Emissionsarme Hochseeschifffahrt

Grazer Forscher „übernehmen europaweit das Steuer“

Kreuzfahrtschiffe und große Containerschiffe zählen laut UN zu den Hauptemittenden von Treibhausgasen (THG). Allein die Mathilde Maersk, derzeit eines der weltgrößten Containerschiffe, emittiert auf Fahrten zwischen China und Europa so viel wie ein mittelgroßes Kohle-Kraftwerk. 90 Prozent der großen Schiffe fahren zudem noch immer mit Schweröl, was aufgrund des Schwefelgehaltes auch zu sehr hohen SO2-Emissionen führt. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Dem wollen Forscher weitab jeden Ozeans abhelfen: Ingenieure der Technischen Universität Graz entwickeln Groß-Motoren auf Wasserstoffbasis.

Eine Medienmitteilung der TU Graz: „Ein Paukenschlag gegen verkehrsbedingte Luftverschmutzung: Minus 97 Prozent Treibhausgasemissionen bei höchster Energieeffizienz ist das Ziel des europaweiten Innovationsprojekts HyMethShip, das mit 9,2 Millionen Euro dotiert ist. Das Steuer des Marineforschungsprojektes befindet sich in Graz und Göteborg (TU Chalmers)  – der Kapitän ist das Großmotorenforschungszentrum LEC an der TU Graz. Rund 80 Prozent der weltweiten Fracht-Transportkilometer entfällt auf den Schiffstransport und auch bei Touristen wird Schifffahrt zunehmend beliebt.

LEC holt 9,2 Millionen-Euro-Projekt nach Graz

Federführend im Bereich der umweltfreundlichen Alternativen ist man nicht in einer großen Hafenstadt, wie man vermuten könnte, sondern fernab der Meeresgrenzen: in Graz am Large Engines Competence Center, kurz LEC. Österreichs führende Forschungseinrichtung für Großmotorentechno-logie und COMET-K1-Zentrum, das an der TU Graz angesiedelt ist, hat ein mit 9,2 Millionen Euro dotiertes Forschungsprojekt nach Graz geholt: das europaweite Innovationsprojekt HyMethShip. Da in der Ausschreibung des EU-Programms Horizon 2020 mit dem Schwerpunkt Marine hohe Anforderungen in Bezug auf Effizienzsteigerung und Emissionsreduktion gefordert waren, galten sehr strenge Vergabekriterien. Unter 26 Einreichungen wurden nur 2 Projekte als hochinnovativ bewertet, darunter HyMethShip. Die Exzellenz des Projekts, für das das LEC als Koordinator fungiert und verantwortlich für die technologische Umsetzung ist, wurde von der Jury besonders betont.

Andreas Wimmer, Geschäftsführer des LEC und stellvertretender Leiter des Instituts für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik (IVT) an der TU Graz zitiert die EU-Projekt-Jury in der Exzellenz, Wirksamkeit und Umsetzbarkeit des Projekts betont werden: „Das Innovationspotenzial und das Ausmaß, mit welchem das Projekt über den Stand der Technik hinausgeht, ist hervorragend. In HyMethShip werden Technologien optimiert und eingesetzt werden, die bis dato noch nicht für die Schifffahrt genutzt wurden und das Potenzial haben, die Schwefel- und CO2-Emissionen zu eliminieren.“

Minus 97 Prozent CO2 und höhere Energieeffizienz

Das Ziel des Projekts: drastische Reduktion von Treibhausgasemissionen im Marinebereich. In Zahlen ausgedrückt heißt das: Minus 97 % CO2 und minus 80 % NOx – bei einem Plus von 45 Prozent im Bereich Energieeffizienz im Vergleich zu anderen innovativen Technologien zur CO2-Abscheidung. „Nahezu Emissionsfreiheit und höhere Energieeffizienz sind kein Widerspruch, ganz im Gegenteil“, erläutert Wimmer.

Innovatives Gesamtsystem – H2-Produktion an Bord

Das HyMethShip-Konzept kombiniert einen Membranreaktor, ein System zur CO2-Abscheidung, ein Speichersystem für CO2 und Methanol und einen Wasserstoffverbrennungsmotor zu einem innovativen Gesamtsystem. Wasserstoff wird an Bord des Schiffes durch Methanol-Reformierung hergestellt und in einem konventionellen Hubkolbenmotor, der für den Betrieb mit verschiedenen Kraftstoffen modifiziert und speziell für den Wasserstoffbetrieb optimiert wurde, nahezu ohne CO2-Emissionen zu verursachen, verbrannt.

Schlagkräftiges Konsortium

Neben LEC und TU Graz ebenfalls Teil des schlagkräftigen Konsortiums aus sechs EU-Mitgliedsstaaten sind Komponenten- und Anlagenhersteller, eine Werft, eine Reederei, eine Klassifizierungsgesellschaft und renommierte wissenschaftliche Partner. Durch den hohen Anteil an Industriepartnern, die in der Lage sind das Gesamtsystem darzustellen, soll sichergestellt werden, dass die im Projekt entwickelten Innovationen auf den Markt gelangen und sich dort etablieren.

Die Konsortiumspartner im Überblick

  • LEC GmbH (Projektkoordinator)
  • GE Jenbacher GmbH & Co OG
  • Fraunhofer IKTS
  • Chalmers Tekniska Hoeskola AB
  • SSPA Sweden AB
  • Lloyd’s Register IMEA IPS
  • SE.S
  • Colibri bv
  • Exmar Marine NV
  • Technische Universität Graz
  • MUW Screentec GmbH
  • MEYER WERFT GmbH & Co. KG
  • HOERBIGER Ventilwerke GmbH & Co OG

HyMethShip spielt fundamentale Rolle

Peter Steinrueck von HOERBIGER Division Engines, LEC-Eigentümervertreter und Konsortiumspartner verweist auf die große Relevanz der Konsortiums-Zusammenstellung: „Auf der einen Seite erfordern alle derzeit denkbaren Lösungen ein neues Gesamtsystem, von der Herstellung des Energieträgers, über dessen Verteilung, zur Betankung, On-Board Lagerung und letztendlich der energetischen Nutzung. Auf der anderen Seite sind anspruchsvolle Sicherheitsfragen in aufwendigen Zulassungsverfahren zu klären. Ein komplexes Ecosystem von Partnern muss hinreichenden Nutzen erkennen und sich zu einem Partnernetzwerk zusammenschließen. Dass dies möglich ist, zeigt die Zusammensetzung des HyMethShip Konsortiums.“ Auch brauche es noch viel Überzeugungsarbeit, was alternative Antriebssysteme betrifft. „Die Durchsetzung von neuen – emissionsarmen bzw. emissionsfreien – Technologien liegt in der Hand von staatlichen Regulierungen. Diese werden aber nur sehr schleppend den Notwendigkeiten des Klima- und Umweltschutzes nachgezogen, es ist noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Projekte wie HyMethShip, die technisch und wirtschaftlich vertretbare Lösungen aufzeigen, werden hier eine fundamentale Rolle spielen.“ In zehn bis 15 Jahren sollen die ersten Schiffe mit Wasserstoffmotoren aus Graz unterwegs sein.

->Quellen: