China rollt E-Bus-Markt auf

Shenzhen hat 16.359 Busse auf Elektroantrieb umgestellt – Auch Taxis fahren elektrisch

Vor sieben Jahren, als der chinesische Hersteller BYD Co. bei einer Industriekonferenz in Belgien ein frühes Modell zeigte, wurden Elektrobusse als Witz angesehen. „Alle haben über BYD gelacht, weil sie ein Spielzeug hergestellt haben“, erinnert sich Isbrand Ho, der Geschäftsführer des in Shenzhen ansässigen Unternehmens in Europa. „Und schau jetzt: Jeder hat eins.“

Plötzlich zeigen batteriebetriebene Busse, dass sie den urbanen Personennahverkehr revolutionieren können. Mit China an der Spitze. Die Welt hat rund 3 Millionen Busse. Die meisten laufen mit Diesel und komprimiertem Erdgas. Die Zahlen sind umwerfend, so Bloomberg New Energy Finance. In China fuhren 2017 rund 99 Prozent der weltweit 385.000 Elektrobusse – 17 Prozent der gesamten Flotte des Landes. Alle fünf Wochen fahren 9.500 brandneue Elektrobusse auf die Straßen Chinas. Das entspricht der gesamten Londoner Busflotte, heißt es in einem am 29. 03. 2018 veröffentlichten 63seitigen Report von Bloomberg New Energy Finance.

Das führt zu spürbarem Rückgang des Kraftstoffverbrauchs – und natürlich der Abgase. Weil sie 30-mal mehr Treibstoff verbrauchen als große Pkw, ist ihr Einfluss auf den Energieverbrauch viel größer als der von Unternehmen wie Tesla bis Toyota und ihren E-Autos oder Hybriden. Doch nicht nur das. Die Fahrzeuge sind zudem im Vergleich zu den Dieselvorgängern leichter zu warten und leiser im Stadtverkehr. Um die Busse mit Strom zu versorgen, hat die Stadt 510 Ladestationen mit 8.000 Ladesäulen installiert. Sie laden die Fahrzeuge in zwei Stunden auf.

Für je 1.000 batteriebetriebene Busse auf der Straße werden nach BNEF-Berechnungen etwa 500 Barrel Dieselkraftstoff pro Tag nicht mehr gebraucht. In diesem Jahr kann diese Menge laut BNEF um 37 Prozent auf 279.000 Barrel pro Tag steigen, weil der elektrische Transport einschließlich Autos und leichte Lkw, etwa so viel fossilen Kraftstoff wie Griechenland verbraucht. Davon entfallen rund 233.000 Barrel auf Busse.

China hat bei der Elektrifizierung seiner Flotte die Nase vorn, weil es das größte Verschmutzungsproblem der Welt hat. Mit einer wachsenden städtischen Bevölkerung und einem galoppierenden Energiebedarf waren die legendären Smogs des Landes für 1,6 Millionen zusätzliche Todesfälle im Jahr 2015 verantwortlich, so der gemeinnützige Verein Berkeley Earth.

Paradebeispiel Shenzhen

Vor zehn Jahren war Shenzhen (Nachbarstadt von Hongkong) eine boomende chinesische Stadt mit einem so berüchtigten Smog, dass die Regierung 2009 ein Pilotprogramm zur Energieeinsparung und für emissionsfreie Fahrzeuge startete. Zwei Jahre später liefen dort die ersten Elektrobusse vom Band. Und im Dezember waren alle 16.359 Busse in Shenzhen elektrisch – 14.000 davon kamen von BYD, der E-Bus-Pionier produzierte 2016 13 Prozent aller chinesischen Elektrobusse. Bis jetzt hat BYD 35.000 gebaut und hat die Kapazität, jährlich 15.000 zu stemmen, sagte Ho.

