Peter Finkes neues Buch „Lob der Laien“: Politik zum Erfüllungsgehilfen der Wirtschaft herabgesunken
„Mein ‚Lob der Laien‘ ist nicht einfach die Neufassung meines vieldiskutierten Buches über Citizen Science in verändertem Gewand, sondern eine Zwischenbilanz der seither vergangenen vier Jahre“, schreibt Peter Finke über sein neues Buch „Lob der Laien“ (Oekom-Verlag). Manches habe sich gewandelt: Vielen Interviews und Zeitschriftenbeiträge und mehr als 50 Vorträge bei „sehr unterschiedlichen Veranstaltern“ hätten „in dem neuen Buch ihre Spuren hinterlassen. Neun davon habe ich dafür ausgewählt und bearbeitet.“
Die Wissenschaft sei wie ein Gebirge, so der Verlag auf seiner Internetseite: „Alle starren auf die Gipfel – aber jeder Berg nimmt in einem Tal seinen Anfang. Dort kennen sich die Nichtprofis besser aus als die Profis, weil im Nahbereich die eigene sorgfältige Beobachtung noch etwas zählt.“ Mit seinem „Lob der Laien“ verlangt Finke, die Arbeit der Amateure endlich ernst zu nehmen. Denn die sähen ihre Umwelt nicht bloß durch Spezialistenbrillen und forschten ehrenamtlich nicht nur mit, sondern vor allem selbst, „frei von institutionellen Machthierarchien oder Karrierestress“ (Oekom). In neun Vorträgen betrachte der „Vordenker und Kritiker der Citizen Science-Bewegung die Täler und die Gipfel“. Denn die Ära der Nachhaltigkeit brauche beides – sowohl eine gewandelte Berufs- als auch eine gestärkte Amateurforschung.
Kritik an Profis der Wissenschaft
Eine der eingangs erwähnten Spuren im Buch sei, so Finke, „dass ich jetzt stärker als zuvor die Kritik an den Profis der Wissenschaft betone. Man kann die Laien nicht loben ohne die Profis zu tadeln. Beides sind die beiden Seiten einer Medaille, die meist fälschlich voneinander abgetrennt werden: die beruflich, gegen Bezahlung auf Stellen an Institutionen betriebene Wissenschaft und die ungebundene, ehrenamtlich betriebene Amateurwissenschaft. Beiden geht es um die gleiche Idee von Wissenschaft, aber beide arbeiten unter sehr verschiedenen Rahmenbedingungen. Und beide bestehen wiederum aus je zwei Dingen, die beide kritisch und selbstkritisch praktiziert werden müssen: aus Bildung und Forschung. Es wird mir zu sehr ausschließlich über Forschung geredet, wenn von Wissenschaft die Rede ist, und die Bildung vergessen. Die Forschungswende an den Universitäten ist überfällig, aber sie muss begleitet werden von einer Bildungswende. Ohne die ebenfalls längst überfällige Reform unseres Schulwesens und die Stärkung des selbstkritischen Bewusstseins der akademischen Wissenschaft kann eine Neuorientierung unserer Universitäten nicht funktionieren.“
Als weiteres wichtiges Resultat seiner Jahre sei seine „kritische Aufmerksamkeit für die platte Art und Weise, wie unser Wissenschaftsministerium und seine Helfershelfer Bürger für die Wissenschaft begeistern wollen, erheblich gewachsen“. Die würden sie nämlich schlicht zum Mitforschen einladen. Finke betont demgegenüber, es gehe darum, dass „die Eingeladenen selber forschen möchten und sollen. Wir sind eine Gesellschaft von Mitmachern; das ist zu wenig. Ungebundene Bürgerinnen und Bürger sind Selberdenker: Sie überlegen, ob und wo sie mitmachen wollen, wen sie dabei unterstützen, wessen Macht sie sichern, welche Interessen sie dadurch stärken.“ Denn die akademische Welt repräsentiere eben nur einen Teil der Wissenschaft, den beruflichen. Sie sei nämlich nicht deren geborene Repräsentantin, sondern „nur eine Elite, die leider zu oft ihre Basis vergisst“.
Folgt: „Sogar Profis sind Laien“