Verantwortung für Einhaltung der Menschenrechte wird delegiert
Laut MISEREOR neigen Hersteller von Windgeneratoren und Solarmodulen dazu, bei der Einhaltung der Menschenrechte die Verantwortung zu delegieren. Risikoanalysen oder Folgenabschätzungen in Bezug auf die Menschenrechte führten Unternehmen aus der Ökostrombranche nicht durch. „Unternehmen und Politik müssen verhindern, dass beim Abbau dieser Rohstoffe in Lateinamerika, Afrika und Asien die Menschenrechte verletzt und Umwelt zerstört wird“, forderte Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer von MISEREOR. „Gleichzeitig sind wir dringend aufgefordert, unseren hohen Verbrauch an Energie und Rostoffen zu senken“, so Spiegel.
MISEREOR habe um Auskunft darüber gebeten, unter welchen menschenrechtlichen und ökologischen Bedingungen die in ihren Wind- und Solaranlagen verwendeten Rohstoffe abgebaut werden. Zusätzlich wurde abgefragt, aus welchen Ländern diese stammen, inwieweit sie ihrer menschenrechtlichen Verantwortung auf Grundlage der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte mit Bezug auf die Lieferketten dieser Rohstoffe gerecht werden und welche Maßnahmen notwendig sind, um Menschenrechtsverletzungen zu verhindern. Im Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte hat auch die Bundesregierung deutsche Unternehmen aufgefordert, in ihren Lieferketten für die Achtung der Menschenrechte Sorge zu tragen.
[note MISEREOR: „Studie will nicht die Energiewende in irgendeiner Form in Frage stellen“ – Einleitung der Untersuchung (Ausschnitte)
Nach jahrelangen, zähen Verhandlungen einigte sich die Weltgemeinschaft beim Klimagipfel COP21 im Dezember 2015 in Paris auf ein neues Klimaabkommen für die Zeit nach 2020. Dieses sieht erstmalig vor, dass alle Staaten gemeinsam gegen den Klimawandel vorgehen. 195 Staaten verpflichteten sich durch ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf unter 2 °C zu begrenzen. Ziel ist es, den Temperaturanstieg bereits bei 1,5 °C zu stoppen. Zudem soll sich die Welt bis Mitte des Jahrhunderts von den fossilen Energieträgern wie Kohle, Erdöl und Erdgas lossagen. Das Ziel, die durch die COP eingeleitete Dekarbonisierung der Weltwirtschaft weiter zu forcieren und damit die globale Energiewende basierend auf erneuerbaren Energien zu vollziehen, wurde von den Staatsoberhäuptern im Zuge des G20- Gipfels in Hamburg erneut bekräftigt.
Auf Nachhaltigkeit achten
Doch gerade wegen der zunehmenden Relevanz regenerativer Energien muss auf deren Nachhaltigkeit geachtet werden. Soll ein erhöhter Anteil erneuerbarer Energien an der globalen Stromversorgung erreicht werden, müssen Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt werden. Dazu gehören vor allem Auswirkungen auf das Klima und Ökosysteme, auf die Gesundheit der Bevölkerung, eine generationsübergreifende Versorgungssicherheit, aber auch kurz- und langfristige Kostenaspekte, die Auswirkungen auf Landnutzung und Landschaftsbild sowie der Ressourcenbedarf. Wegen der beschränkten Verfügbarkeit und der ökonomischen Bedeutung beschäftigen sich Wissenschaftler, Forschungsinstitute und Nichtregierungsorganisationen (NRO) mit der Frage der Verknappung von Rohstoffen heute und in der Zukunft.
Jedoch wird ein wichtiger Aspekt immer wieder außer Acht gelassen: Woher stammen die für die Fertigung der Windkraft-, Wasserkraft- und Photovoltaikanlagen benötigten Rohstoffe und unter welchen Umständen werden diese abgebaut? Die Studie greift diese Fragestellung mit speziellem Blick auf die Wind- und Solarbranche auf, da beide bei der deutschen Energiewende eine außerordentlich wichtige Rolle spielen. In diesem Zusammenhang geht die Studie auf folgende Fragen ein:
- Welche Rohstoffe werden bei der Herstellung von Windrädern und Photovoltaikanlagen verwendet? Auswelchen Ländern stammen die ausgewählten Rohstoffe zur Herstellung von Windrädern und Photovoltaik- Anlagen in Deutschland?
- Unter welchen menschenrechtlichen und ökologischen Bedingungen werden diese Rohstoffe in den Herkunftsländern abgebaut?
- Inwieweit werden deutsche Hersteller von Windrädern und Photovoltaik-Anlagen sowie Zulieferer ihrer menschenrechtlichen Verantwortung auf Grundlage der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte mit Bezug auf die Lieferketten dieser Rohstoffe gerecht?
- Welche Maßnahmen seitens der Unternehmen, der Politik wie auch der Konsumenten sind notwendig, um Menschenrechtsverletzungen beim Rohstoffabbau zu verhindern?
Zentrales Instrument der Studie war ein Fragebogen, der an 21 Unternehmen aus der Branche der erneuerbaren Energien geschickt wurde. An dieser Befragung haben neun Unternehmen teilgenommen. Das Ziel der Studie ist nicht, die Energiewende in irgendeiner Form in Frage zu stellen. Es steht außer Frage, dass Energieanlagen auf Basis fossiler Energieträger, unter Miteinbeziehung von Folgebetriebskosten sowie des vorausgesetzten kontinuierlichen und hohen Rohstoffeinsatzes, im Vergleich zu Anlagen regenerativer Energieformen eine wesentlich schlechtere Gesamtrohstoffbilanz aufweisen. Dennoch wird in der vorliegenden Studie vorwiegend der Rohstoffbedarf an Metallen wie Eisen, Kupfer, Seltene Erden etc. für den Bau von Energiegewinnungsanlagen aus erneuerbaren Energieträgern behandelt. Gerade weil sich MISEREOR seit Langem mit Partnern für regenerative Energien einsetzt und in zahlreichen Entwicklungs- und Schwellenländern Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien unterstützt, sind wir daran interessiert, auf mögliche Probleme und Herausforderungen in diesem Sektor hinzuweisen. Dadurch soll ein Austausch mit relevanten Entscheidungsträgern – wie Energieanbietern, Anlagenherstellern und Zulieferern – gefördert werden, um aktiv an Lösungsansätzen zu arbeiten.]
Folgt: EU-Richtlinie gefordert