DUH: „Melden Sie uns, wo in Ihrer Stadt Diesel-Abgase die Luft verpesten!“
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ruft Bewohner deutscher Städte und Gemeinden auf, mitzuteilen, wo die Luft durch Dieselabgase verpestet ist – damit die Umweltorganisation nachmessen kann. Das amtliche Messnetz für das Dieselabgasgift NO2 sei „mit 247 verkehrsnahen Messpunkten in Deutschland löchrig wie ein Schweizer Käse“. Denn nicht nur in Stuttgart, München oder Berlin ist die Luft mit NO2 belastet: Viele hunderttausend Menschen, die an stark befahrenen Straßen der mehr als 11.000 Städte und Gemeinden wohnen, in die Kita oder zur Schule gehen, leiden unter dem Dieselabgasgift.
Unter Dieselabgasen leidende Bürger sollen unter www.duh.de/abgasalarm bisher unbeachtete Hot-Spots der Luftverschmutzung melden. Die DUH wird im Februar zeitgleich an 500 Orten bzw. Stadtteilen die NO2-Belastung der Atemluft messen.
Resch: Grobmaschiges Messnetz fatal
DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch zu Solarify: „Zu den 247 offiziellen kommen zwar fast noch 300 Messstellen dazu, die sind aber auf Druck der Länder und vor allem der Städte irgendwo hingestellt worden. Die laufen in der Liste als ‚Hintergrund-Messstellen‘ – ein andauerndes Ärgernis, dass in zahlreichen deutschen Gemeinden bei der Luftverschmutzung aus Dieselmotoren absichtlich weggeschaut wird, indem die amtlichen Messstellen fernab in Parkanlagen oder auf der grünen Wiese platziert wurden, von wo sie dauerhaft niedrige Werte melden. Da ist uns klar geworden, wie fatal dieses grobmaschige Messnetz ist. Die Bundeskanzlerin hat ausschließlich wegen unserer Klagen den bekannterweise betroffenen Kommunen eine Milliarde Euro bereitzustellen versprochen, weil sie sagt, damit sollen die drohenden Fahrverbote verhindert werden. Damit möchte man Leipzig beeindrucken.“
Das Leipziger Bundesverwaltungsgericht wird am
Resch: „Was ist mit den Menschen in den 10.950 Kommunen, in denen es keinen Messpunkt gibt? Da kann die Luft so schmutzig sein, wie sie will, denen wird nicht geholfen. Denn Frau Merkel hat gesagt: Diese eine Milliarde steht ausschließlich den Schwerpunktregionen zur Verfügung, von denen wir wissen, dass sie Luftreinhalteprobleme haben. Deswegen haben wir gesagt: Wir möchten darauf aufmerksam machen, dass es nicht neunzig, sondern viele Hundert Städte und Gemeinden sind, die ein gleich großes Luftreinhalteproblem haben. Deswegen starten wir die größte bundesweite Messaktion zu Stickstoffdioxid mit mehr als doppelt so vielen Messstellen wie im UBA-Netz – eine Winterspot-Messung über einen Monat vom 01.02. bis 01.03.2017 mit einem Passivsammler-Messystem, das auch in Städten wie Berlin für entsprechende Messungen eingesetzt wird und das ausreichend genau ist. Uns geht es bei den Messungen nicht darum zu sagen: Wir kommen dann im Jahr auf 39,2 oder 40,5 (g NO2/km), aber wir sehen dann einfach an den Werten im Februar – ob wir bei 10, 12 uns bewegen, oder bei 35 bis 60 – ob eben Probleme bestehen oder nicht. Dort, wo wir dann die starken Belastungen haben, fordern wir – außer Sofortschutzmaßnahmen für die Bevölkerung – dass Stadt und Land mit offiziellen Messungen beginnen – und die Menschen dort dann protokollieren, wie sich die Verbesserung darstellt.“
Mehr als 1.100 Passivsammler
Die DUH hat für 25.000 Euro bei einem Schweizer Labor mehr als 1.100 Passivsammler gekauft. Die ganze Aktion kostet die DUH mehr als 80.000 Euro (inklusive Auswertung) – „eine Aktion, die man tatsächlich stemmen kann“ (Resch). Dabei arbeitet die DUH noch etwas gründlicher als (auch von ihr unterstützte) Vorgänger-Aktionen von Green City/München, vom RBB und vom SWR, indem sie statt einem zwei Messröhrchen einsetzt und um stabilerer Werte willen vier Wochen misst.
„Es gibt viele Gemeinden außerhalb des staatlichen Netzwerkes, wie etwa Schwäbisch Hall in Baden-Württemberg, die dann plötzlich genauso hohe Werte hatten wie die Stuttgarter Innenstadt. Nur weil man halt bisher dort nicht gemessen hat, konnte dort den Menschen nicht geholfen werden. Das möchten wir ändern.“
Der Umweltverband rechnet damit, dass in mehreren hundert Städten und Gemeinden Diesel-Fahrverbote bzw. technische Nachrüstungen nötig sind, um die Schadstoff-Grenzwerte einzuhalten. Denn allein durch die Belastung unserer Atemluft mit Stickstoffdioxid sterben in Deutschland jedes Jahr 12.860 Menschen vorzeitig.