Keynote vom „Rheinländer“: „Wir sind nicht die Klimavorreiter, für die wir uns gerne halten“
Sven Plöger hielt die Keynote – seiner Etikettierung durch Rettberg („Rheinländer“) gemäß – in einer Mischung aus anschaulich, humorvoll und lehrreich: „Angesichts der augenblicklichen Kälte ist die Erderwärmung schwer zu erklären, vor allem Menschen, die hin und wieder amerikanischer Präsident werden – wie etwa Trump“, markierte Plöger gleich den Unterschied zwischen Wetter und Klima.
Plöger versprach Antworten auf die Fragen: „Was hat das arktische Eis mit unserem Wetter zu tun“ – und: „sind wir wirklich so ‚gut‘, wie wir glauben?“ Zur deutschen Situation und dem 2020er CO2-Reduktionsziel: „Da hat mal einer gemerkt, das 2020 schon ganz bald ist – und dann hat man sich schnell auf 2030 geeinigt – im Koalitionsvertrag kommt das Ziel jedenfalls nicht mehr vor.“
Es sei wärmer geworden, das belege schon dieses Bild (2018 habe man – „leider“ nicht mehr abbilden können):
Dann kam Plöger auf den menschlichen Fußabdruck zu sprechen; derzeit leben 7,5 Mrd. Menschen auf der Erde – als er geboren worden sei – vor 50 Jahren – waren es 3,5 Mrd.. Angesichts dessen stelle sich die Frage: „Wie können wir uns mit den Ressourcen versorgen, welche die Erde zur Verfügung stellt?“
„Wir verbrauchen gegenwärtig 1 1/2 Erden im Jahr, wenn wir so weiter machen, werden wir 2050 zwei brauchen. Die Dinge werden sich verändern – müssen.“
Die Frage sei nur, „wollen wir das selbst gestalten, oder warten wir auf das, was kommt?“ Von Rio (der Umweltkonferenz 1992) bis heute habe sich der CO2-Ausstoß um ganze 60 Prozent erhöht, das sei nicht im Sinn der dortigen Aufbruchsstimmung.
Theoretisch seien alle dafür, dass etwas geschehe – wenn es aber ums konkrete Handeln gehe, werde es schwierig. Stromtrassen über Land? Lieber nicht! Auf jeden Fall nicht in Bayern (habe Seehofer gesagt). Aber irgendwie müsse Strom ankommen, das sei ohne Leitungen allerdings „physikalisch sehr anspruchsvoll“. Per Kabel, unterirdisch? Das habe sich plötzlich als zehn Mal teuer herausgestellt. Das Beispiel belege: Die Meinungen gingen auseinander, es sei schwer, sie unter einen Hut zu bringen – „weltweit extrem schwer“. Als Beispiel für ein (höchstwahrscheinlich) stark divergierendes Interesse nannte Plöger das Gehalt des früheren Exxon-CEOs Lee Raymond, der habe 2006 in einem Jahr 357 Mio Dollar verdient – „viel Geld – jeden Tag fast eine Million“. Bei so viel Geld sei eher anzunehmen, „dass der Herr das mit dem Klimawandel sicher anders gesehen“ habe.
Wetter – Klima
„Wetter ist der physikalische Zustand der Atmosphäre zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort“ – Wetter sei uns emotional sehr nah, und wir erinnerten uns an viele spezielle Wettersituationen; Klima dagegen sei die Statistik des Wetters, aber für Statistik hätten wir „halt kein Organ“.
Zum Thema „Wetter und Emotionen“zeigte Plöger das Foto einer vom Schnee völlig blockierten Autobahn in Schleswig-Holstein – und legte dann einen stern-Titel darüber mit zwei hinein kopierten Menschen, die Emotionen (und Kaufwillen) ansprechen sollten. Nur: Es fehlten die Fußstapfen…
„Klima ist die Gesamtheit der Wettererscheinungen an irgendeinem Ort oder Region während einer festgelegten Zeitspanne“. Entgegen der subjektiven Wahrnehmung müsse man beim Klima objektiv vorgehen – Plöger zeigte die seit 2002 steigenden Zuwächse der Jahresdurchschnitts-Temperaturen (2016 waren es + 0,99°, 2002 dagegen noch 0,62°). Gleichzeitig seien die Meerestemperaturen stark angestiegen, die Ozeane hätten die Erderwärmung abgepuffert.
Plöger stört die immer wieder gestellte Frage, wer denn nun das Klima entscheidend beeinflusse: Die Natur oder der Mensch? Er frage sich stets:. „Was soll das ‚oder‘ in dieser Frage?“
Es gehe um die gesamte Energiebilanz bei veränderter Zirkulation durch Natur und Menschen. Schwankungen an sich seien nicht das Thema, es zähle die Geschwindigkeit der Veränderungen: Als die Saurier auf der Erde gelebt hätten, habe es an beiden Polen und auch auf den hohen Bergen kein Eis gegeben; der Meeresspiegel sei allerdings auch 120 m höher gewesen. Dann, während der Eiszeiten, sei der Meeresspiegel um 150 m gefallen und man habe zu Fuß nach England gehen können.
Plöger bejahte den Trend, dass der Klimawandel Extremwetterereignisse befördert – vor allem dann, wenn sich Wetterlagen („Tief über Mitteleuropa“) stabilisierten. Dann habe das solche Unwetter mit extremen Regenfällen zur Folge wie am
in Braunsbach bei Heilbronn („ein Siebtel des gesamten Jahresniederschlags von Mülheim in einer einzigen Stunde“), die engen Tal-Durchlässe hätten dann die Gewalt des Wassers noch verstärkt.