Alles distanzieren sich – Kritiker: „Scheinheilig“
Die Tier- und Menschenversuche der EUGT sollten beweisen, wie ungefährlich NO2 sei. Aber schon die Gründung des Fake-e.V. am 07.05.2007 bei Bosch in Berlin begann mit einem Täuschungsversuch; doch das zuständige Amtsgericht Charlottenburg verweigerte die Eintragung des Namens „Europäisches Institut für Umwelt- und Gesundheitsforschung im Transportsektor“. Ein Institut könne nur eine universitäre oder eine vom Staat geförderte Einrichtung sein, sonst bestehe „Täuschungsgefahr“, also nicht Institut, sondern „Forschungsvereinigung“.
Inzwischen wurde bekannt, dass offenbar viele der Konzernlenker in den Chefetagen der Auto-Konzerne Bescheid wussten, gar an der „Arbeit“ der EUGT beteiligt waren – viele von denen, die sich sofort besonders laut distanzierten. So beurlaubte VW inzwischen seinen Cheflobbyisten Thomas Steg. Jetzt distanzieren sich alle vom Verein und seinen zweifelhaften Forschungen – die Kritiker sagen: „Scheinheilig!“:
- Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte die Versuche am Montag über ihren Regierungssprecher als „in keiner Weise zu rechtfertigen“ verurteilen lassen und Aufklärung gefordert. Die Empörung vieler Menschen sei absolut verständlich.
- Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte der „Passauer Neuen Presse“: „Was da berichtet wird, ist einfach schockierend. Wer solche Tests in Auftrag gibt, scheint jeglichen Maßstab verloren zu haben.“ Menschen und Tiere für die eigenen Zwecke zu missbrauchen sei „einfach entsetzlich“.
- Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) betonte in Brüssel: „Das, was VW wohl führend und zusammen mit anderen Automobilherstellern gemacht hat an Versuchen mit Affen in New Mexico und mit Menschen in der Bundesrepublik Deutschland, halte ich für verantwortungslos.“
- Bundesverkehrsminister Christian Schmidt (CSU) ließ erklären, er habe kein Verständnis für Tests zum Schaden von Tieren und Menschen, die nicht der Wissenschaft dienten, „sondern ausschließlich PR-Zwecken“.
Die Kritiker
- Oliver Krischer, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, unter anderem zuständig für Umwelt und Verkehr, kritisierte, „wenn das Ziel ist, am Ende klarzumachen, das ist alles gar nicht so schlimm, und es geht gar nicht um den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn, dann sind solche Studien absolut unverantwortlich.“ Krischer warf Merkel und Schmidt Scheinheiligkeit vor: „Ich habe gestaunt, dass sich alle jetzt über diese Versuche empören. Das finde ich absolut bigott, weil sicherlich ist es richtig, sich über diese Versuche zu empören, aber wir machen doch in Deutschland im Moment ein Realexperiment an 80 Millionen Bürgern mit Grenzwertüberschreitungen in zahllosen Innenstädten. Und die, die sich da gestern empört haben, die unternehmen nun gar nichts dafür, dass die Luft in den Städten besser wird.“
- Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte – so DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch gegenüber der Stuttgarter Zeitung – schon seit Jahren „auf die Manipulation politischer Entscheidungen durch bezahlte Auftragsforschung von BMW, Daimler und Volkswagen hingewiesen“, aber erst seit sich die US-Justiz für die Praktiken interessiert habe, seien die Autokonzerne nervös geworden „und lösten die EUGT offensichtlich in Panik auf“. Interessant laut Resch: das plötzliche Verschwinden der Vereinigung aus dem Internet; alles irgendwie Löschbare sei getilgt worden. Mit Hilfe von Archivfunktionen habe man aber Dokumente sichern können und den zuständigen Behörden übermittelt. Resch nannte die Vereinigung „eine der am unverfrorensten agierenden Fake-News-Lobbyorganisationen, die im Auftrag der Industrie agierten“.
- Auch Lobbycontrol sieht (ihrer Expertin Christina Deckwirth zufolge) Parallelen zu „Fake-Science-Methoden“ in anderen Branchen: Wissenschaftler würden dafür bezahlt, das sie „die gesundheitlichen Schäden ihrer Produkte bagatellisierten, um schärfere Gesetze abzuwenden“. Sie findet es ungenügend, wenn sich die Autokonzerne nun entschuldigten. In der Aufarbeitung des Dieselskandals müsse die Bundesregierung jetzt nachlegen. Besonders aufs Korn nahm Deckwirth EUGT-Chefwissenschaftler Greim, der auch als Sachverständiger im Abgas-Untersuchungsausschuss des Bundestags war. Er sei „eine Schlüsselfigur in der Diesel-Sauberwasch-Kampagne der Autokonzerne“. (Krischer über Greim: „Der Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirates dieser Lobbyorganisation hat die ganze Zeit versucht, die Gefährlichkeit von Stickoxiden zu relativieren.“)
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