Paris würde dank reduzierter Wärmebelastung durch 1,5-Grad-Grenze extreme, hitzebedingte Mortalität senken
Forscher aus Großbritannien, Norwegen, den USA, Kanada und der Schweiz um den Engländer Daniel Mitchell haben herausgefunden, dass in wichtigen europäischen Städten eine Begrenzung der Klimaerwärmung auf 1,5 °C die extreme hitzebedingte Mortalität um 15-22 % gegenüber 2 °C senken würde. Eine andere ebenfalls in der Fachzeitschrift Nature publizierte Analyse des Australiers Andrew D. King et al. zeigt, dass die Europäer in einer 2° C-Welt häufigere und intensivere Hitzeextreme erleben würden als in einer 1,5° C-Welt. Schlussfolgerung: „Die Vorteile einer Begrenzung der globalen Erwärmung auf das niedrigere Ziel von 1,5 °C sind im Hinblick auf die Wärmebelastung der Bevölkerung beträchtlich und sollten die Länder dazu veranlassen, sich um größere Emissionsreduktionen zu bemühen“.
Seit dem Abschluss des Pariser Abkommens im Dezember 2015 gibt es in der wissenschaftlichen Gemeinschaft Bestrebungen, die Auswirkungen der globalen Erwärmung auf die Grenzwerte von 1,5 °C und 2 °C über dem vorindustriellen Niveau zu verstehen. Ein Sonderbericht über die Wege zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C und die damit verbundenen Auswirkungen dieser Grenze wird vom IPCC erstellt.
Die Forschung hat sich bisher auf Veränderungen in verschiedenen Arten von Klimaextremen weltweit oder regional konzentriert, indem sie Modellexperimente entwickelte, um Unterschiede herzuleiten zwischen den beiden Erwärmungszielen oder den Emissionen und Erwärmungstrajektorien, die mit dem Erreichen oder Überschreiten der 1,5 °C-Grenze verbunden sind. Mitchell et al. zeigen, dass der Anteil der Bevölkerung, der den heißen Sommern ausgesetzt ist, von 1,5 °C Erwärmung auf 2 °C dramatisch ansteigt. In der Vergangenheit wurde die Rekordhitze im Sommer in Europa mit starken Hitzewellen in Verbindung gebracht, die zu Tausenden von Todesfällen führten, wenn auch mit einer hohen Variabilität der Auswirkungen zwischen den Ereignissen – zum Teil aufgrund nicht klimatischer Faktoren. Dennoch muss die globale Erwärmung begrenzt werden, um die Exposition des Menschen gegenüber historisch beispielloser Hitze zu verringern.
Heißer werdende Sommer
Die Menschen neigen dazu, sich an rekordverdächtige heiße Sommer zu erinnern, und solche Extreme werden vor allem in Europa über einen langen Zeitraum hinweg gut beobachtet, was einen nützlichen Maßstab für die Untersuchung zukünftiger Klimaextreme darstellt. Die wärmsten beobachteten Sommer (Juni-August) in Europa von 1950-2017 sind mit Durchschnittstemperaturen unter 15 °C in Teilen Skandinaviens, Schottlands und der Alpen verbunden, die in weiten Teilen des Mittelmeers auf über 25 °C ansteigen (Abb. 1a). Da Populationen und Ökosysteme gut an Temperaturschwankungen an ihren Standorten akklimatisiert sind, können sommerliche Temperaturen, die diese beobachteten Rekorde überschreiten, auch dort, wo sie relativ niedrig sind – in Nordeuropa zum Beispiel im Vergleich zu Spanien und Italien – fatale Folgen haben.
Zusammenhang zwischen Durchschnittstemperatur und Extremwerten: Am häufigsten treten gewöhnliche Temperaturen in der Nähe der Durchschnittstemperatur auf (Mitte der Grafik). Besonders kalte oder heiße Ereignisse (an den Rändern) sind seltener, und deshalb ist die Kurve an den Rändern viel flacher. Diese Verteilung entspricht der sogenannten Gaußschen Normalverteilung (auch Gaußsche Kurve oder Gauß-Glocke). Mit der Erderwärmung rückt die Durchschnittstemperatur in Richtung der wärmeren Werte; die gesamte ‚Glocke‘ verschiebt sich ebenfalls hin zur Hitze. Deshalb werden nicht nur die gewöhnlichen Tage wärmer, sondern die heißen Tage werden noch heißer. Klirrend kalte Tage werden hingegen seltener. (nach wetter.de)
Für die Mehrheit der Europäer waren die heißesten Sommer seit 1950 nach 2000 zu verzeichnen, wobei die Sommer 2003 und 2006 die heißesten über weiten Teilen Westeuropas waren, während 2010 die heißesten weiter östlich stattfanden. Es gibt jedoch Ausnahmen, z.B. in Süd- und Mittelengland – hier war der heißeste Sommer 1976. Alle genannten Sommer waren mit kürzeren Zeiten rekordverdächtiger extremer Temperaturen und großen Auswirkungen verbunden, wie z.B. Todesfälle durch Überhitzung in Westeuropa im Jahr 2003, Waldbrände in Russland im Jahr 2010 und schwere Dürre in England im Jahr 1976.
Schon bei einer Erwärmung auf weniger als 1,5°C ‚alle zwei Jahre‘ beispiellose Sommerhitze in Europa
2003 und 2010 starben Zehntausende Menschen in ganz Europa an hohen Temperaturen, während die Hitzewelle „Luzifer“ 2017 Waldbrände entfachte und die landwirtschaftliche Produktion in einigen Ländern fast halbierte. Mit dem Pariser Abkommen verankerten internationalen Bestreben, den globalen Temperaturanstieg auf „deutlich unter“ 2 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, haben Andrew King et al. untersucht, welche Auswirkungen die Erwärmung auf die europäischen Sommertemperaturen haben könnte. Die in Nature Climate Change veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass mehr als 100 Millionen Europäer in der Regel extreme Sommerhitze erleben werden, die unter 1,5 °C alle zwei Jahre oder unter 2 °C in zwei von drei Jahren den Rekordwert von 1950-2017 übersteigen wird.