Neueste Studie der NASA zeigt den erschreckenden Klimaeinfluss von Erdgas
Von der Industrie wird oft behauptet, dass Gas ein klimafreundlicher Energieträger sei, der gemeinsam mit den Erneuerbaren Energien den Klimaschutz voranbringe. Das die Kohle ablösende Erdgas trage wesentlich zur Reduktion von CO2-Emissionen bei, so die Argumentation. In der Tat sind die CO2-Emissionen von Erdgas deutlich geringer als die von Kohle und Öl. Für die Klimabewertung von Erdgas ist die Zahl der CO2-Emissionen jedoch nicht erschöpfend, denn obgleich Erdgas in der Verbrennung CO2-ärmer ist, werden in der gesamten Prozesskette mehr Klimagasemissionen als bei Kohle oder Erdöl produziert. Denn bei der Förderung und dem Transport von Erdgas wird erheblich Methan ausgestoßen – und die Wirkung von Methan ist wesentlich klimaschädlicher als die von CO2. Hans-Josef Fell am 22.02.2018 zu den Erkenntnissen der NASA-Erdgas-Studie.
Die CO2-Äquivalente von Methan werden aktuell noch mit dem veralteten Faktor 25 (100-Jahreswert) aus dem IPCC-Bericht von 2007 verwendet (IPCC, Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen). Um die Treibhausgasemissionen und somit die Erreichung der Klimaziele richtig zu berechnen muss das Berechnungsmodell dringend angepasst werden. Laut aktuellen IPCC-Zahlen ist der Treibhauseffekt von Methanemissionen in den ersten 20 Jahren 84-87 Mal und in den ersten 100 Jahren 34-36 Mal stärker als der von CO2.
Die während der COP23 in Bonn initiierte internationale „Put Climate on Pause Coalition“ bestehend aus NGOs und Wissenschaftlern hat es sich zum Ziel gesetzt, über die UN weltweit die Regierungen dazu veranlassen, endlich die aktuellen IPCC-Zahlen zu verwenden und den 20-Jahreshorizont bei der Berechnung von Klimamodellen zu beachten.
Was schon einige Studien vorher aufgedeckt hatten, hat nun eine neue Studie der NASA noch einmal bestätigt. Die Studie betont nicht nur, dass der drastische Anstieg von globalen Methanemissionen im letzten Jahrzehnt zum Großteil auf die Industrie fossiler Brennstoffe zurückzuführen ist, sondern auch dass der Anstieg wesentlich größer ist als bisher gedacht.
Laut NASA-Studie ist das Methan in unserer Luft pro Jahr um 25 Teragramm gestiegen, was in etwa dem Gewicht von 5 Millionen Elefanten entspricht. Davon sollen etwa 17 Teragramm allein durch fossile Brennstoffe entstanden sein.
Der Mythos der klimafreundlichen Alternative Erdgas wird hierzulande nicht nur von der Öl- und Gasindustrie und von Wirtschaftsverbänden, sondern auch vom Wirtschaftsministerium und selbst dem Umweltbundesamt (UBA) aufrechterhalten.
In der letzten Publikation des UBA „Bewertung der Vorkettenemission bei der Erdgasförderung in Deutschland“ werden die vorgenannten wesentlichen Erkenntnisse weiterhin bei der Betrachtung der echten Klimabilanz von Erdgas ignoriert.
Es gibt auch – trotz mehrfacher Aufforderung – keinen Ansatz die bekannten und signifikanten Wissenslücken zu schließen, um zu einer wahren Klimabilanzbetrachtung von Gas zu kommen. Dies, obwohl schon länger bekannt ist, dass die Methanemissionen der Öl-/ Gasindustrie in Deutschland von der Industrie selbst geschätzt werden. Auf die Notwendigkeit, Methanemissionen aus der Produktion, Lagerung, Transport und Verbrauch in Deutschland endlich messen zu müssen, hatte das Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) Potsdam bereits in seiner 2016er Studie „The Uncertain Climate Costs of Natural Gas“ hingewiesen.
Die von Prof. Kevin Anderson, University of Manchester & Uppsala University und Dr. John Broderick, University of Manchester & Teesside University, im Oktober 2017 veröffentlichte Studie „Natural Gas and Climate Change“ ist mehr als eindeutig in ihrer Zusammenfassung. Bis 2035 wird der Verbrauch fossiler Brennstoffe inklusive Erdgas in der EU unvereinbar sein mit den Klimaschutzverpflichtungen gemäß dem Pariser Abkommen. Es bleibt uns also keine Zeit um auf Gas als vermeintliche Brücke in die post-fossile Zukunft zu setzen.
Der extrem negative Klimaeffekt von Methan wird jedoch selbst von vielen Klimaschützern weiterhin ignoriert und auch eine CO2-Steuer kann hier keine Abhilfe schaffen. Wenn überhaupt müsste es eine Klimagassteuer sein. Daher gibt es im Energiesektor weiterhin nur eine wirksame Klimaschutzstrategie: die Umstellung auf 100% Erneuerbare Energien.
Die entscheidenden politischen Klimaschutzinstrumente sind die, die das private Kapital direkt in die Investitionen von Nullemissionstechnologien fließen lassen. Die EEG- Einspeisevergütung ist das Paradebeispiel dafür, wie das bestens funktioniert. Alle anderen Maßnahmen, insbesondere die Umstellung von Kohle auf Erdgas, sind massiv kontraproduktiv. Denn durch die Annahme, dass Erdgas ein klimafreundlicher Ersatz für Kohle sei, konkurriert Erdgas mit den Erneuerbaren und verzögert so deren raschen Ausbau. – Hans-Josef Fell
->Quelle: Hans-Josef-Fell.de/-73/1180