„Autohersteller nicht aus Verantwortung entlassen“

Brauchen echte Verkehrswende

Wir wollen und brauchen eine echte Verkehrswende. Wenn wir es schaffen, aus dieser Krise eine Chance zu machen, wird das die Lebensqualität in unseren Städten deutlich verbessern. Und wenn es die Automobilindustrie schafft, aus dieser Krise eine Chance zu machen, dann wird sie auch künftig noch Dieselfahrzeuge – als wichtige Brückentechnologie – verkaufen können.Einen substanziellen Beitrag kann die technische Nachrüstung von Dieselfahrzeugen leisten, sofern sie technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist. Wir haben jetzt einen Zeitraum vor uns, bis wirklich Fahrverbote kommen könnten. Diesen Zeitraum müssen wir nutzen, um solche Fahrverbote möglichst noch abzuwenden. Diesen Zeitraum muss auch die Autoindustrie nutzen: für die Nachrüstung älterer Diesel, für die Weiterentwicklung sauberer Diesel und für einen Umstieg auf Elektromobilität und andere alternative Antriebe.

Ich hielte es für zutiefst ungerecht, wenn Autofahrer, die sich mit gutem Gewissen noch vor kurzem einen neuen Diesel gekauft haben, jetzt das Problem ausbaden müssten. Es kann sich auch nicht jeder einfach ein neues Auto leisten. Die Verursacher des Problems sind die Autohersteller – und die dürfen wir nicht aus der Verantwortung entlassen. Darauf haben die Verbraucherinnen und Verbraucher einen Anspruch.

Es liegt aber auch im Eigeninteresse der Unternehmen. Das betone ich gerade auch mit Blick auf die vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Branche. Für sie geht es um gute Arbeitsplätze, aber auch für sie geht es um Luftqualität und Gesundheit. Wir brauchen nicht nur Software-Updates, sondern auch technische Nachrüstungen von Dieselfahrzeugen, die so viel bringen, dass der Stickoxidausstoß deutlich sinkt und man damit weiter in die Innenstädte fahren kann. Dann gibt es auch keinen Wertverlust.

Wer seinen Diesel nachrüsten will und kann, der sollte darauf bauen können, dass der Hersteller das übernimmt. Ich hoffe sehr, dass jetzt alle an einem Strang ziehen, um die technische Nachrüstung gegenüber den Autoherstellern durchzusetzen, selbstverständlich nur, wenn sie technisch möglich und wirtschaftlich vernünftig ist. Ich habe das bereits seit dem letzten Sommer immer wieder gefordert. Wenn die Automobilindustrie damals schon eingelenkt hätte, wären wir heute weiter. Meine Prognose ist: Wenn der Druck im letzten Jahr noch nicht groß genug war – jetzt dürfte er es sein. Auch die Handwerker haben sich gestern entsprechend geäußert.

Soziale Härten vermeiden

Lassen Sie mich abschließend festhalten: Sollten sich Fahrverbote in der Folge des Gerichtsurteils nicht vermeiden lassen, dann dürfen wir die Kommunen damit nicht alleine lassen. Auch die Autofahrerinnen und Autofahrer dürfen nicht die alleinigen Leidtragenden sein. Deshalb ist für mich die Reihenfolge des weiteren Vorgehens ganz klar vorgegeben: Die Autohersteller müssen die Verantwortung für die technische Nachrüstung übernehmen. Dann müssen wir verhindern, dass mögliche Fahrverbote zu paradoxen Ergebnissen führen. Es wäre nicht zu vermitteln, wenn alle Dieselfahrzeuge aus den Städten ausgesperrt werden, selbst wenn sie von ihren Besitzern nachgerüstet wurden oder es sich um besonders saubere neue Modelle handelt. Auch muss es möglich sein, soziale Härten zu vermeiden und Sonderregelungen, zum Beispiel für Handwerker, zu finden.

In diese Richtung gehen auch die Hinweise des Gerichts, dass Fahrverbote verhältnismäßig sein müssen. Dabei hat das Gericht dargelegt, dass der Vollzug für die Kommunen auch ohne bundesweite Kennzeichnungsregelung möglich ist, eine solche Regelung den Vollzug aber vereinfachen würde.

Überall dort, wo Kommunen von möglichen Fahrverboten betroffen sind, hören wir, übrigens parteiübergreifend, dass es für die Umsetzung einer Positivkennzeichnung bedarf. So hat sich ganz aktuell Ihr Landesvorsitzender, der Innenminister aus Baden-Württemberg, Herr Strobl, geäußert, lieber Kollege Barthle. Deshalb bin auch ich der Meinung, dass eine solche Kennzeichnung für den Vollzug hilfreich wäre. Um es den Skeptikern noch einmal ganz deutlich zu sagen: Eine Positivkennzeichnung führt nicht zu Fahrverboten, sondern umgekehrt: Dort, wo Fahrverbote als letztes Mittel unvermeidlich sein sollten, brauchen wir eine Positivkennzeichnung, auch um Ungerechtigkeiten und Härten möglichst zu vermeiden.

Wir werden schnell nach Vorliegen der Urteilsbegründung Länder und Kommunen zu einem Gespräch einladen, denn selbstverständlich wollen wir ihnen bei der Umsetzung des Urteils und bei der Vermeidung von Fahrverboten helfen.“

->Quellen: