Diesels Ende
Da haben deutsche Bundesregierungen seit jeher die Autokäufer mit Milliarden-Subventionen zugunsten des Diesel-Treibstoffs dazu bewogen sich einen Selbstzünder zuzulegen (der war zwar immer etwas teurer – Vielfahrer hatten den Mehrpreis bald wieder hereingespart), da macht ein deutsches Bundesgericht Nägel mit Köpfen. Es war hohe Zeit: die Politik – gleichgültig welcher Farbe – hatte zu lange im Tiefschlaf verharrt; die Dauerschlaflieder dazu hatte mit wachsender Ausdauer Deutschlands beschäftigungs-intensive (will sagen: wählerstimmen-starke) und daher heilige Wachstumsbranche gesungen, ein bisschen gespendet haben sie auch (bescheidenes Beispiel: Der Daimler-Konzern spendete CDU und SPD im April vergangenen Jahres jeweils 100.000 Euro, nachzulesen auf der Spendenliste des Bundestages – ein Schuft, wer…) Und ihr Verband flötete dazu noch lange nachdem der verabredete Betrug in einem Megaskandal in die Luft geflogen war (und selbst vor den weißblauen Boliden trotz gegenteiliger Behauptungen ihres Bosses nicht Halt machte), die Melodie von der Unmöglichkeit der Hardware-Nachrüstungen („zeitraubend“, „zu wenig effizient“, „kein Platz im Motorraum“).
Der Ausdauer und Unerschrockenheit der von immer noch nicht aufgewachten Verbänden und Auspuff-Enthusiasten dauer-verleumdeten und existenz-bedrohten Deutschen Umwelthilfe und ihrem Waffenbruder BUND ist es zu danken, dass jetzt Schluss ist – es sind inzwischen zu viele Menschenleben zu beklagen – nach dem letzten Bericht der Europäischen Umweltagentur mehr als 700.000 verlorene Lebensjahre („years of life lost“ – YLL) – fast 11.000 vorzeitige Todesfälle. Die verantwortlichen Minister sind nur deswegen nicht gerichtlich wegen Bruchs ihres Amtseids und tausendfacher fahrlässiger Körperverletzung mit Todesfolge zu belangen, weil ihnen juristisch wasserfest kein einziger konkreter Fall nachzuweisen war – sie müssen mit ihrer Schuld leben.
Das Urteil ist trotz seiner Mängel (ein Euro-5-Diesel emittiert seltsamerweise mehr NO2 als ein 4-er Diesel – und für Härtefälle müssen Ausnahmen gefunden werden) immerhin ein Anfang – ein Anfang dafür, dass wir endlich ernsthaft entfossilisieren, dass wir uns endlich ernsthaft von der Übermotorisierung verabschieden, dass wir Deutsche endlich unsere der amerikanischen Waffenliebe ähnlichen Vernarrtheit ins Auto überdenken müssen. -Gerhard Hofmann-