Neue Solartechnik für die Energiewende

Eine Million Euro Förderung für deutsch-Französische Forschungsinitiative

Ein neues Forschungsprojekt der Universität Jena mit dem Titel „Quest for Energy“ (Suche nach Energie) soll einer Medienmitteilung zufolge den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft beschleunigen helfen. Mit Unterstützung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) wollen die Jenaer Physiker eine kaum untersuchte Werkstoffklasse, die so genannten Übergangsmetall-Dichalcogenide (TMDs), auf ihre Eignung für Solarzellen untersuchen. Ihr Forschungsvorhaben wird im Rahmen der deutsch-französischen Forschungsinitiative „Make our planet great again“ bis 2022 mit knapp einer Million Euro gefördert.

Dach des Berliner Futurium mit PV und Solarthermie – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Dass es an der Umsetzung der Klimaziele hapere, sei nicht allein fehlendem politischen Willen geschuldet, sagt Michael Zürch vom Institut für Optik und Quantenelektronik an der Jenaer Friedrich-Schiller-Universität: „Die Energiewende ließe sich mit Sicherheit beschleunigen, wenn wir bessere Solartechnik hätten“, sagt der Physiker, der in Jena promovierte und seit 2015 in Berkeley/Kalifornien geforscht hat. Zürch verweist darauf, dass heutige Solarmodule auf Silizium-Basis maximal 20 Prozent Wirkungsgrad haben. Anders ausgedrückt: Rund drei Viertel der Sonnenenergie lässt sich mit den heutigen Modulen überhaupt nicht nutzen. „Wir brauchen Alternativen zu Silizium, die eine effizientere Umwandlung von Sonnenenergie in Strom ermöglichen“, so Zürch.

Diese neuen Materialien will er in den kommenden vier Jahren intensiv in den Blick nehmen: Mit Kollegen am Lehrstuhl für Quantenelektronik der Uni Jena sowie mit französischen und amerikanischen Partnern startete er am 01.07.2018 sein Forschungsprojekt.

Zweidimensionale Halbleiter-Nanomaterialien sollen Silizium ablösen

Eine vielversprechende Materialklasse, die Silizium in Solarmodulen ablösen könnte, sind Halbleiter-Nanomaterialien, wie Prof. Christian Spielmann erläutert. „Diese nur wenige Atomlagen dünnen zweidimensionalen Schichten besitzen ganz außergewöhnliche optische und elektronische Eigenschaften, die sie als Halbleiter bestens geeignet machen“, so der Physiker, in dessen Team Zürchs Projekt angesiedelt ist.

Bekanntestes Beispiel solcher 2D-Nanomaterialien ist Graphen. Die Jenaer Physiker wollen jedoch eine neue, bislang kaum untersuchte Klasse dieser Materialien unter die Lupe nehmen: sogenannte Übergangsmetall-Dichalcogenide. „Dabei handelt es sich um Verbundmaterialien, die je nach Zusammensetzung in ihren Eigenschaften variieren und so für verschiedene Anwendungen maßgeschneidert werden könnten“, erläutert Zürch. Allerdings sei bisher nur wenig über die fundamentalen Vorgänge in diesen Materialien bekannt, wenn sie mit Licht wechselwirken. Aufgrund ihrer speziellen Nanoeigenschaften laufen die physikalischen Prozesse in diesen Materialien besonders schnell ab. Diese wollen die Physiker nun im Detail untersuchen, um ihre Eignung als Solarmaterial zu prüfen. „Uns geht es konkret darum, die Ladungsträger – sprich die Elektronen – in dem Material zu beobachten, wenn sie mit Licht beleuchtet werden.“ Das soll mit Hilfe eines leistungsfähigen Ultrakurzpuls-Lasers passieren, der die extrem schnellen Bewegungen der Elektronen in Momentaufnahmen von wenigen Hundert Attosekunden Länge erfasst. Eine Attosekunde ist eine Trillionstel Sekunde – der kurze Moment, den es dauert, wenn Lichtteilchen die Länge eines Wassermoleküls passieren.

