Sondierungspapier mit geringfügig nachgebessertem Klimakapitel
Die Sondierer von Union und SPD haben sich in der Nacht vom 11.01. auf den 12.01.2018 in einem 28-seitigen Papier auf die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen geeinigt. Das Echo darauf steht teils in scharfem Kontrast zum Selbstlob der Parteien. Juso-Chef Kühnert warnte: „Bei Sondierungen und Blinddarm: Vorsicht vor Durchbrüchen!“ Nun müssen die Delegierten des SPD-Parteitags am 21.01.2018 noch darüber abstimmen, danach die Mitglieder.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil zeigte sich zuversichtlich, dass der SPD-Parteitag für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen stimmt. „Derzeit haben diejenigen viel Echo, die die Ergebnisse hart kritisieren“, sagte der SPD-Politiker der Westfälischen Rundschau. „Das darf auch so sein, aber die Qualität der Vereinbarung erschließt sich, je mehr man sich damit beschäftigt.“
Verbände enttäuscht
Die Zeit fasste die wichtigsten Punkte zusammen – das Kapitel „Klimaschutz, Energie und Umwelt“ (unten im Wortlaut) kommt in dieser Auflistung nicht vor – ein Zeichen dafür, dass selbst seriöse Blätter das Thema nicht mehr ernst nehmen? „Die Handlungslücke zur Erreichung des Klimaziels 2020 wollen wir so schnell wie möglich schließen“, heißt es dort. In der ersten, durchgestochenen Version war dieses seit 2007 von jeder Bundesregierung bekräftigte und von Kanzlerin Angela Merkel (siehe Wahlplakat 2017) und SPD-Chef Martin Schulz stets bekräftigte Ziel bereits aufgegeben, bzw. verschoben worden. Das war auf einen Proteststurm gestoßen. Um Deutschlands CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2020 wie zugesagt um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken, sind laut Greenpeace zusätzliche Einsparungen von etwa 100 Millionen Tonnen CO2 nötig. Merkel hatte im Rahmen der Bonner Weltklimakonferenz COP23 im November angekündigt, dass vor allem die klimaschädliche Braunkohle einen großen Beitrag leisten werde.
Die DUH bewertet die Ergebnisse der Sondierungsgespräche aus Sicht des Umwelt- und Naturschutzes als mangelhaft. Für die DUH drohen unter einer vierten großen Koalition „weitere vier Jahre Stillstand beim Natur- und Umweltschutz“. Mit den formulierten Willensbekundungen werde weder das Klima geschützt, noch eine saubere Luft garantiert. Als „geradezu schockierend bewertet die DUH, dass das Klimaziel einer vierzigprozentigen Treibhausgasreduktion bis 2020 faktisch aufgegeben wird“. Das Klimaziel 2020 soll nicht mehr fristgerecht, sondern nur noch „so schnell wie möglich“ erreicht werden.
Ähnlich der BUND: „Als einen ‚mutlosen Auftakt‘ bewertet der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland das Ergebnis der Sondierungsgespräche. ‚Zu schwach und zu unkonkret, so kann man zusammenfassen, was die Verhandler von Union und SPD in Sachen Umweltpolitik beschlossen haben‘, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Er appellierte an die Sozialdemokraten, ‚bei ihrem Parteitag die Beschlüsse zum Klimaschutz, zur Vertagung des Kohleausstieges, zum Umgang mit dem Dieselskandal und mit dem Unkrautvernichter Glyphosat sowie zur Tierhaltung wesentlich nachzubessern.'“
Der Branchenverband BSW-Solar begrüßte die angestrebte Beschleunigung des EE-Ausbaus: Was leider noch ausstehe, sei ein klares Aufbruchssignal und Bekenntnis zur Neuen Energiewelt mit ihren enormen Chancen für den Wirtschaftsstandort Deutschland. „Mit Homöopathie ist dem Klimaproblem nicht beizukommen. Die Energiewende darf nicht länger halbherziges Stückwerk bleiben. Eine Verständigung auf wesentliche wirksame Maßnahmen zur Umsetzung der Klimaziele in allen Sektoren muss im Rahmen von Koalitionsverhandlungen dringend nachgeholt werden.,“ sagte BSW-Geschäftsführer Carsten Körnig. „Der Bundesverband Solarwirtschaft fordert von der nächsten Bundesregierung eine Vervielfachung der Solarenergie-Nutzung im Wärme-, Strom- und Mobilitätssektor.“