Lithium-Ionen-Akkus fünfmal schneller laden

Neue Sensortechnologie für handelsübliche Batterien

Forscher der Manufacturing Group (WMG) an der University of Warwick (einer der besten der Welt) haben einen neuen, direkten und präzisen Test der Innentemperaturen von Lithium-Ionen-Batterien und deren Elektrodenpotenziale entwickelt und dabei festgestellt, dass die derzeit empfohlenen Ladelimits auf ein Fünftel reduziert werden können (s. Electrochimica Acta, 10.02.2018). Allerdings hat Samsung schon Ende November 2017 etwas Ähnliches in nature communications publiziert.

Aus der Medienmitteilung der Uni Warwick: „Die neue Technologie arbeitet in-situ während des normalen Betriebs einer Batterie, ohne ihre Leistung zu beeinträchtigen, und wurde mit handelsüblichen Batterien getestet. Sie wird Fortschritte in der Batteriewerkstoffkunde, flexiblere Batterieladeraten, Wärme- und Elektrotechnik neuer Batteriewerkstoffe und -technologien ermöglichen, und sie hat das Potenzial, die Entwicklung von Energiespeichersystemen für Hochleistungsanwendungen wie Motorsport und Netzausgleich zu unterstützen.“

Wenn eine Batterie überhitzt wird, drohen ihr schwere Schäden, vor allem an ihrem Elektrolyten, was sogar zu gefährlichen Situationen führen kann, in denen der Elektrolyt zu Gasen zerfällt, die sowohl brennbar sind als auch einen erheblichen Druckaufbau verursachen. Eine Überladung der Anode kann zu einem Totalschaden führen. Um dies zu vermeiden, schreiben die Hersteller eine maximale Ladeleistung bzw. -intensität für Batterien vor, die auf der Grundlage der ihrer Meinung nach entscheidenden maximalen Temperatur- und Potenzialwerte festgelegt wird. Bislang hat sich jedoch die interne Temperaturprüfung (und die Gewinnung von Daten über das Potenzial jeder Elektrode) in einer Batterie als unmöglich oder unpraktisch erwiesen, ohne die Leistung der Batterien erheblich zu beeinträchtigen. Die Hersteller mussten sich auf eine begrenzte, externe Instrumentierung verlassen. Diese Methode ist offensichtlich nicht in der Lage, genaue Messwerte zu liefern, was die Hersteller dazu veranlasst hat, sehr konservative Grenzwerte für die maximale Ladegeschwindigkeit oder -intensität festzulegen, um sicherzustellen, dass die Batterie nicht beschädigt wird oder im schlimmsten Fall total ausfällt.

„Die WMG-Forscher haben jedoch eine neue Verfahrensweise entwickelt, die eine direkte, hochpräzise Innentemperatur- und Per-Elektrode-Zustandsüberwachung von Lithium-Ionen-Batterien verschiedener Formate und Zielorte ermöglicht. Diese Methoden können während des normalen Betriebs einer Batterie ohne Beeinträchtigung ihrer Leistung angewendet werden und wurden mit handelsüblichen Batterien der Fahrzeugklasse getestet. Die mit diesen Methoden gewonnenen Daten sind wesentlich präziser als die der externen Abtastung – und die WMG konnte feststellen, dass handelsübliche Lithium-Batterien, die heute erhältlich sind, mindestens fünfmal schneller geladen werden können als derzeit empfohlen“, so die WMG.

Die WMG-Forscher haben ihre Forschungsergebnisse in der renommierten Fachzeitschrift Electrochimica Acta in einem Aufsatz mit dem Titel „Understanding the limits of rapid charging using instrumented commercial 18650 high-energy Li-ion cells“ veröffentlicht. WMG-Forscher Tazdin Amietszajew, Leitautor des Artikels: „Dies könnte enorme Vorteile für Bereiche wie den Motorsport mit sich bringen, die offensichtlich von der Möglichkeit profitieren würden, die Leistungsgrenzen zu überschreiten, aber es bietet auch enorme Chancen für Verbraucher und Energiespeicheranbieter. Schnelleres Laden geht immer zu Lasten der gesamten Batterielebensdauer, aber viele Verbraucher würden es begrüßen, wenn es möglich wäre, eine Fahrzeugbatterie schnell zu laden, wenn kurze Reisezeiten erforderlich sind, und dann zu anderen Zeiten auf normale Ladezeiten umzuschalten. Diese Flexibilität bei den Entgeltstrategien könnte den Verbrauchern helfen, von den finanziellen Anreizen der Energieversorger zu profitieren, wenn diese versuchen, die Netzversorgung mit netzgekoppelten Fahrzeugen auszugleichen“.

