EU-Strommarkt soll Redispatch verringern und EE stärken

Bundesregierung „intensiv“ gegen Aufteilung eines Mitglikedsstaats in mehrere Gebotszonen

  1. Hat die Bundesregierung eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt, bevor sie sich in den Verhandlungen zur EU-Strommarkt-Verordnung auf die Position einer auf jeden Fall einheitlichen Strompreiszone festgelegt hat?
  2. Liegt der Bundesregierung eine qualitative Einschätzung vor, ob die Kosten für die Aufrechterhaltung der einheitlichen Preiszone durch die Öffnung der Grenzkuppelstellen, nach Inkrafttreten der EU-Strommarkt-Verordnung steigen?

Die Fragen 7 und 8 werden gemeinsam beantwortet. Der Vorschlag zur EU-Strommarktverordnung der EU-Kommission sah vor, dass die EU-Kommission darüber entscheiden darf, ob ein Mitgliedstaat im Fall von Engpässen in mehrere Gebotszonen aufgeteilt werden soll. Gegen diesen Vorschlag hat sich die Bundesregierung intensiv eingesetzt. Im Rat und im Parlament konnte folgender Kompromiss erzielt werden: Als zentrales Verhandlungsergebnis konnte erreicht werden, dass die Mitgliedstaaten selbst entscheiden können, wie sie interne Engpässe lösen wollen: entweder, indem sie ihre Gebotszonen neu zuschneiden, oder, indem sie einen konkreten Aktionsplan mit Maßnahmen zur Reduzierung von Netzengpässen beschließen. Der Kompromiss in Rat und Parlament begrenzt die Entscheidungskompetenz der EU-Kommission zu Gebotszonen: Nur wenn ein Mitgliedstaat die Vorgaben für die Interkonnektor Kapazität für den grenzüberschreitenden Stromhandel von 75 Prozent nicht einhält, kann die Kommission Maßnahmen vorschlagen und als letzte Konsequenz die Gebotszonen neu zuschneiden. Die Bundesregierung hält die einheitliche deutsche Gebotszone für ein hohes Gut. Sie ist wichtig für die Integration von erneuerbaren Energien, die kosteneffiziente Gewährleistung der Versorgungssicherheit und für den Wettbewerb. Ihre Teilung könnte für den Wirtschaftsstandort Deutschland und für das Vorankommen der Energiewende erhebliche Auswirkungen haben. Die erste unmittelbare Folge von kleineren Gebotszonen wären neue innerstaatliche Handelshemmnisse und unterschiedliche Preise. Sie führen auch dazu, dass der Windstrom aus dem Norden nur noch begrenzt in den Süden gehandelt werden könnte. Die Bundesregierung hat erhebliche Zweifel, dass durch einen Gebotszonensplit schneller mehr Netzausbauvorhaben realisiert würden, weil die wesentlichen Gründe für den verzögerten Netzausbau nicht in den fehlenden ökonomischen Anreizen liegen. Außerdem sendet ein Gebotszonensplit keine eindeutigen ökonomischen Anreize für den Netzausbau. Im Übrigen ist festzuhalten, dass die Redispatchkosten nur einen sehr kleinen Anteil der Gesamtkosten des Stromsystems ausmachen (hierzu wird auf Antwort zu Frage 1 verwiesen).

  1. Stimmt die Bundesregierung der Aussage des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie Uwe Beckmeyer zu, dass die Höhe der Redispatchkosten kein Argument gegen den Ausbau der erneuerbaren Energien sei (vgl. Kurzprotokoll Ausschuss für Wirtschaft und Energie vom 21. Februar 2018, S. 14)?

Der Parlamentarische Staatssekretär a. D. Uwe Beckmeyer betonte, dass alles dafür getan werden müsse, Redispatch möglichst gering zu halten; dennoch sei dies kein Argument gegen erneuerbare Energien, sondern eher Ansporn, die Netze auszubauen und den Ausbau der Netzkapazitäten zu forcieren. Die Bundesregierung sieht ebenfalls u. a. das Erfordernis einer besseren Synchronisierung von erneuerbaren Energien und Netzkapazitäten als eine weitere Herausforderung einer erfolgreichen Energiewende.

  1. Liegt der Bundesregierung eine Abschätzung oder Simulation vor, wie sich die Redispatchkosten (§ 13.1 EnWG) durch den grenzüberschreitenden Handel nach Inkrafttreten der EU-Strommarkt-Verordnung verändern werden und falls nein, warum nicht?
  2. Liegt der Bundesregierung eine Abschätzung oder Simulation vor, wie sich die Einspeisemanagementkosten (§ 13.2 EnWG, §§ 14, 15 des Erneuerbare- Energien-Gesetzes) durch den grenzüberschreitenden Handel nach Inkrafttreten der EU-Strommarkt-Verordnung verändern werden, und falls nein, warum nicht?
  3. Ist der Bundesregierung bekannt wie sich in Bezug auf die Fragen 10 und 11 die Netzentgelte verändern werden?

Die Fragen 10 bis 12 werden gemeinsam beantwortet. Die Kosten für Redispatch und Einspeisemanagement und die resultierenden Netzentgelte, die zur Erreichung der Vorgaben aus der EU-Strommarktverordnung entstehen, hängen von einer Vielzahl von Faktoren im europäischen Stromsystem ab. Insbesondere hängen sie entscheidend von den Maßnahmen ab, die ergriffen werden. Die Bundesregierung wird jetzt einen Aktionsplan erstellen, der darstellt, mit welchen Maßnahmen die vorgegebenen 75 Prozent der Interkonnektor Kapazität für den grenzüberschreitenden Stromhandel gewährleistet und dabei zugleich die Redispatch- und Einspeisemanagementkosten möglichst gering gehalten werden. Die wichtigste und effektivste Maßnahme ist weiterhin der Ausbau der Stromnetze. Daneben kann beispielsweise eine Optimierung der Bestandsnetze einen zusätzlichen Beitrag zur Senkung der Redispatch- und Einspeisemanagementkosten leisten.

Folgt: Veränderungen von Einspeisemanagementmengen und Redispatchkosten erwartet?