„Kein Überblick über finanzielle Auswirkungen der Energiewende“
Der Finanzausschuss des Bundestags beriet am 20.04.2018 über eine harte Kritik des Bundesrechnungshofs daran, wie das Bundeswirtschaftsministerium die Energiewende händelt, vor allem, dass „das BMWi bislang seine Rolle als Gesamtkoordinator nicht wahrnimmt. Weder hausintern noch ressortübergreifend oder mit den Ländern findet ein koordinierter Austausch statt. Elementare Fragen wie ‚Was kostet die Energiewende den Staat?‘ oder ‚Was sollte die Energiewende den Staat kosten?‘ werden nicht gestellt und bleiben unbeantwortet.“ Relativ vernichtend die lapidare Feststellung: „Das federführende BMWi hat nach eigenen Angaben keinen umfassenden Überblick über die finanziellen Auswirkungen der Energiewende“. Vielmehr schieben die Ministerien einander zu.
Dabei habe die Regierung, allen voran das BMWi und sein sich eben selbst entlassen habender Energie-Staatssekretär Baake, doch „Energiepolitik aus einer Hand“ versprochen – „mit dieser Maßgabe will das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die gesamtstaatliche Aufgabe der Energiewende umsetzen. Innerhalb der Bundesregierung hat das Ressort für diese Aufgabe die Federführung und Gesamtkoordination übernommen. Diese Rolle füllt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bislang noch nicht aus.“ Der Bund wisse „auch nicht, was die einzelnen energiepolitischen Maßnahmen konkret bewirken und wie effizient sie sind“.
Der Rechnungshof hatte das BMWi schon im Dezember 2016 (vor fast 17 Monaten!) dafür gerüffelt, dass es seine Rolle als Gesamtkoordinator der Energiewende „nur unzureichend ausfüllt“, dass es „keinen Überblick über die finanziellen Auswirkungen der Energiewende“ habe und „nicht über ein funktionierendes Controlling“ verfüge. Für die Gesamtsicht auf die Finanzen sei das Finanzministerium zuständig, sagte das BMWi – die Finanzer reichten den Schwarzen Peter nur gering amüsiert zurück. Vor gut einem Monat hatte das BMWi den Finanzkontrolleuren Antworten auf bereits vor mehr als einem Jahr gestellte Fragen geschickt, „dürftig“ war das Echo der Bonner Behörde.
Trotz wiederholter Hinweise des Bundesrechnungshofes kontrolliere das BMW zudem bei seinen Förderprogrammen nicht ausreichend den Erfolg. „Die festgestellten Defizite zeigen sich u. a. darin, wie das BMWi seine Förderprogramme umsetzt. So werden ineffiziente Förderprogramme aufgesetzt, verlängert und aufgestockt. Das BMWi stellt bislang nicht sicher, dass Programme mit niedriger Effizienz und zugleich geringem Nutzen für die Energiewende auslaufen und frei werdende Mittel zielführender eingesetzt werden können. Der Bundesrechnungshof sieht deshalb das Risiko, dass es immer teurer werden wird, die Energiewende voran zu treiben. Der Bundesregierung und dem BMWi als deren Gesamtkoordinator ist es bislang nicht gelungen, eine Balance zwischen hohen Klimaschutzzielen und effizienten Förderprogrammen zu finden.“
[note Besonders verärgert reagierten die Prüfer gegen Ende ihres 52seitigen Rüffels: „Bereits bei Förderrichtlinien zeichnen sich Mängel ab: Vor Erlass von Förderrichtlinien ist der Bundesrechnungshof anzuhören. Bereits bei dieser Anhörung zu den Förderrichtlinien stellte der Bundesrechnungshof Defizite fest, insbesondere bei Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, der Festlegung von messbaren Zielen und entsprechenden Wirkungskontrollen sowie bei der Koordinierung zwischen den beteiligten Ressorts. Das BMWi zog aus den Anmerkungen des Bundesrechnungshofes größtenteils keine Konsequenzen und erließ die Förderrichtlinien weitgehend unverändert… Zehn Tage nachdem der Bundesrechnungshof zu der Förderrichtlinie Stellung nahm, wurde sie am 31.Dezember 2015 unverändert veröffentlicht. Am 1. Januar 2016 trat das Förderprogramm in Kraft. Auf seine Informationsbitten erhielt der Bundesrechnungshof vom BMWi keine Antwort.“]
Mit vollständig aufgeschlüsselten Kosten kann (oder will) das BMWi nach wie vor nicht dienen. Die Regierung habe dem Rechnungshof hauptsächlich die Kosten verschiedener Umlagen mitgeteilt, die im Rahmen der Energiewende über die Stromrechnung auf die Verbraucher zukommen werden. Es fehle jedoch die Übersicht über weitere durch die Energiewende entstehende Kosten, zum Beispiel Personalkosten in der Bundesverwaltung, erhöhte Netzentgelte, weiterer Erfüllungsaufwand bei Bürgern und Wirtschaft sowie der Wegfall staatlicher Einnahmen durch Steuervergünstigungen.
Die Bundes-Controler wörtlich: „Für den Bundesrechnungshof ist es nicht nachvollziehbar, dass BMWi und BMF bislang nichts unternommen haben, um die steuerlichen Auswirkungen der Ener-giewende zu bewerten. Dies gilt ungeachtet bestehender vielfältiger Verflechtungen und Wechselwirkungen. Aus Sicht des Bundesrechnungshofes ist zumindest eine qualifizierte Schätzung möglich.“
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