Diese Technologie könne ab sofort auch auf kommerzielle Batterien angewendet zu werden. Man müsse jedoch sicherstellen, dass Batteriemanagementsysteme Infrastruktuen variable Laderatenermöglichen könnten, die diese neuen, präziseren Profile/Grenzwerte beinhalten. Die Technologie, welche die WMG-Forscher für diese neue direkte In-situ-Batteriesensorik entwickelt haben, verwendet Miniatur-Referenzelektroden und sogenannte Faser-Bragg-Gitter (FBG), die durch eine maßgeschneiderte Dehnungsschutzschicht geführt werden. Auf die Faser wurde eine Außenhaut aus fluoriertem Ethylenpropylen (FEP) aufgetragen, die einen chemischen Schutz vor dem korrosiven Elektrolyten bietet. Das Ergebnis ist ein Instrument, das in direktem Kontakt mit allen wichtigen Teilen der Batterie steht und elektrischen, chemischen und mechanischen Belastungen während des Batteriebetriebs standhalten kann, während es gleichzeitig präzise Temperatur- und Potenzialmessungen ermöglicht.

[note Stefan Beiersmann ist den Warwick-Forschern möglicherweise zuvorgekommen: Schon am schrieb er auf auf ZDNET: „Samsung beschleunigt Ladevorgang von Lithium-Ionen-Akkus um Faktor fünf“: Statt eine Stunde soll einer Medienmitteilung von Samsung zufolge ein Akku in 12 Minuten zu laden sein. Die Kapazität erhöhten die Forscher zudem um 45 Prozent. Beides sei durch den Einsatz von sogenannten „Graphen-Bällen“ als Material für Kathode und Anode möglich. Samsungs Forschungsabteilung, das Samsung Advanced Institute of Technology (SAIT) habe erfolgreich einen „Graphen-Ball“ synthetisiert der solle die Laufzeit von Akkus zu verlängern und deren Ladevorgang beschleunigen helfen: die Kapazität um 45 Prozent und die Ladegeschwindigkeit um Faktor fünf erhöhen. In der Praxis heiße das, dass ein per Schnelladetechnik in etwa einer Stunde geladener Akku künftig bereits nach rund 12 Minuten vollständig einsatzbereit wäre. Ein weiterer Vorteil: Akkus, die Graphen-Bälle nutzen, sind für Betriebstemperaturen von 60° C ausgelegt, was wiederum eine Voraussetzung für den Einsatz in Fahrzeugen ist. Die Forschungsergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature publiziert (vom SAIT am 30.03.2017 eingereicht). Beiersmann: „Darin beschreiben die Forscher unter anderem, wie es ihnen mithilfe von Siliciumdioxid gelungen ist, dreidimensionales Graphen in der Form von Popcorn herzustellen. Diese Graphen-Bälle setzten sie anschließend als Anode und Kathode in Lithium-Ionen-Akkus ein. In den USA und Südkorea ist die Technik bereits patentiert.“]

Abstract aus nature communications (Titel: Graphenkugeln für Lithium-Akkus mit schneller Ladung und hoher volumetrischer Energiedichte): „Die Verbesserung einer Sache, ohne dabei eine andere zu opfern, ist eine Herausforderung für Lithium-Ionen-Batterien, da die wichtigsten Parameter in einem Zielkonflikt zueinander stehen. Hier berichten wir (Autor In Hyuk Son et al.) über einen Prozess der chemischen Gasphasenabscheidung, um eine Graphen-Kieselsäure-Baugruppe zu züchten, die Graphenkugel genannt wird. Seine hierarchische dreidimensionale Struktur mit dem Siliziumoxid-Nanopartikelzentrum ermöglicht es, selbst 1 Gew.-% Graphenkugel durch skalierbares Nobilta-Fräsen gleichmäßig auf eine nickelreiche Schichtkathode aufzubringen. Die Graphen-Kugelbeschichtung verbessert die Zyklenlebensdauer und die Schnellladefähigkeit, indem sie schädliche Nebenreaktionen unterdrückt und effiziente Leiterbahnen bereitstellt. Die Graphenkugel selbst dient auch als Anodenmaterial mit einer hohen spezifischen Kapazität von 716,2 mAh g-1. Eine Vollzelle mit Graphenkugeln erhöht die volumetrische Energiedichte um 27,6 % im Vergleich zu einer Kontrollzelle ohne Graphenkugeln und zeigt die Möglichkeit, 800 Wh L-1 in einer kommerziellen Zelleinstellung zu erreichen, zusammen mit einer hohen Zyklizität von 78,6 % Kapazitätserhaltung nach 500 Zyklen bei 5C und 60 °C.“]

->Quellen: