Macht Klimawandel Great Barrier Reef endgültig den Garaus?

Korallen trotzten 30.000 Jahre lang Schwankungen des Meeresspiegels – zur Erderwärmung kommt Mikroplastik dazu

Das berühmte Touristenziel Great Barrier Reef vor Australien hat sich in 30.000 Jahren mindestens fünf Mal von einer fast völligen Zerstörung erholt. Australische Wissenschaftler berichteten der FAZ zufolge am 28.05.2018 in der Fachzeitschrift Nature Geoscience, das riesige Korallenriff sei infolge von Meeresspiegelswchwankungen mehrfach fast komplett abgestorben. Jetzt aber sei es durch den Klimawandel endgültig in Gefahr – verstärkt durch Mikroplastik, wie Universität Gießen meldet.

Noch intakte Korallen – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Durch Klimaveränderungen seien große Teile des Riffs entweder zu tief unter Wasser geraten oder oberhalb des Meeresspiegels gelegen. Die Korallen hätten sich aber immer wieder ausbreiten können. Für ihre Studie hatten die Forscher mittels entnommener Bohrkerne die Bewegungen des Riffs über längere Zeiträume analysiert. Demnach seien die Korallen pro Jahr bis zu eineinhalb Metern gewandert.

Klimawandel bedrohlich

Damit bezweifeln die Wissenschaftler, ob die Widerstandsfähigkeit des Korallenriffs auch gegen die massive Bedrohung durch den Klimawandel ausreicht. Die Wassertemperatur steige derzeit und das Meerwasser versauere zu schnell. Die Korallen hätten wahrscheinlich noch nie Temperatur- und Ph-Wert-Veränderungen „in solcher Geschwindigkeit“ erlebt, sagte der an der Untersuchung beteiligte Forscher Jody Webster der Nachrichtenagentur AFP.

„Ich habe große Bedenken, dass das Riff in seiner jetzigen Form das Tempo der Veränderungen überlebt, die durch die zahlreichen Stressfaktoren ausgelöst werden, die schon wirken oder in naher Zukunft noch dazukommen“, so der Wissenschaftler von der Universität Sydney.

Das 2.300 Kilometer lange Great Barrier Reef vor der Nordostküste Australiens leidet an einer tödlichen Korallenbleiche – noch beherbergt es eine einzigartige Tier- und Pflanzenwelt und gehört seit 1981 zum Weltnaturerbe. Darüber hinaus wird es von korallenfressenden Seesterne massiv geschädigt, die sich durch Abwässer aus der Landwirtschaft zuletzt stark vermehrt haben.

Korallenbleiche 2016 besonders verheerend

Erst am 16.04.2018 hatten Experten in einer Studie in der Zeitschrift Nature („Global warming transforms coral reef assemblages“) darauf hingewiesen, dass die Korallenbleiche am Great Barrier Reef 2016 während einer Hitzewelle besonders verheerend war. 30 Prozent der Korallen starben demnach ab. Die Wissenschafter forderten drastische Schutzmaßnahmen zur Rettung des Riffs.

Zusätzliche Gefahr durch Mikroplastik

Zusaätzlich zum Klimawandel gefährdet die zunehmende Verschmutzung der Meere mit Plastikmüll die Korallen. Forscher der Justus-Liebig-Universität Gießen haben erstmals die Auswirkungen von Mikroplastikpartikeln auf sechs weit verbreitete Korallenarten untersucht und in der Zeitschrift Environmental Pollution veröffentlicht.

Plastikflaschen, Beutel und Verpackungen sind heute in fast jedem Riff zu finden. Mikrokunststoffe – winzige Kunststofffragmente von weniger als fünf Millimetern Größe – fallen weniger auf, sind aber ebenso weit verbreitet und potenziell gefährlicher. Für die Studie wurden Korallen unter Laborbedingungen erhöhten Konzentrationen von Mikrokunststoffen ausgesetzt und die Reaktionen dokumentiert. Dabei zeigte sich, dass die Korallen häufig mit den Plastikpartikeln interagieren und manche sie sogar mit Futter verwechseln. Andere Korallen reagierten vermehrt mit Schleimproduktion und anderen Abwehrreaktionen. Nach vier Wochen traten bei fünf der sechs untersuchten Arten erste Anzeichen von Gesundheitsbeeinträchtigungen wie Bleiche und das Absterben von Gewebe auf. Weitere Studien müssen nun zeigen, ob negative Effekte auch bei den aktuell in den Meeren nachzuweisenden Mikroplastikkonzentrationen zu verzeichnen sind und welche Langzeitwirkung Mikroplastik auf Korallen hat.

„Unsere Studie weist klar darauf hin, dass Mikroplastik einen weiteren menschengemachten Stressfaktor für Korallen darstellt und damit sehr wahrscheinlich zum weiteren Rückgang der Korallenriffe auf der Erde beitragen wird“, so Erstautorin Jessica Reichert. Die Studie ist Teil des in Gießen angesiedelten „Ocean 2100“-Projekts, bei dem Doktoranden des deutsch-kolumbianischen Exzellenzzentrums für Meeresforschung CEMarin (Center of Excellence in Marine Sciences) die Auswirkungen des Klimawandels auf riffbildende Steinkorallen untersuchen. Dazu werden die Bedingungen im Jahr 2100 in Versuchstanks am Interdisziplinären Forschungszentrum (iFZ) simuliert, indem verschiedene Parameter wie Temperatur und Säuregehalt des Wassers langsam auf die zu erwartenden Werte eingestellt werden.

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