Bund redet Ländern kaum drein

„Überschussstrom“ und Stromerzeugungsspitzen – Stromexport

„Überschussstrom“ gibt es im Strommarkt nicht. Der gesamte erzeugte Strom wird am Markt gehandelt und findet einen Abnehmer. Im europäischen Verbundsystem kommt es somit immer zu einem Ausgleich von Angebot und Nachfrage. Dass temporär mehr Stromerzeugung als Entnahme auf deutschem Staatsgebiet erfolgt, ist in einem Großteil des Jahres der Fall. Temporäre Stromerzeugungsspitzen, z. B. aufgrund erhöhter Windkrafterzeugung durch Wetterereignisse, haben verschiedene Marktreaktionen zur Folge, die im Ergebnis wieder zu einem Ausgleich von Angebot und Nachfrage führen.

Es gibt keine Vor- oder Nachrangigkeit des nationalen oder internationalen Stromhandels. Wer Strom zu welchen Preisen erhält, entscheidet der Markt. Die internationale Nachfrage nach Strom ist nur insofern limitiert, als die Begrenzung der verfügbaren Übertragungskapazitäten an den Außengrenzen keine beliebig hohe Realisierung von Exporten und Importen zulässt. Dadurch entstehen Preisunterschiede zwischen den Großhandelsmärkten der Gebotszonen. Die deutschösterreichische Gebotszone gehörte dabei regelmäßig zu den preiswertesten.

Die deutsche Ausfuhr von Strom und dessen Ausfuhrwert entwickelte sich nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in den letzten fünf Jahren wie folgt:

2013 2014 2015 2016 2017
Export (TWh) 71,4 74,3 85,3 78,9 80,3
Wert (Mrd. €) 3,8 3,5 3,6 2,8 2,8
EE-Anteil 25,2 27,4 31,6 31,8 36,6

Sobald der aus den einzelnen Energieträgern erzeugte Strom ins Netz eingespeist wird, kann eine Aufteilung in aus erneuerbaren Energien erzeugten und sonstigen Strom nicht mehr vorgenommen werden. Wenn man unterstellt, dass die Ausfuhr von Strom dem jeweiligen Strommix entspricht, betrug der Anteil der erneuerbaren Energien an der gesamten Brutto-Stromerzeugung und an der Stromausfuhr im Jahr. Zu einer physischen Trennung auf staatliche Anordnung kam es nach den der Bundesnetzagentur vorliegenden Erkenntnissen in den letzten fünf Jahren nicht. Die den Strommärkten im europäischen Verbundnetz zur Verfügung gestellten Handelskapazitäten werden in Europa auf zwei Arten ermittelt:

  1. An einer nach dem NTC (Net Transfer Capacity)-Verfahren bewirtschafteten Grenze stimmen die angrenzenden Übertragungsnetzbetreiber die zur Verfügung stehenden Handelskapazitäten untereinander ab.
  2. In Zentralwesteuropa (Deutschland, Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Luxemburg) wird die Day Ahead-Übertragungskapazität algorithmisch berechnet.

In beiden Fällen berücksichtigt die Berechnung der Handelskapazität mögliche Netzüberlastungen. Dies hat Auswirkung auf den Umfang des Stromhandels zwischen den Ländern. Die Handelsflüsse folgen dem Preisgefälle. „Überschussstrom“ in diesem Sinne gibt es auch hier nicht. Er könnte auch nicht separat „zurückgewiesen“ werden.

Eine regionale und technologische Verteilung beim Ausbau der erneuerbaren Energien kann einen Beitrag dazu leisten, die vorhandene Netzinfrastruktur effizienter zu nutzen und abzuregelnde Strommengen aufgrund von Nord-Süd-Engpässen zu verringern. Unabhängig von der Verfügbarkeit von entsprechenden Transportnetzen führt eine großräumige Verteilung von Wind- und Solaranlagen zu stärkeren Ausgleichseffekten. So hat beispielsweise der Deutsche Wetterdienst (www.dwd.de/DE/presse/pressekonferenzen/DE/2018/PK_06_03_2018/pressekonferenz.html) im März 2018 eine Analyse vorgestellt, nach der durch eine Kombination von Windenergie an Land, Windenergie auf See und Photovoltaik die Anzahl von Ereignissen mit sehr geringer Einspeisung aus erneuerbaren Energien deutlich reduziert werden kann.

Regionale Steuerung von Erzeugung, Netzausbau, Speicherung und Verbrauch

Für die Steuerung beim Ausbau der erneuerbaren Energien verfügen die Länder auf Ebene der Raumordnung und Regionalplanung über geeignete Instrumente, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu steuern und die unterschiedlichen Interessen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben in Ausgleich zu bringen. So haben die Länder z. B. über die Ausweisung von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung die Möglichkeit, die Windenergie mengenmäßig und räumlich auch unter Berücksichtigung der Windhöffigkeit zu steuern. Ferner werden die Länder bei der Bedarfsplanung (Netzentwicklungspläne) von Energieleitungen intensiv beteiligt und können ihre Anliegen konkret und unmittelbar in den Prozess einbringen. Bei zahlreichen Netzausbauvorhaben sind die Länder zudem selbst für die Planungs- und Genehmigungsverfahren zuständig. Im Bereich des Ausbaus der Stromnetze würde ein schneller Fortschritt der Realisierung der Netzausbau-Vorhaben helfen, die aktuellen Netzengpässe zu reduzieren. Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsfraktionen eine bessere regionale Steuerung beim Ausbau der erneuerbaren Energien vereinbart. Dies kann einen Beitrag dazu leisten, die abzuregelnden Strommengen aufgrund von Nord-Süd- Engpässen zu verringern. Bei der Ausgestaltung einer gesetzlichen Regelung ist neben Netzaspekten auch die Wettbewerbssituation auf der Grundlage der mittelfristigen Potentiale zu berücksichtigen. Die möglichen Optionen zur Umsetzung der regionalen Steuerung werden aktuell von der Bundesregierung geprüft.

->Quellen: