High-Tech auf dem Rücken der Armen

EU-Richtlinie gefordert

Keine Rückmeldung kam etwa vom (inzwischen insolventen) Solarmodulhersteller Solarworld aus Bonn, Solarwatt aus Dresden, AEG Power Solution oder GE Renewable Energy. Auch der Ökostromanbieter EWS Schönau blieb MISEREOR eine Antwort schuldig. Allerdings verschickte MISEREOR die Fragebögen für ihre Umfrage schon 2016. Auf Nachfrage der Wirtschaftswoche etwa bei Solarworld oder Solarwatt habe man dort nicht mehr nachvollziehen können, warum die Unternehmen auf die Umfrage des Hilfswerks nicht reagiert hätten. Ausgewertet habe MISEREOR die Angaben aller 21 Unternehmen zum Thema Rohstoffbeschaffung, Überwachung der Lieferketten und dem Einhalten von Menschenrechten dann anhand öffentlich zugänglicher Informationen von diesen Herstellern und Ökostromanbietern.

MISEREOR: Unternehmen in die Verantwortung nehmen – „grünes Wachstum hat seine Schattenseiten“

Die Nachfrage nach diesen Rohstoffen werde mit Voranschreiten der Energiewende kontinuierlich steigen, so die Studie. „Bislang wird diese Problematik hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt diskutiert, ob die verfügbaren Metalle für die zur Begrenzung des Klimawandels notwendige globale Energiewende ausreichen. Zu wenig Beachtung finden hingegen die mit dem Rohstoffabbau verbundenen menschenrechtlichen und ökologischen Probleme. Dies verdeutlicht zunächst, dass auch Strom aus erneuerbaren Quellen ökologisch wie sozial nicht zum Nullkostentarif zu haben ist. Auch grünes Wachstum hat seine Schattenseiten und ist nicht der makellose Königsweg aus der globalen Umweltkrise.

Grundlegende Transformation nötig

„Wir werden nicht umhinkommen, unsere Produktions-, Verteilungs- und Konsummuster grundlegender zu transformieren, um nicht nur unser Klima, sondern auch unsere natürlichen Ressourcen sowie die Rechte der Menschen zu schützen, die von und/oder im Umfeld dieser Ressourcen leben. Notwendig ist eine grundlegende Transformation im Bereich der Mobilität ebenso wie des Konsums, der Produktion von Elektroartikeln aller Art und letztlich auch im Hinblick auf unseren Energieverbrauch. Zumindest in den bereits hoch industrialisierten Ländern wird insgesamt eine Wachstumsrücknahme unumgänglich sein, um zum einen Klima, Ressourcen und Menschenrechte zu schützen und zum anderen auch ökologische Freiräume für die notwendige wirtschaftliche Entwicklung in bisher benachteiligten Weltregionen zu schaffen.“

terre des hommes – Kinderarbeitsreport 2017

[note Eine von vielen Studien zur Kinderarbeit von terre des hommes – den direkten Zusammenhang mit Erneuerbare-Energien-Anlagen stellte bisher noch keine her.]

MISEREOR sieht denn auch „Handlungsbedarf für die Branche der erneuerbaren Energien. Beim Abbau von Rohstoffen kommt es immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen, gewaltsamen Konflikten und gravierenden Umweltschäden, wie die Fallbeispiele aus Afrika, Asien und Lateinamerika dokumentieren. Die Mehrzahl aller Menschenrechtsverstöße ereignet sich in Entwicklungs- und Schwellenländern. Damit liegt es durchaus nahe, dass auch die deutsche Wind- und Solarindustrie Metalle verwendet, die unter Verletzung ökologischer, sozialer oder menschenrechtlicher Mindeststandards abgebaut und verarbeitet werden.“

Viel zu wenig Beachtung für Wertschöpfungskette – MISEREOR fordert strenge EU-Richtline

Zwar beschäftigten sich in Deutschland viele Unternehmen in der Wind- und Photovoltaik-Industrie intensiv mit Nachhaltigkeitskriterien, handelten umweltbewusst und engagierten sich sozial, aber dennoch werde hierbei der Herkunft und den Abbaubedingungen der Rohstoffe viel zu wenig Beachtung geschenkt. Die fehlende Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht stehe im Widerspruch zu den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und den OECD-Leitlinien. Mit dieser Verantwortung und den daraus resultierenden Herausforderungen müssen sich auch die Unternehmen in den Wirtschaftssektoren der Solar- und Windenergie intensiv auseinandersetzen. Letztlich trägt jedes Unternehmen eine Verantwortung dafür, Menschenrechte zu achten. Dies erscheint umso wichtiger, da im Zuge der beschriebenen Entwicklungen die meisten Länder – und so auch Deutschland – in Zukunft immer mehr auf erneuerbare Energieträger setzen werden. Grüne Technologien und regenerative Energien müssen entlang der gesamten Produktions- und Lieferkette transparenter und vor allem sozial- und umweltverträglich werden.

Deshalb setzt sich MISEREOR aktuell für eine strenge EU-Richtline ein. Diese soll sicherstellen, dass für in die EU eingeführte Produkte, die unternehmerische Sorgfaltspflicht bereits beim Rohstoffabbau beginnt. Unternehmen sollen Verantwortung tragen für die gesamte Lieferkette ihrer Produktion – und das ohne die Kosten dafür auf die Menschen, die in den Minen arbeiten, abzuwälzen.

->Quellen: