Zuckerbrot oder Peitsche – was bringt Elektroautos auf die Straße?
540 Mio. € Elektroauto-Förderungen drohen ungenutzt zu verpuffen, der CO2-Ausstoß steigt: Dieselskandal und Fahrverbote treiben Nachfrage nach Benzinern und nicht nach Elektroautos. Eine Endkunden-Studie des Münchner Strategie- und Marktforschungsberatungsunternehmens mm customer strategy zeigt, dass bei privaten Pkw-Neuzulassungen bis 2022 ein Elektroanteil von 25 % (~300.000 Elektroautos) möglich ist – wenn Fördermaßnahmen sinnvoll kombiniert und optimiert werden.
Die mm-Studie zusammen mit IfaD, IFF und Norstat unter 1.200 privaten Neuwageninteressenten in Deutschland zeigt zum einen, was private Autokäufer von Elektroautos erwarten, zum anderen, dass eine kritische Bestandsaufnahme politischer Fördermaßnahmen durchgeführt und deren Neuausrichtung diskutiert werden sollte, um öffentliche Gelder effektiver einzusetzen.
Unterdessen titelt der Berliner Tagesspiegel am 07.08.2018 „Elektroautos – derzeit nur bedingt lieferbar“ (und bezieht sich allerdings auf Probleme der Autohersteller, alle Fahrzeuge nach dem neuen Abgastest WLTP –Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure– bis zum 01.09.2018 zertifizieren zu lassen): Einige deutsche Autohersteller hätten wegen der Umstellung auf neue Abgastests massive Probleme, Elektro- und Hybridmodelle zu liefern. Volkswagen nehme für Autos mit Hybridantrieb (Elektro- plus Verbrennungsmotor) derzeit gar keine Bestellungen mehr an, auch Erdgasmodelle des Herstellers seien nicht bestellbar. Auf ein Elektroauto müssten Kunden teilweise länger als ein Jahr warten. [note VW produziert E-Modelle auf Halde – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify 20180728]
In einer aktuellen ADAC-Übersicht mit Modellen in- und ausländischer Hersteller, die nach der jüngsten Abgasnorm zertifiziert wurden und also verfügbar sind, finden sich unter mehr als 700 Modellvarianten nur zwei mit reinem E-Motor und 25 mit Hybridantrieb. (Diese Problematik kommt in der mm-Studie noch nicht vor.)
- Aufgrund von Dieselskandal und ersten bereits umgesetzten sowie weiteren drohenden Fahrverboten sinkt der Dieselanteil unter Pkw-Neuzulassungen auf den tiefsten Stand seit dem Abwrackprämienjahr 2009 – jedoch zugunsten von Benzinern, nicht von Elektroautos
- Getrieben durch diese Entwicklung ist der CO2-Ausstoß von Pkw-Neuzulassungen auf das Niveau von 2015 gestiegen. Die Aussicht, die CO2-Vorgaben der EU ab 2020 zu erfüllen, gerät in weite Ferne – Strafzahlungen drohen
- Fördermaßnahmen für Elektroautos blieben bislang ohne Breitenwirkung – 540 Mio. € bereits bewilligter Kaufprämien drohen ungenutzt zu verpuffen
- Die Förderung von Heimladestationen könne die private Nachfrage nach Elektroautos deutlich stärker steigern als die Einführung von deutschlandweiten Fahrverboten in Innenstädten für Verbrenner – bundesweit seien einheitliche Regelungen notwendig
- Durch Kombination verschiedener Fördermaßnahmen könnte der Anteil der Elektroautos unter privaten Pkw-Neuzulassungen von heute 2% bis 2020 auf 6% (~75.000 Elektroautos) und bis 2022 sogar auf 25% (~300.000 Elektroautos) gesteigert werden.
Folgt: Ergebnisse und Schlussfolgerungen der Studie im Einzelnen