Studie bestätigt erhebliche Verwerfungen in NRW-Windkraftbranche
Die im vergangenen Jahr erstmals durchgeführten Ausschreibungen bei der Windenergie führen zu einer Verdrängung kleiner, bürgernaher Akteure und begünstigen wenige große Projektierer. Auch die für 2018 eingeführten Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) werden daran nichts ändern können. Das geht aus der am 14.02.2018 vorgestellten Studie „Bürgerwind in NRW“ des Weltwindverbandes (WWEA) sowie des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) hervor. Die Verbände fordern angesichts dieser Entwicklung die rasche Einführung einer De-minimis-Regelung, um die akzeptanzfördernde Bürgerenergie zu schützen.
Jan Dobertin, Geschäftsführer des LEE NRW, sieht die NRW-Landesregierung in der Pflicht: „Bürgerenergie bindet die Menschen ein und ist für den Erfolg der Energiewende nicht zu unterschätzen. Daher sollte die Landesregierung alles unternehmen, diesen starken Akzeptanzfaktor zu unterstützen und von weiteren Einschränkungen der Windenergie abrücken. Schwarz-Gelb hält an Maßnahmen gegen die Windenergie offenbar weiterhin fest. Begründet wird dies mit vermeintlich fehlender Akzeptanz in der Bevölkerung. Doch gerade das Modell Bürgerenergie gilt nach aktuellsten Studien (IKEM, AGORA) als akzeptanzfördernd und Umfragen betätigen eine nach wie vor hohe Zustimmung zur Windenergie (Forsa/EnBW). Die Umsetzung der im Koalitionsvertrag verabredeten 1.500m-Abstandsregelung sowie eines Verbots für Windenergieanlagen in Nutz- und Wirtschaftswäldern würde den weiteren Ausbau allerdings fast vollständig zum Erliegen bringen.“
Neben einer förderlichen Energiewendepolitik auf Landesebene fordern WWEA und LEE NRW die neue Bundesregierung zum schnellen Gegensteuern auf. Stefan Gsänger, Generalsekretär des WWEA, sagte:
„Deutschland war auf internationaler Ebene Vorreiter und Beispiel darin, wie durch Bürgerenergie die Bevölkerung vor Ort ökologisch und ökonomisch von der Energiewende profitiert. Um das weiterhin sicherzustellen, muss die neue Bundesregierung zügig an die Arbeit gehen: Nicht nur sollte Bürgerenergie neu definiert, sondern vor allem endlich eine De-minimis-Ausnahme geschaffen werden: kleine regionale Projekte müssten dann nicht an den Ausschreibungen teilnehmen, sondern würden auf Basis der bisherigen Auktionsergebnisse eine Finanzierung für ihre Projekte erhalten. Dies würde übrigens der Bürgerenergie und damit der Energiewende in ganz Europa und weltweit nutzen, da erfahrungsgemäß andere Länder dem deutschen Beispiel folgen.“
Über 95 Prozent aller 2017 vergebenen Projektzuschläge würden dem Gesetz nach als Bürgerenergie gelten. Dabei sei mehr als ein Drittel der bezuschlagten Projekte mit knapp 1.000 Megawatt auf nur ein großes Projektierungsunternehmen entfallen, das die gesetzlichen Bestimmungen ausgenutzt habe. Auch die Anpassungen am EEG für das laufende Jahr würden voraussichtlich nicht verhindern können, dass die vielen kleinen traditionellen Bürgerakteure die großen Verlierer des Auktionssystems seien, so Gsänger. „Denn anders als Energiekonzerne und große Projektierer sind Bürgerakteure nicht in der Lage oder willens, auf zukünftige technische Fortschritte und Strompreissteigerungen zu spekulieren und können Kosten nicht an Endverbraucher weitergeben.“
[note Hintergrund zur Studie
Die von der Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW geförderte Studie „Bürgerwind in NRW“ ist auf zweieinhalb Jahre angelegt. Sie untersucht die Situation der Bürgerwindakteure in Nordrhein-Westfalen unter den Bedingungen des mit dem EEG 2017 eingeführten Ausschreibungssystems Die Ergebnisse wurden in einer qualitativen Studie in Form von Experteninterview und durch einen Online-Fragebogen erhoben.]
->Quelle: LEE-NRW.de/studie-bestaetigt-erhebliche-verwerfungen-in-nrw-windkraftbranche