Die Arbeit der Jenaer Physiker sei zunächst „lupenreine Grundlagenforschung“ (Zürch). „Doch langfristig können wir so vielleicht den Weg für einen zielgerichteten Einsatz solcher Verbundmaterialien in der Solartechnik ebnen und die Energiewende tatsächlich voranbringen.“

Forschungsinitiative für Pariser Klimaabkommen gestartet – Wissenschaftler starten Projekte zu Klima-, Energie- und Erdsystemforschung.

„Deutschland stärkt die Forschung zum Klimawandel in einer gemeinsamen Initiative mit Frankreich. Eine Expertenjury des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) hat jetzt 13 renommierte internationale Forscherinnen und Forscher als Projektleiter in Deutschland ausgewählt. Sie sind Teil des deutsch-französischen Programms ‚Make Our Planet Great Again‘, das beide Regierungen nach dem Pariser Klimaabkommen vereinbart haben. Von den 13 für Deutschland ausgewählten Wissenschaftlern kommen sieben aus den USA, zwei waren zuletzt in Großbritannien tätig und jeweils einer in der Schweiz, Kanada, Südkorea und Australien. Sie wurden aus rund 300 Bewerbungen in den Bereichen „Climate Change“ und „Earth System Research“ und „Energy Transition“ ausgewählt. Die Teilnehmer bauen in den kommenden Monaten an der jeweiligen Universität oder außeruniversitären Forschungseinrichtung ihre eigene Forschungsgruppe auf. Darüber hinaus sind mit den in Frankreich ausgewählten Forscherinnen und Forschern regelmäßige Treffen und Konferenzen geplant. Dadurch wird gleichzeitig die deutsch-französische Forschungskooperation ausgebaut. Das Programm ist auf insgesamt fünf Jahre angelegt und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 15 Millionen Euro finanziert.

Die Ausgewählten

1. Bereich „Climate Change“

  • Jed Kaplan – „Feedbacks between land cover, people, and climate in the seasonally arid tropics (MONSOON)“, Universität Augsburg
  • Matthias Tesche – „Particles in Aerosol Cloud Interactions: Stratification, CCN/INP concentrations, and Cloud Lifecycle (PACIFIC)“, Universität Leipzig
  • Anna Possner – „Organisation and Cloud-Radiative Properties of Low-Level Mixed-Phase Clouds“, Universität Frankfurt a.M.
  • Clemens Scheer – „Climate change, reactive nitrogen, denitrification and N2O: Identifying sustainable solutions for the globe”, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

2. Bereich „Energy Transition“

  • Andreas Goldthau – „Investigating the systemic impacts of the global energy transition (ISIGET)”, Potsdam Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS)
  • Heechae Choi – „Amorphous-crystal junctioned semiconductor: a new class of photocatalytic material with high activity and cost-effectiveness”, Universität Köln
  • Michael Zürch – „Quantifying ultrafast non-equilibrium dynamics in semiconductor quantum nanomaterials (QUESTforENERGY)”, Universität Jena
  • Eric Hill – „Nanocomposites and Materials for Energy Solutions”, Technische Universität Hamburg-Harburg
  • Yutsung Tsai – „Lateral multi-junctions of 2-D transition metal dichalcogenides as optoelectronic platform for transparent photovoltaics“, Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie

3. Bereich „Earth System Research“

  • Gayane Asatryan – „Polar Oceans, Plankton and Oceanic Carbon Sequestration in a warm high pCO² world”, Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung, Berlin
  • Christina Richards – „Genomics and Epigenomics of Plant Invasion“, Universität Tübingen
  • Henry C. Wu – „Ocean Acidification Crisis and global warming observations from tropical corals (OASIS)“, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT), Bremen
  • Helmuth Thomas – „The Ocean’s Alkalinity: Connecting geological and metabolic processes and time-scales“, Helmholtz-Zentrum Geesthacht – Zentrum für Material- und Küstenforschung (HZG), Geesthacht (nach: daad.de/forschungsinitiative-fuer-pariser-klimaabkommen-gestartet)

->Quellen: