2. Mai 2018: Erdüberlastungstag

„Als ob wir drei Erden zur Verfügung hätten“

Erstmals kommt der „deutsche Erdüberlastungstag“, der Tag, an dem wir die uns eigentlich zustehenden, natürlich verfügbaren Ressourcen aufgebraucht haben und „auf Pump“ leben, eine Woche später, so Berechnungen der Forschungsorganisation Global Footprint. Das hänge aber nicht mit ernsthaften Verbesserungen, sondern nur mit wetterbedingten Emissionsschwankungen zusammen, betonte die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch mit Verweis auf Global Footprint. Der Earth Overshoot Day 2018 wird für Ende Juli (2017: 2. August) erwartet.

Vermüllung des Planeten – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Ab dem 02.05.2018 leben die 82 Millionen Menschen in Deutschland für den Rest des Jahres nicht nur auf Kosten kommender Generationen, sondern auch der Menschen im Süden, so Germanwatch in einer Medienmitteilung: „Wäre der Ressourcenverbrauch pro Kopf der Weltbevölkerung so groß wie der in Deutschland, dann hätte sie schon bis zu diesem Zeitpunkt die regenerierbaren Ressourcen verbraucht, die ihr für das gesamte Jahr zur Verfügung stehen. Um einen solchen Verbrauch nachhaltig zu decken, bräuchten wir drei Erden. Die Menschen hierzulande leben ab dem 2. Mai daher auf Kosten kommender Generationen und der Menschen im globalen Süden, die deutlich weniger verbrauchen, aber stärker von den ökologischen Folgen betroffen sind.“

„Es ist bisher keine Trendwende bei unserem viel zu großen Ressourcenverbrauch in Sicht“, sagt Julia Otten von Germanwatch. „Der Tag zeigt, dass wir schnell unseren CO2-Ausstoß verringern Müllmüssen, der in Deutschland seit 2009 nicht mehr gesunken ist. Der ökologische Fußabdruck der Menschen und der Wirtschaft hierzulande muss deutlich kleiner werden.“ Vor allem bei den Emissionen aus der Energieversorgung und dem Verkehr bestehe dringender Handlungsbedarf.

Darüber hinaus seien der enorme Flächenbedarf für die Fleischproduktion sowie die Überlastung der Böden durch den Düngemitteleinsatz in der industriellen Landwirtschaft zentrale Faktoren, die unseren Planeten überfordern. „Die neue Bundesregierung muss die Klima- und die Agrarpolitik zusammen denken“, sagt Lena Michelsen von der entwicklungspolitischen Organisation INKOTA. „Die geplante Fusion der Agrarkonzerne Bayer und Monsanto zementiert hingegen das klimaschädliche Modell der industriellen Landwirtschaft. Durch den Einsatz von Stickstoffdünger, die Flächenumwandlung in Monokulturen und den enormen Energieaufwand wird der Klimawandel angeheizt. Die Stimme gegen das Glyphosat-Verbot im vergangenen Jahr belegt den industriefreundlichen Kurs der deutschen Agrarpolitik.“

Christine Wenzl, Leiterin für Nachhaltigkeit beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): „Bereits nach vier Monaten hat Deutschland die natürlichen erneuerbaren Ressourcen verbraucht, die uns rechnerisch für das komplette Jahr zur Verfügung stehen. Von einem nachhaltigen und verantwortungsvollen Umgang mit unserem Planeten sind wir damit weit entfernt. Stattdessen ist unser Materialverbrauch ungebremst, steigen der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen im Verkehr, setzt Deutschland weiter auf die Massentierhaltung. Auch in diesem Jahr leben wir Deutschen so, als ob wir drei Erden zur Verfügung hätten. Eine nachhaltige Entwicklung, die darauf zielt, unsere natürlichen Lebensgrundlagen hier und weltweit zu erhalten, ist mit einem ‚Weiter so‘ nicht vereinbar. Wir brauchen eine Abkehr von einer Politik, die vorrangig auf Wirtschaftswachstum setzt. Vielmehr gilt es dringend umzusteuern. Weniger Verbrauch lässt sich mit mehr Lebensqualität gut vereinbaren, wenn die Politik entsprechende Rahmenbedingungen schafft.“ (Das BUND-Dossier „Perspektive 2030: Suffizienz in der Praxis“  beleuchtet mit zahlreichen Beispielen und konkreten Vorschlägen, wie Kommunal- und Bundespolitik eine nachhaltige Entwicklung in den Bereichen Mobilität, Materialverbrauch, Energie, Landwirtschaft und Ernährung gestalten können.)

Bei Ressourcenverbrauch wie USA bräuchten wir fünf (!) Erden

Der deutsche Erdüberlastungstag verdeutlicht die ökologischen Grenzen des Planeten und zeigt, wie immens diese in Industrienationen wie Deutschland überschritten werden. Zum Vergleich: Bei einem weltweiten Ressourcenverbrauch wie heute in den USA bräuchten wir fünf Erden, bei einem wie in China 2,2, wie in Frankreich 2,8 und in Großbritannien 2,9 Erden. Die gesamte Weltbevölkerung bräuchte 1,7 Erden, um den globalen Bedarf an natürlichen Rohstoffen wie Ackerland und Wäldern nachhaltig zu decken. Der globale Erdüberlastungstag wird im August erwartet.

Der Erdüberlastungstag (global und für einzelne Länder) wird vom Global Footprint Network errechnet. Nach diesen Berechnungen sind wir weltweit seit den frühen Siebzigerjahren in einer globalen Raubbausituation. „Dieser ‚Overshoot‘ ist einer der wesentlichsten Trends, die die Zukunft der Menschheit bestimmen. Erstaunlicherweise fehlt uns das entsprechend präzise Wort auf Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch etc. Das ist, wie wenn wir von einer Krankheit befallen wären, aber der Doktor keinen Namen dafür hat, und nur eine vage Therapie“, sagt Mathis Wackernagel vom Global Footprint Network.

Zum Hintergrund: Bei der Berechnung des Erdüberlastungstages werden zwei Größen gegenübergestellt: zum einen die biologische Kapazität der Erde, Ressourcen aufzubauen und Abfälle wie CO2-Emissionen aufzunehmen (Biokapazität), zum anderen der gesamte Bedarf an nutzbaren natürlichen Ressourcen wie Wäldern, Ackerland und Flächen, den die Menschen für ihre derzeitige Lebens- und Wirtschaftsweise brauchen (ökologischer Fußabdruck). Diese ökologische Buchhaltung wird auch auf Länder angewendet, hier für den Erdüberlastungstag auf Deutschland. Er wird mit UN-Daten berechnet.

->Quellen: