nichts verbessert, im Gegenteil. „Der Zustand von Wiesen und Weiden hat sich dramatisch verschlechtert, die Bestände von Feldvögeln wie Kiebitz und Feldlerche befinden sich ungebremst im freien Fall“, so Tschimpke. Das Szenario des „stummen Frühlings“ sei keine Panikmache der Naturschützer, sondern werde in großen Teilen unserer Agrarlandschaft zunehmend Realität. „Rebhuhn, Feldhamster und vielen anderen ehemaligen Allerweltsarten fehlt inzwischen der Lebensraum. Sie drohen auszusterben. Gleichzeitig verlieren wir die auch für die Landwirtschaft wichtigen Insekten als Bestäuber und Regulatoren von Schädlingen“, so Tschimpke.

Das Motto des diesjährigen Bauerntages lautete „Gemeinsam Zukunft gestalten“. Doch der Bauernverbandspräsident hat bislang weder erkennen lassen, dass er an einem ernsthaften Dialog mit Naturschützern interessiert ist, noch an einer zukunftsfähigen Politik. Stattdessen werden wissenschaftliche Studien, die das Insektensterben belegen, vom DBV kleingeredet und relativiert. Statt ökologische Herausforderungen anzunehmen, propagiert Rukwied, die Branche sei bereits nachhaltig – wenn es denn Umweltprobleme gäbe, dann seien dafür andere Entwicklungen schuld.

Subventionen nur noch für konkrete Umweltleistungen

Mit fast 40 Prozent ist die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der größte Posten des EU-Haushalts. Sie ist jedoch hochgradig ineffizient und überwiegend umweltschädlich. Zu diesem Ergebnis kommt nicht nur eine aktuelle Fitness-Check-Studie der europäischen Umweltverbände. Auch der Europäische Rechnungshof bestätigt, dass selbst die jährlich zwölf Milliarden Euro des sogenannten „Greening“ der GAP keine nennenswerte Wirkung für die Umwelt entfalten.

Der NABU sieht in den 2018 beginnenden Verhandlungen über die künftige GAP eine große Chance für ein Reform hin zu einer wirklich umweltfreundlichen Ernährungs- und Landnutzungspolitik. Mit der Studie „Fit, fair und nachhaltig – Vorschläge für eine Neuausrichtung der Agrarpolitik“ hat der NABU bereits vor einem Jahr Berechnungen präsentiert, wie sich mit hohen Umwelt-, Tierschutz- und Qualitätsstandards die Natur schützen ließen und man gleichzeitig den Bauern ausreichend hohe Einkommen sichern könnte. Dafür müssen die bisherigen Pauschalzahlungen beendet werden. Im Gegenzug können Landwirte durch Maßnahmen für die Artenvielfalt ein attraktives Zusatzeinkommen beziehen.

NABU fordert Ende der Blockadehaltung

„Wir verlangen das Ende der Blockadehaltung des Deutschen Bauernverbandes. Ich fordere Herrn Rukwied ausdrücklich zum Gespräch und Austausch auf“, so Tschimpke. Nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen und mit Blick auf die Regierungsverhandlungen von Union und SPD wird Deutschlands mitgliederstärkster Umweltverband den öffentlichen Druck weiter erhöhen. Unter dem Motto „Der Agrarindustrie die Stirn bieten“ demonstrieren der NABU und viele weitere am 20.01.2018 in Berlin für gesunde und umweltfreundliche Lebensmittel.

Mit dem „Dinosaurier des Jahres“, einer 2,6 Kilogramm schweren Nachbildung einer Riesenechse, zeichnet der NABU seit 1993 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus, die sich durch besonders rückschrittliches öffentliches Engagement in Sachen Natur- und Umweltschutz hervorgetan haben. Preisträger 2016 war Bayer-Chef Werner Baumann für dessen angestrebte Fusion von Bayer und Monsanto.

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