Anzeichen für Solarzellen-Effizienz auf atomarer Ebene gefunden

Studie bietet neue Einblicke in vielversprechendes Solarzellenmaterial – „Rashba-Effekt“ entlarft

In den vergangenen zehn Jahren hat eine Familie von Materialien namens Metall-Halogenid-Perowskite, die Sonnenlicht effizient in Strom umwandeln können, die Solarzellenforschung aufgemischt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Silizium-Solarzellen müssen Perowskite nicht unter hohen Temperaturen und mit hoher Reinheit hergestellt werden, wodurch sie vergleichsweise billiger und einfacher zu verarbeiten sind. Noch wichtiger ist, dass sich der Wirkungsgrad von Perowskit-Solarzellen – ein Maß dafür, wie viel Sonnenenergie sie in Strom umwandeln – seit 2009 fast versechsfacht hat, auf mehr als 20 Prozent. Dieser Effizienzsprung ist von keinem anderen Solarzellenmaterial erreicht – aber auch nicht hinreichend erklärt worden. Am Californian Institute of Technology (Caltech) ist man der Sache nachgegangen.

Perowskit-Solarzelle im HZB-Institut für Si-PV – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Die siliziumbasierten Solartechnologien, die es seit den 70er Jahren gibt, haben ähnliche Wirkungsgrade – etwa 20-25 Prozent. „Obwohl es sich um eine relativ neue Technologie handelt, sind Perowskit-Solarzellen heute fast so effizient wie Solarzellenmaterialien, die es schon seit Jahrzehnten gibt. Aber wir wissen immer noch nicht, warum Perowskit-Solarzellen so gut funktionieren“, sagt Marco Bernardi, Assistenzprofessor für angewandte Physik und Materialwissenschaften in Caltechs Fachbereich Technik und Angewandte Wissenschaften. Das Verständnis der Antwort auf diese Frage könnte helfen, das wahre Potenzial der Perowskit-Solarzellen zu erschließen und es den Forschern auch ermöglichen, zu wissen, worauf sie bei der Bewertung von Materialien für Solarenergieanwendungen achten müssen.

„Rashba-Effekt“

Ein allgemein anerkannter, aber unbewiesener Glaube an die physikalisch-technischen Gegebenheiten war es bisher, dass der Erfolg von Metall-Halogenid-Perowskiten auf ein Phänomen zurückzuführen sei, das als „Rashba-Effekt“ bezeichnet wird und die Bewegung von Elektronen durch ein Material beeinflusst. Wenn Sonnenlicht in einer Solarzelle auf ein photovoltaisches Material trifft, regt es Elektronen an, die durch das Material fließen und letztlich Strom erzeugen. Ein ausgeprägter Rashba-Effekt kann zu einer langen Lebensdauer der angeregten Elektronen führen, d.h. sie können weiter über das Material fließen, was die Stromerzeugung erleichtert und den Gesamtwirkungsgrad des Materials verbessert.

Um zu erforschen, ob der Rashba-Effekt in Perowskit tatsächlich im Spiel ist, hat sich Bernardi mit dem Caltech-Physikprofessor David Hsieh zusammengetan, der untersucht, wie Elektronen durch feste Materialien fließen und kürzlich eine Technik entwickelt hat, um direkt festzustellen, ob der Rashba-Effekt in verschiedenen Materialien im Spiel ist. Die Technik besteht darin, einen ultrakurzen Puls aus Laserlicht einer bestimmten Frequenz auf das Material zu strahlen und dann die Komponente des Lichts zu untersuchen, die mit der doppelten Eingangsfrequenz erzeugt wird, ein Phänomen, das als optische Frequenzverdopplung (Optical Second Harmonic Generation – SHG) bekannt ist. Optische SHG ist stark an den Rashba-Effekt gebunden, da beide nur von bestimmten Arten von niedrigsymmetrischen Kristallstrukturen erlaubt sind. „Es war in diesem Fall eine Herausforderung, da wir nach extrem schwachen SHG-Signalen aus den Perowskit-Proben suchten und sehr darauf geachtet werden musste, dass die Proben durch die intensiven Laserpulse nicht schnell beschädigt wurden“, sagte Tejas Deshpande, Doktorand der angewandten Physik in Hsiehs Labor.

Bernardis Berechnungen und Hsiehs Experimente konzentrierten sich auf die kristalline Struktur und die elektronischen Zustände von Blei-Halogenid-Perowskiten. Auf der atomaren Skala sind Metall-Halogenid-Perowskit-Kristalle bei hoher Temperatur wie Würfel geformt, von denen jedes mit sechs Jodatomen ein Metallatom in seinem Zentrum umschließt – in Blei-Halogenid-Perowskiten ist es im Zentrum eingeschlossen. Bei Raumtemperatur verlängern sich die Würfel zu einem quaderförmigen oder tetragonalen Muster. Bisherige Berechnungen gingen davon aus, dass sowohl die kubische als auch die tetragonale Atomanordnung in ihrem niedrigsten Energiezustand verzerrt werden, was zu einem starken Rashba-Effekt führt. Dies würde zwar erklären, warum Perowskit-Zellen so effizient sind, aber der Beweis für den Rashba-Effekt erschien kaum, als das Team begann, dieses Problem zu untersuchen.

Rashba-Effekt ausgeschlossen

Die Forscher fanden jedoch heraus, dass die hypothetische Verzerrung weder in der Theorie noch in der Praxis auftritt und dass die richtige Struktur in der Tat hochsymmetrisch ist und jeden möglichen Rashba-Effekt dämpft. Dieses Ergebnis zeigt, dass der Grund für den hohen Wirkungsgrad von Blei-Halogenid-Solarzellen in die Standard-Halbleiterphysik zu fallen scheint, und Forscher können nun den Rashba-Effekt als exotischere Erklärung für den Ursprung des hohen Wirkungsgrades ausschließen.

Die Ergebnisse wurden am 08.05.2018 in Nature Communications unter dem Titel „Inversion symmetry and bulk Rashba effect in methylammonium lead iodide perovskite single crystals“ (Inversionssymmetrie und Massen-Rashbaeffekt von in Methylammonium-Blei-Iodid-Perowskit-Einkristallen) veröffentlicht. Der Hauptautor, Kyle Frohna, war ein zum Zeitpunkt der Forschungsarbeit Bachelor-Student am Trinity College in Dublin und arbeitete während eines Summer-Forschungsstipendiums am Caltech an dem Projekt. Er sagt, diese Erfahrung habe ihn auf seinem Weg zum Wissenschaftler sehr geprägt: „Ich habe so viel von den Recherchen und all den Entwürfen, Diskussionen und der sorgfältigen Überprüfung unserer Ergebnisse gelernt. Die Erfahrung hat mich zu einem viel kompetenteren Wissenschaftler gemacht.“ Zu Beginn seiner Doktorarbeit will Frohna weiter untersuchen, warum Solarzellen aus Perowskit so effizient sind und was weitere Verbesserungen der Technologie hemmen könnte. „Ich hoffe, grundlegende physikalische Erkenntnisse nutzen zu können, um hocheffiziente, kostengünstige Perowskit-Solarzellen und damit verbundene Geräte vernünftig zu entwickeln“, sagt er. (Engl. Text von Robert Perkins)

->Quellen: