Verkehr große Herausforderung
Wir müssen aber auch andere Bereiche in den Blick nehmen. Unser großes Sorgenkind in Deutschland ist der Verkehr – das muss man sagen. Wir haben auch durch unsere geografische Lage viel Transitverkehr. Insofern wird alles, was durch modernere Technologien eingespart wird, durch mehr Verkehr kompensiert. Deshalb ist das für uns eine der großen Herausforderungen.
Ich komme auf die konsensorientierte Vorgehensweise zurück, von der wir in der Tat auch in Deutschland eine Menge lernen könnten. Das Motto Ihres Petersberger Klimadialogs „Changing together for a just transition“ spiegelt ja auch genau wider, wie wir vorgehen müssen; und zwar auch auf der europäischen Ebene. Das EU-Ziel für 2030, die Treibhausgase gegenüber 1990 um mindestens 40 Prozent zu reduzieren, ist für uns natürlich wichtig.
Wir haben den Emissionshandel reformiert und das EU-Ziel unter den Mitgliedstaaten auch für die Bereiche aufgeteilt, die nicht vom Emissionshandel erfasst sind. Das heißt, Europa hat einen verbindlichen Rechtsrahmen, um den EU-Beitrag zur Umsetzung des Pariser Abkommens gewährleisten zu können. Damit sind wir schon ein ganzes Stück vorangekommen. Aber die Arbeit ist damit noch nicht getan. Denn die Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament und die Europäische Kommission arbeiten jetzt an Instrumenten und Maßnahmen, um zum Beispiel erneuerbare Energien und Energieeffizienz weiter voranzutreiben.
Was man zugeben muss, ist, dass wir in Europa leider nicht alle Bereiche in den Emissionshandel einbezogen haben. So haben wir also eine Mischung aus marktorientierten Instrumenten, zum Teil steuerlichen Maßnahmen und dann das Ordnungsrecht. Zum Beispiel ist im Verkehrsbereich das Ordnungsrecht ganz vorne; und im industriellen Bereich ist der Handel ganz weit vorne. Das ist sicherlich noch nicht das Nonplusultra einer kohärenten Instrumentensammlung, aber wir müssen erst einmal mit dem arbeiten, was wir jetzt haben.
Schlafender Riese energetische Gebäudesanierung
Eine langfristige Klimaschutzstrategie wird stark davon abhängen, wie die mittelfristige Finanzielle Vorausschau für die Europäische Union aussieht. Die Kommission hat vorgeschlagen, dass 25 Prozent aller Mittel des EU-Haushalts für Klimaschutzausgaben vorzusehen sind. Das ist ein ambitionierter und guter Einstieg. Wir müssen aber auch darauf achten, dass neben dem Einsatz öffentlicher Gelder vor allen Dingen auch private Investitionen in den Klimaschutz gefördert werden. Wir haben zum Beispiel in Deutschland eine Art politischen Dauerbrenner, wie man sagen muss, nämlich die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung. Wir haben einen großen Altbaubestand. Der ist nach wie vor der schlafende Riese der Möglichkeiten, den CO2-Ausstoß zu mindern. Aber das ist auch eines der Projekte der neuen Regierung.
Wir müssen zur Umsetzung des Pariser Abkommens auch über die Europäische Union hinaus weltweit die Finanzflüsse mit einer möglichst klimagerechten Entwicklung in Einklang bringen. Dafür müssen wir uns auf allen Ebenen einsetzen. Ich möchte mich ganz besonders bei der Weltbank bedanken. Sie hat mit der vereinbarten Kapitalerhöhung auch zugesagt, ihr Engagement bei der Klimafinanzierung zu verstärken und auszuweiten. Für Deutschland kann ich sagen: Wir stehen zum gemeinsamen Ziel der Industrieländer, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für Entwicklungsländer zu mobilisieren, denen selbst die Mittel fehlen, die aber in besonderer Weise vom Klimawandel betroffen sind. Deshalb stehen wir auch zu unserer Zusage, dass wir die öffentliche Klimafinanzierung bis 2020, bezogen auf das Jahr 2014, verdoppeln wollen. Ich erinnere mich noch daran, dass ich zum ersten Mal Ihrer Vorgängerin auch hier an diesem Ort zugesagt habe, dass auch ich hinter diesem Ziel stehe.
Wir werben für eine substanzielle Wiederauffüllung des Grünen Klimafonds. Das unterstreichen wir auch durch unseren eigenen Beitrag. Wir glauben, dass dieser Fonds von zentraler Bedeutung für den Erfolg des Pariser Abkommens ist. Denn dessen Ziele können wir nur gemeinsam mit den Entwicklungsländern erreichen. Gemeinsamkeit demonstrieren wir ja auch in der NDC-Partnerschaft – Sie sind hier alle Kenner der Materie; aber für andere sei gesagt, dass es hierbei um national bestimmte Beiträge geht –, die mittlerweile auf 89 Länder angewachsen ist. Wir unterstützen die Umsetzung nationaler Beiträge, zum Beispiel in Marokko, Indien oder Brasilien, wo wir Investitionen in Solarthermie fördern, sowie in Indonesien und Kolumbien, wo wir mithelfen, klimafreundliche Verkehrssysteme zu entwickeln. Ich glaube, von solchen Beispielen kann man gar nicht genug haben.