Schiffe verschmutzen (etwas) weniger

Im Wortlaut – die Antwort der Bundesregierung

Deutscher Bundestag Drucksache 19/3662 19. Wahlperiode 02.08.2018
Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Claudia Müller, Lisa Badum, Oliver Krischer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/3321

Treibhausgasemissionen und Klimaziele in der internationalen Seeschifffahrt

Vorbemerkung der Fragesteller

Der Transportsektor trägt aufgrund seines hohen Ausstoßes an klimaschädlichen Emissionen stark zum Treibhauseffekt sowie dadurch zum Klimawandel bei. Vor allem in der Seeschifffahrt ist aus Sicht der Fragesteller ein Beitrag zu leisten: Sofern die Schifffahrt keine weiteren Maßnahmen bei gleichbleibend wachsendem Verkehr trifft, wird der Ausstoß des als klimaschädlich erwiesenen Treibhausgases CO2 durch Seeschiffe bis 2050 stark ansteigen, während bei Verkehrsträgern an Land im gleichen Zeitraum Minderungen zu erwarten sind. Experten gehen davon aus, dass dann die aktuell 2,6 Prozent Treibhausgasanteil der Schifffahrt (imo.org/Third-Greenhouse-Gas-Study/GHG3- Executive-Summary-and-Report.pdf) auf 17 Prozent anwachsen werden, weil die Maßnahmen anderer Verkehrsträger für den Klimaschutz wahrscheinlich deutlich bessere Wirkungen erzielen dürften (europarl.europa.eu/IPOL_STU(2015)569964_EN.pdf). Aufgrund dieser Entwicklung sowie der Beschlüsse der Klimakonferenz von Paris, die Treibhausgasemissionen bis 2050 zu halbieren, hat die internationale Seeschifffahrtsorganisation IMO kürzlich ein CO2-Emissionsziel für diesen Zeitraum beschlossen. Weil die Seeschifffahrt im Rahmen des Beschlusses von Paris nicht eingeschlossen war, wurde es nach Auffassung der Fragesteller Zeit für eine CO2-Minderungsstrategie der IMO.
Der konkrete Weg, dieses beschlossene Ziel der IMO zu erreichen, ist jedoch weiterhin unklar. Dieses baut bisher nicht auf konkrete Maßnahmen, sondern auf zukünftigen weiteren Studien etc. auf. Es ist fraglich, welche Treibstoffe und Antriebstechniken aus Sicht der Bundesregierung am besten dieses Ziel erfüllen und welche Forschung oder begleitenden Investitionen dafür notwendig sind.

  1. Wie haben sich die Treibhausgasemissionen in der internationalen Seeschifffahrt nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2008 entwickelt (bitte nach Jahren tabellarisch angeben)?

Laut der „Third IMO GHG Study“ haben sich die Treibhausgasemissionen (CO2 bzw. Treibhausgase in CO2-Äquivalenten) der Schifffahrt in der Periode 2008- 2012 wie folgt entwickelt (in Millionen Tonnen):

Für die Jahre ab 2012 liegen seitens der International Maritime Organisation (IMO) nur Emissionsprognosen vor. Entsprechende Präzisierungen werden in der noch ausstehenden IMO-Folgestudie vorzunehmen sein.

  1. Wie bewertet die Bundesregierung den Beschluss der IMO zu Treibhausgas- Minderungszielen für die Seeschifffahrt bis 2050 in der dafür zuständigen IMO-Ausschusssitzung MEPC 72 (www.imo.org/en/mediacentre/ meetingsummaries/mepc/pages/mepc-72nd-session.aspx) in Hinblick auf die Ziele des Pariser Klimaabkommens?

MEPC 72 hat sich darauf geeinigt, einen Emissionsminderungspfad bis zum Jahr 2050 festzulegen. Dieser sieht im Verhältnis zu 2008 eine Reduktion von mindestens 50 Prozent vor und strebt darüber hinausgehende Bemühungen an, um im Idealfall sogar eine vollständige Reduktion von Treibhausgasen sobald wie möglich im Laufe dieses Jahrhunderts und im Einklang mit den Temperaturzielen des Pariser Abkommens zu erreichen.

Die Bundesregierung begrüßt den Beschluss. Das Ergebnis der Verhandlungen ist ein akzeptabler Kompromiss zwischen allen Belangen der 173 Mitgliedstaaten der IMO, um das Erreichen des Temperaturziels von 1,5 °C aus dem Pariser Übereinkommens noch zu ermöglichen.

  1. a) Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung daraus auf internationaler, europäischer sowie nationaler Ebene jeweils direkt ableiten?
    b) Wie wird die Bundesregierung zukünftig den konkreten Fortschritt zur Umsetzung der internationalen Regelungen auf nationaler Ebene nachvollziehbar dokumentieren und überwachen?
  2.  a) Welche weiteren Beschlüsse der IMO mit welchen damit verbundenen zusätzlichen Maßnahmen sind nach Auffassung der Bundesregierung nötig, um die CO2-Minderungsziele in der Seeschifffahrt bis 2050 um 50 bis 100 Prozent tatsächlich zu erreichen?

Die Fragen 3 und 4a werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Die im April 2018 in der IMO verabschiedete „vorläufige Strategie“ zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen der internationalen Seeschifffahrt enthält unter anderem eine Zusammenstellung von möglichen Kurz-, Mittel- und Langfristmaßnahmen einschließlich korrespondierender Zeithorizonte. Diese Instrumente betreffen alle in Frage kommenden Bereiche mit Reduktionspotenzial (Technik, Betrieb, Wirtschaft, Marktbasierte Maßnahmen) und werden nun in den folgenden Sitzungen des Umweltausschusses der IMO diskutiert, gegebenenfalls weiter ausgearbeitet und in Kraft gesetzt, bis die Strategie im Jahr 2023 finalisiert werden wird. Die Bundesregierung wird sich in diesen Prozess intensiv und ambitioniert mit dem Ziel einbringen, geeignete Maßnahmen zum Erreichen der Klimaschutzziele des Pariser Übereinkommens vor 2023 einzuführen. Sofern Beschlüsse der IMO in diesem Zusammenhang der Umsetzung in nationales Recht bedürfen, wird die Bundesregierung dies zeitnah aufgreifen. Inwieweit die konkrete Umsetzung der in der IMO zu beschließenden Maßnahmen auf nationaler Ebene überwacht werden kann, wird eine Frage der Ausgestaltung der jeweiligen Maßnahme sein.

4 b) Welche weiteren Treibhausgase sind nach Auffassung der Bundesregierung in die Minderungsziele der IMO für die Seeschifffahrt neben CO2 eingeschlossen?

Das Arbeitsprogramm der IMO bezieht sich auf „Treibhausgasemissionen“ insgesamt; wobei der Schwerpunkt auf den CO2-Emissionen liegt. Explizit erwähnt wird als Arbeitsauftrag auch die Betrachtung und Analyse von Maßnahmen in Bezug auf Methan sowie flüchtige organische Verbindungen.

Folgt: Wie wird sich die Bundesregierung aktiv in den weiteren Prozess einbringen?