Verteilnetze zu schwach für mehr E-Mobilität

Studien: Steigende Nachfrage könnte Netzbetreiber und Stromlieferanten überfordern – zu wenig EE – bald 3 Mio. E-Autos weltweit

Das Elektroauto gilt als ein Hoffnungsträger für die angestrebte und notwendige „Verkehrswende“ – so das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH (ZEW) Mannheim. Die Bundesregierung hat sich daher zum Ziel gesetzt, bis 2020 eine und bis 2030 sechs Millionen Elektroautos auf die Straßen zu bringen. Diese politisch gesetzten Ziele für die Elektromobilität werden allerdings aller Voraussicht nach – zumindest in der kurzen Frist bis 2020 – nicht erreicht. Würden im Jahr 2025 rund 4,5 Millionen Autos rein elektrisch betrieben werden, sehen die Energieexperten zwar keine Engpässe in den bis dahin geplanten und realisierten Erzeugungs- und Übertragungsnetzkapazitäten. Allerdings wird es den Umfrageergebnissen zufolge Engpässe im Verteilnetz geben.

Hochspannungsleitungen bei Dahme, Mark – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Das Übertragungsnetz (Höchstspannungsnetz) transportiert Strom über große Entfernungen, während das Verteilnetz (Niedrigspannungsnetz) den Strom auf der „letzten Meile“ zum Endkunden bringt. 67 Prozent der vom ZEW befragten Energieexperten meinen, dass die bestehenden oder geplanten Kapazitäten im Verteilnetz angesichts eines solchen Zuwachses nicht ausreichen und daher größere Investitionen benötigt werden. Dies betrifft vor allem den Ausbau mit zusätzlichen Transformatoren und stärkeren Kabeln. Im Gegensatz zu den Schwächen beim Verteilnetz sehen 79 Prozent (73 Prozent) der befragten Experten keinen (oder nur minimalen) zusätzlichen Investitionsbedarf bei der Erzeugungs- und Übertragungsnetzkapazität.

ZSW: Zahl der Elektroautos übersteigt weltweit drei Millionen – Deutschland 8.
Anfang 2018 ist der Bestand an Elektroautos weltweit auf 3,2 Millionen gestiegen. In China sind davon 1,2 Millionen unterwegs, gefolgt von den USA mit 750.000. Deutschland liegt mit knapp 93.000 weiterhin nur auf Platz 8. Die Neuzulassungen stiegen im vergangenen Jahr auf 1,2 Millionen Pkw – ein neuer Rekord. Das hat eine aktuelle Erhebung des Zentrums für Sonnenenergie-und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) ergeben. Der Analyse der Forscher zufolge konnten die chinesischen Hersteller BYD und BAIC auch die meisten Neuzulassungen für sich verbuchen. Der erfolgreichste westliche Hersteller war wie auch im Vorjahr Tesla mit 86.700 Neuzulassungen, trotz der Verzögerungen beim Modell 3. BMW hat es auf Platz 4 geschafft, gefolgt von VW auf Platz 5.

Die größten Hemmnisse für eine stärkere Nutzung von Elektroautos seien zudem laut den Experten deren fehlende Reichweite sowie die nach wie vor zu hohen Anschaffungskosten. Die Reichweite von Elektrofahrzeugen sei in den vergangenen Jahren zwar auf durchschnittlich rund 250 Kilometer gestiegen und reiche damit für das tägliche Pendeln zur Arbeit aus; allerdings seien Freizeitfahrten oft deutlich länger, so dass eine deutliche Mehrheit von 64 Prozent der Experten hier noch Handlungsbedarf sehe. Zudem koste die Anschaffung eines Elektroautos immer noch einige Tausend Euro mehr als die eines Autos mit Verbrennungsmotor, was 52 Prozent der Experten als großes Hemmnis bezeichnen.

E-Auto-Technologie und Ladeinfrastruktur-Ausbau mit Nachholbedarf

Zudem sind laut den Experten die lange Ladezeit der Batterien (35 Prozent) und eine mangelnde Ladeinfrastruktur (45 Prozent) bedeutende Hemmnisse. Fehlendes Vertrauen seitens der Verbraucher in Elektroautos, fehlende Normen für Ladestationen sowie fehlende Stabilität und Kapazität im Verteilnetz sind hingegen nur für etwa 20 Prozent der Befragten sehr wichtige Hemmnisse.

„Insgesamt sehen die Energieexperten also vor allem Nachholbedarf bei der E-Auto-Technologie selbst, beim Ausbau der Ladeinfrastruktur und der lokalen Niedrigspannungsnetze“, erklärt Wolfgang Habla, wissenschaftlicher Mitarbeiter im ZEW-Forschungsbereich „Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement“ und Mitautor der Erhebung. „Auf der anderen Seite gäbe es bei der Integration der Autobatterien ins Stromnetz und beim Management der Ladevorgänge viele Chancen für die Energiebranche, aber auch für IT-Unternehmen und Autohersteller, sich einen neuen Markt zu erschließen“, so Habla.

[note Das ZEW Energiemarktbarometer ist ein deutschlandweit einzigartiges Panel von Fachleuten der Energiewirtschaft. Die halbjährlichen Erhebungen reflektieren seit 2002 die Einschätzungen der Teilnehmer/innen bezüglich aktueller Themen der Energiewirtschaft und der Energiepolitik. Die aktuelle Erhebung (November 2017) basiert auf 168 Antworten von Teilnehmern in Deutschland.]

Meinung eines anderen Experten – Karl-Heinz Remmers (Solarpraxis – Neue Energiewelt):Seht mal nach Norwegen, bevor wieder die nächste Angstrunde rumgeht! Da bricht nix zusammen und der Bestand an E- Autos ist schon ziemlich beeindruckend. Es ist zudem kaum auszuhalten, wie hier in D alles zerredet wird, während China munter weitergaloppiert. Auch dort gelten die Regeln der Physik und die Netze brechen nicht zusammen – trotz all der elektrischen Busse, Autos, LKW. Aber hier sind nur Bedenkenträger unterwegs, die es zudem einfach nicht raffen wollen, dass elektrisches Laden je nach Anwendung weniger Anschlussleistung blockiert als eine Herdplatte … ist wirklich ärgerlich diese Dummheit. Oder halt eben von einer Interessengruppe geschmiert. Sorry – gibt es ja bei uns in der Energiewirtschaft öfter und damit reißen diese Typen die Demokratie immer weiter ein.“ (nach https://www.pv-magazine.de/2018/02/22/elektroautos-fordern-energiebranche-heraus)]

->Quellen: