Gesamtbetrachtung von Angebot, Nachfrage und Fördermaßnahmen notwendig
Um Elektroautos effizient und effektiv auf deutsche Straßen zu bringen, müssen verschiedene Maßnahmen ineinander greifen: Ein breites, auf die Nachfrage abgestimmtes Angebot von Fahrzeugen und Ausstattungsoptionen wie bei aktuellen Verbrennern mit attraktiven Preisen, technologische Verbesserungen von Reichweiten und Aufladedauern sowie Auflademöglichkeiten, die mindestens so einfach und bequem nutzbar sind wie heutige Tankstellen.
Die öffentliche Hand kann durch geeignete Anreiz- bzw. Sanktionsmechanismen wie z.B. Fördermittel für lokale und überregionale Ladeinfrastruktur, Kaufprämien, Steuererleichterungen kostenlose Innenstadtparkplätze oder die Nutzung von Busspuren für Elektroautos, aber auch Fahrverbote oder eine City-Maut für Verbrenner den Markt für Elektroautos bereiten und beschleunigen, wie in Norwegen seit Jahren eindrucksvoll erlebbar.
Endkunden-Studie: 4 – 6% Elektro-Neuzulassungen bis 2020 machbar…
Welche Maßnahmen(bündel) versprechen jedoch die größte Wirkung, wie beeinflusst die technologische Entwicklung die Nachfrage und was würde potenzielle Autokäufer dazu bewegen, sich für ein Elektroauto zu entscheiden? Um diese Frage zu beantworten, hat mm 1.200 repräsentativ ausgewählte Neuwageninteressenten in Deutschland befragt und erstmals die relevanten Angebots- und Nachfragetreiber sowie diverse Förderszenarien für Elektromobilität in einer Conjoint-Marktsimulation integriert.
In einem aus heutiger Sicht durchaus realistischen Szenario mit einer guten Versorgung der Autobahnen mit Schnellladepunkten, deutschlandweiten Innenstadt-Fahrverboten für Verbrenner und unter Berücksichtigung des bis dato noch stark eingeschränkten Angebots von Elektroautos rechnen die mm-Berater customer strategy für 2020 mit einem Anteil von 4,1 % für Elektrofahrzeuge (rein batteriebetriebene Autos und Plug-in-Hybride) an den privaten Neuzulassungen erreichen. Die aktuell kontrovers diskutierten Fahrverbote hätten auf die Nachfrage nach Stromern jedoch nur den zweitgrößten Einfluss: Würden stattdessen Heimladestationen bundesweit gefördert, stiege die Elektroquote bei Neuzulassungen sogar auf 4,6 % an. Die Kombination beider Einzelmaßnahmen bedeutete sogar einen Sprung auf 6,3 %.
…bis 2020 Ziel der Bundesregierung von 1 Mio. Elektroautos unrealistisch
Vor diesem Hintergrund erscheint das von der Bundesregierung überraschenderweise im Mai 2018 wiederbelebte Ziel von 1 Mio. in Deutschland zugelassenen Elektroautos bis 2020 mehr als ambitioniert, denn hierzu wäre eine Verzehnfachung des aktuellen Elektroanteils unter den Pkw-Neuzulassungen innerhalb von ca. 1,5 Jahren auf über 20% notwendig – dreimal mehr als im ohnehin schon optimistischen Szenario für 2020 und das in dem Jahr, in dem die Elektrooffensive der deutschen Hersteller überhaupt erst richtig beginnt.
Im optimistischen Szenario 25% Elektroneuzulassungen bis 2022 machbar
2022 werden nach heutigem Stand alle großen Hersteller ihr Modellportfolio komplett elektrifiziert haben, so dass die Angebotsvielfalt von reinen Elektroautos und Plug-in-Hybriden hinsichtlich Fahrzeuggrößen, -typen und Ausstattungsvarianten der heutigen Verbrennerwelt gleicht. Darüber hinaus werden aufgrund von Skaleneffekten und technologischem Fortschritt Batterien und damit Elektroautos nicht nur günstiger, sondern auch größer und lassen sich schneller aufladen als heute. Bei gleichzeitigem Vollausbau der Autobahnen mit Schnellladern sowie City-Fahrverboten für Benziner und Diesel erscheint dann eine Elektroquote von knapp 18% der privaten Neuzulassungen realistisch.
Werden bis dahin auch ausreichend öffentliche Ladepunkte in Innenstädten sowie in Wohngebieten installiert, kann die Elektro-Nachfrage sogar um zusätzlich +3,6%Punkte auf 21,3% steigen. Während der flächendeckende Aufbau öffentlicher Ladeinfrastruktur zwar langfristig notwendig, jedoch teuer und zeitaufwendig ist, zeigen auch hier Subventionen privater Heimladestationen den wirkungsvollsten Effekt: „In Kombination mit den vorigen Maßnahmen führen subventionierte Wallboxen als wirkungsvollste Einzelmaßnahme zu einem weiteren Anstieg der Elektroquote um +4,0%Punkte auf 25,3%.“, erläutert mm-Studien-Ko-Autor Felix Kraus.
Folgt: Elektrifizierung privater Stellplätze kommt in der Debatte zu kurz