Elektrifizierung privater Stellplätze kommt in Debatte zu kurz
Während aus nachvollziehbaren Gründen im Vergleich zu Verbrennern neben höheren Anschaffungskosten, die aktuell geringere Reichweite sowie die schwierigere Aufladung von Elektroautos als Hauptargumente gegen den Kauf von Elektroautos angeführt werden, kommt die Elektrifizierung privater Stellplätze als Lösungsansatz viel zu kurz. Die Studie zeigt klar auf, dass die heimischen Auflademöglichkeiten maßgeblich das geplante Kaufverhalten der interessierten Kunden beeinflussen: Elektroauto-Interessenten ohne privaten Stellplatz tendieren etwas stärker zu den weniger umweltfreundlichen Plug-In-Hybriden. Ist zwar ein privater Stellplatz vorhanden, empfindet der Käufer die Installation einer Heimladestation an seinem Stellplatz als schwierig bzw. unmöglich, sinkt das Kaufinteresse für Elektroautos fast auf die Hälfte ab. Folglich kommt heimischen Ladepunkten eine entscheidende Rolle zu, um die Nachfrage nach Elektroautos anzutreiben.
Ist ein privater Stellplatz vorhanden, stehen jedoch normalerweise noch zwei wesentliche Hürden im Weg: Zum einen die Kosten für Kauf und Installation von Ladepunkten, zum anderen – bei Gemeinschaftsstellplätzen bzw. Mietverhältnissen – das Einverständnis der Miteigentümer bzw. des Vermieters.
22kW-Heimladestationen, die das Aufladen innerhalb weniger Stunden ermöglichen, sind bereits ab ca. 700 € erhältlich. Für deren Installation inkl. Material und Abnahme durch einen fachkundigen Elektriker sind weitere ca. 1.400 € einzuplanen, so dass Einmalkosten in Höhe von gut 2.000 € zu Buche schlagen. Die Höhe dieser Kosten, die zusätzlich zum Kaufpreis des Elektroautos anfällt, schreckt viele Interessierte jedoch ab und macht das große Potenzial zunichte: Weniger als ein Fünftel (18 %) aller potenziellen Elektrokäufer würde so viel Geld ausgeben. Bei halbierten Investitionskosten von 1.000 € würde sich die Zahlungsbereitschaft auf 36 % verdoppeln bzw. bei einer Viertelung der Kosten auf 500 € sogar auf 72 % vervierfachen.
Regional stark uneinheitliche Förderung privater Heimladestationen hemmt Wirkung
Vor diesem Hintergrund verwundert, dass aktuelle Förderungen für private Heimladestationen bundesweit vollkommen uneinheitlich geregelt sind: In München fördert die Stadt 20% der Kosten für Montage und Installation + bis zu 120 € für den Netzanschluss. In Bremen schießen die Stadtwerke 250 € zu – aber nur für Ökostrom-Neu- oder Bestandskunden. In Nordrhein-Westfalen übernimmt das Land bis zu 50% / max. 1.000 €. Gelsenkirchenern bietet der lokale Energieversorger Emscher Lippe Energie (ELE) eine Ladestation mit einem Zuschuss von 500 € an, Wenn man sich für Stromtarif „ELE stromFix Mobil“ mit einer Mindestlaufzeit von 2 Jahren entscheidet. Unklar ist, ob dies mit der NRW-Förderung kombinierbar ist.
Während man sich aber in München mit dem Förderantrag bis 31.12.2020 Zeit lassen kann, wird die Förderung der Stadtwerke Bremen nur bis Ende 2018 gewährt. In NRW muss man besonders aufpassen: Orientiert man sich am offiziellen Flyer „ElektroMobilität NRW“ und wartet aus gutem Glauben zu lange mit der Antragstellung, geht man ggf. leer aus – Der Flyer weist kein Förderende aus, auf der offiziellen Internetseite ist jedoch ein Hinweis auf eine befristete Antragstellung bis 20.11.2018 zu finden.
Wallbox-Förderung effektivstes Mittel – bundeseinheitliche Regelung notwendig
mm-Ko-Geschäftsführer Markus Müller-Martini resümiert: „Die bisherigen Fördermaßnahmen für Elektroautos sind nicht effektiv genug – mehr als eine halbe Milliarde Euro des Fördervolumens drohen nicht abgerufen zu werden. Für die effektivste Maßnahme – Förderung von Heimladepunkten fehlen dagegen bundesweit einheitliche Regelungen. Wenn die Bundesregierung ernsthaft das Ziel von 1 Mio. Elektroautos bis 2020 verfolgen will, ist eine zusätzliche Kaufprämie für Wallboxen der zentrale Hebel – und dies sogar quasi ohne Bereitstellung zusätzlicher Mittel: „Die voraussichtlich nicht abgerufenen 540 Mio. € Kaufprämie für Elektroautos würden – bei gleichzeitiger Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für Mieter und Wohneigentümergemeinschaften – über 250.000 private Ladestationen ermöglichen und wiederum den E-Auto-Kauf ankurbeln. Dies verspricht deutlich mehr Elektro-Neuzulassungen als die prognostizierten 180.000 Förderanträge für Elektroautos.“ Die möglichst einfache und komfortable Aufladung von Elektroautos zuhause bzw. in unmittelbarer Wohnungsnähe erscheint somit nicht nur effektiver als Fahrverbote für konventionelle Autos, sondern hat gleichzeitig einen im Vergleich zu Verbrennern unerreichbaren Vorteil: Der Tank ist morgens immer voll.
[note Über die Studie – Die Studie wurde im Juli 2017 mit über 1.200 repräsentativ ausgewählten Neuwageninteressenten in Deutschland und 1.300 Neuwageninteressenten in China mit Fokus auf Privatkunden und User-Chooser in den Fahrzeugsegmenten Kleinstwagen bis Mittelklasse unter der Leitung von mm customer strategy in Kooperation mit dem IfaD Institut für angewandte Datenanalyse GmbH, IFF International Institute for Field Research GmbH und Norstat Deutschland GmbH durchgeführt und am 18.06.2018 veröffentlicht.]
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