Strenge Luftqualitätsziele treiben die Nachfrage nach Elektrobussen an. Die Regierung subventioniert die Betreiber beim Kauf und Einsatz neuer Flotten umweltfreundlicher öffentlicher Verkehrsmittel. Bis Ende 2016 haben sich nationale und regionale Subventionen zusammengeschlossen, um die Investitionskosten eines E-Busses unter die eines vergleichbaren Dieselbusses zu senken. Viele Städte in China sind neu, so dass die notwendige Infrastruktur für Elektrobusse von Anfang an in den Gesamtverkehrsplan integriert werden kann. In etablierteren Städten müssen die Beamten herausfinden, wie sie die benötigte Technologie assimilieren können. Einige Großstädte, wie Shanghai und Shenzhen, haben aufgehört, herkömmliche Benzinbusse zu kaufen und kaufen nur noch Strom.

BYD schätzt, dass seine Busse in zehn Jahren rund 17  Milliarden Kilometer zurückgelegt und 6,8 Milliarden Liter Treibstoff eingespart haben – laut Ho 18 Mio. t vermiedene CO2-Belastung, etwa so viel wie 3,8 Millionen Autos pro Jahr. Das nahmen andere Städte zur Kenntnis: Paris, London, Mexiko-Stadt und Los Angeles gehören zu den 13 Stadtverwaltungen, die sich verpflichtet haben, bis 2025 nur emissionsfreie Transportmittel anzuschaffen.

London verändert langsam seine Flotte. Derzeit werden vier Strecken in der Innenstadt auf Strom umgestellt. Bis 2037 sollen alle emissionsfrei sein. Das wird sich auf den Kraftstoffverbrauch auswirken. Das Londoner Netz schluckt jährlich etwa 1,5 Millionen Barrel Diesel – nach der Elektrifizierung 430 Fässer Diesel pro Tag für je 1.000 elektrisch betriebene Busse weniger. Bloomberg titelt denn auch: „Electric Buses are hurting the Oil Industry“.

China will marktführender E-Bus-Exporteur bleiben. Es baut bereits heute mehr als jedes andere Land und wird neue Märkte erschließen, wenn die Städte weltweit Reger zur Senkung der Fahrzeugemissionen und Verbesserung der Luftqualität erlassen. Europa und die USA haben noch einen langen Weg vor sich, wenn sie China einholen wollen.

[note Nur 1,6% aller Stadtbusse in Europa sind elektrisch. In den USA sind es nur etwa 0,5%. Der globale E-Bus-Markt verändert sich jedoch. Der Verkehr ist weltweit für rund 23% der energiebedingten CO2-Emissionen verantwortlich. Elektrofahrzeuge gelten weithin als die Lösung. Zudem machen sinkende Batteriepreise Elektrobusse wirtschaftlich attraktiver. Eines der größten Hindernisse für Städte, die sich für den Einsatz von Elektrobussen entscheiden, ist, dass sie wesentlich teurer in der Anschaffung und im Betrieb sind als herkömmliche Diesel- oder Erdgasbusse. Sie stellen eine große Vorleistung für die städtischen Haushalte dar. Derzeit machen Batterien etwa ein Viertel des Buspreises aus, aber der Bericht besagt, dass die Kosten für Batterien in den nächsten Jahren auf etwa 8% des Gesamtpreises sinken werden.]

E-Busse können zwar den Städten helfen, wieder leichter zu atmen, aber der Ausbau der E-Fahrzeugindustrie bringt neue Herausforderungen mit sich. Denn der für die Batterieproduktion unerlässliche Abbau von Kobalt ist umwelt- und gesundheitsbelastend, bis hin zu Berichten über Kinderarbeit im Kobaltabbau. Darüber hinaus wird die elektrische Aufladung von Millionen von Fahrzeugen den Energiebedarf erhöhen, so dass der End-to-End-Prozess des Betriebs von E-Bussen mehr Strom aus sauberen, erneuerbaren Quellen benötigt.

[note Der Energie-Experte Karlheinz Remmers via Twitter: „China: 9500 neue Elektrobusse pro Woche! Warum in der EU weder Politik noch Gesellschaft begreifen, dass es hier nicht „nur“ um Öko oder bessere Luft geht, sondern um Technologieführerschaft? Inkl. Produktion, usw.- wollen wir keine Busproduktion in der EU?“]

->Quellen: