3. Engpassmanagement optimieren und Kosten senken
Um Engpässe im Netz aufzulösen, regeln die Netzbetreiber nördlich des Engpasses die Stromerzeugung ab. Den notwendigen Strom liefern dann Kraftwerke südlich des Engpasses (Engpassmanagement/Redispatch). Da in den letzten Jahren immer häufiger Engpässe auftraten, sind auch die Kosten zur Behebung der Engpässe stark gestiegen. Es gibt allerdings auch deutliche Potenziale zur Senkung Kosten, insbesondere durch folgende Maßnahmen:
- Einbeziehung aller Erzeugungsanlagen, auch der erneuerbaren Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), in ein optimiertes Konzept zum Engpassmanagement, um möglichst Erzeugungsanlagen mit der höchsten Netzentlastung abzuregeln,
- Um Engpässe effizienter zu beheben, sollen vermehrt Kraftwerke in den Nachbarländern in den Redispatch einbezogen werden,
- Bessere Zusammenarbeit der Betreiber von Übertragungs- und Verteilnetzen zur Nutzung günstiger Potenziale auch in den Verteilnetzen,
- Eine bessere regionale Steuerung des weiteren EE-Ausbaus kann den Redispatchbedarf ebenfalls dämpfen.
III. Netzausbau beschleunigen
Eine optimierte Betriebsführung und höhere Auslastung der Stromnetze wird helfen, den Netzausbaubedarf so gering wie möglich zu halten. Aber auch in Zukunft bleiben die bereits geplanten Netzausbauvorhaben unverzichtbar.
Wir benötigen sie so schnell wie möglich, eigentlich schon heute. Daher geht es bei den Optimierungsmaßnahmen nicht darum, geplante Projekte überflüssig zu machen, sondern gerade darum, einen weiteren, deutlich über die bisherige Netzplanung hinausgehenden Ausbaubedarf zu minimieren. Der dynamische Ausbau der erneuerbaren Energien und der zunehmende grenzüberschreitende Stromhandel würden sonst einen Ausbaubedarf für die Stromnetze mit sich bringen, der an Akzeptanzgrenzen stößt. Bei allen Anstrengungen zu Optimierung und Auslastung der Stromnetze bleibt der dann immer noch notwendige Ausbau der Stromnetze weiterhin der Schlüssel zum Gelingen der Energiewende.
Wo in den letzten Jahren wichtige Ausbauprojekte fertig gestellt wurden, konnte eine drastische Entlastung der Stromnetze erreicht werden. So wurden beispielsweise mit dem Bau der Thüringer Strombrücke seit 2016 hunderte Millionen Euro Kosten für das Engpassmanagement erspart. Insgesamt liegt der Ausbau der Stromnetze gleichwohl noch immer weit hinter den Planungen zurück. Hier „den Schalter umzulegen“ und Planung und Bau der Vorhaben zu beschleunigen, ist das Gebot der Stunde. Insbesondere folgende Maßnahmen können dazu beitragen:
1. Vorausschauendes Controlling für jedes Netzvorhaben
Es gibt nicht die eine Ursache für den stockenden Netzausbau. Die Ursachen für Verzögerungen von Netzausbauvorhaben sind so zahlreich und unterschiedlich wie die Vorhaben selbst. Umso entscheidender ist es, dass die zentralen Akteure an einen Tisch kommen und für jedes Vorhaben die konkret auftretenden Probleme angehen. Das bestehende Monitoring sollte deswegen dahin gehend weiter entwickelt werden, dass BMWi, Bundesnetzagentur, Länder und Netzbetreiber folgende Vorgehensweise verbindlich vereinbaren:
- Effektives und vorausschauendes Controlling für alle Netzvorhaben mit regelmäßigen Treffen von BMWi, Bundesnetzagentur, Ländern und Netzbetreibern,
- Identifikation von konkreten Hindernissen und Risiken für den Zeitplan und möglichen Gegenmaßnahmen,
- Im Ergebnis werden konkrete Zielvereinbarungen mit klaren Verantwortlichkeiten und Meilensteinen zur Umsetzung festgelegt: „Wer hat bis wann, was zu tun?“,
- Mehrstufiges Verfahren alle 6 Monate:
1. Bericht der Bundesnetzagentur,
2. Regelmäßige Gespräche des BMWi mit den Akteuren auf Fachebene,
3. Netzgipfel von Bundesminister Peter Altmaier mit den Länderministern, - In jedem Termin wird insbesondere überprüft, ob die Zielvereinbarungen umgesetzt wurden, neue Ziele werden vereinbart.
2. Gesetzliche Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus
Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, durch gesetzgeberische Maßnahmen die Verfahren zu beschleunigen. Dabei sind die europäischen Vorgaben zum Schutz von Mensch und Umwelt einzuhalten und die Akzeptanz vor Ort durch gute Kommunikation und Transparenz zu stärken. Beschleunigungsmöglichkeiten gibt es beispielsweise dort, wo Änderungen in bestehenden Trassen keine umfassenden Prüfungen erfordern. In diesem Sinne werden insbesondere folgende Maßnahmen vorgeschlagen:
- Bei kleineren Maßnahmen wie Umbeseilungen schnelle Anzeigeverfahren statt Genehmigungsverfahren ermöglichen,
- Planungsverfahren bei Neubau auf bestehender Trasse verschlanken (z. B. durch Verzicht auf Bundesfachplanung bei Netzverstärkung),
- Vorschlagsrecht der Länder für zeitraubende Alternativplanungen beschränken (mögliche Alternativen sind von vornherein zu berücksichtigen)
- Vorausschauende Planung (z.B. „Leerrohre“) ermöglichen, sodass höherer Transportbedarf in laufenden Planungsverfahren noch berücksichtigt werden kann,
- Den vorzeitigen Baubeginn einer Trasse ermöglichen, bevor der letzte Meter der gesamten Trasse genehmigt ist.
3. Ökonomische Anreize für schnelleren Netzausbau sowie Optimierung des Stromnetzes
Bisher setzen die Anreizregulierung und insgesamt der rechtliche Rahmen noch nicht die notwendigen wirtschaftlichen Anreize für eine Optimierung der Netze und einen zügigen Netzausbau. Die Anreizregulierung der Netzbetreiber zielt darauf, zu hohe Renditen für Netzbetreiber („Monopolrenditen“) zu vermeiden und den aufgrund des Monopols fehlenden Effizienzdruck durch Regulierungsinstrumente zu ersetzen, die einen Wettbewerb simulieren.
So liegt es zum Beispiel allein in der Hand der Netzbetreiber, wann sie energiewirtschaftlich erforderliche Vorhaben beantragen und wie zügig sie Planung und Bau vorantreiben. Der bestehende rechtliche Rahmen gibt zudem keine besonderen ökonomischen Anreize für einen zügigen Ausbau der Stromnetze. Die Rendite eines Bauprojekts ist für den Netzbetreiber nicht systematisch davon abhängig, ob die Stromleitung wie ursprünglich geplant oder erst später (oder früher!) in Betrieb genommen wird. Gleiches gilt für die Optimierung und höhere Auslastung des Netzes. Auch hier gibt es keinen ökonomischen Anreiz, die Kosten für Engpässe zu minimieren, denn Engpasskosten gelten bisher als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten und sind somit ein durchlaufender Posten in der Bilanz des Netzbetreibers. Versuche, das Ausmaß dauerhaft nicht beeinflussbarer Kosten zu begrenzen, waren bisher politisch nicht erfolgreich.
Aus den genannten Gründen sind bei dem Thema „dicke Bretter“ zu bohren. Vor dem Hintergrund ist zu entscheiden, inwieweit mit kurzfristig umsetzbaren „chirurgischen“ Maßnahmen wichtige ökonomischen Anreize gesetzt werden können. In einem zweiten Schritt ist zu entscheiden, inwieweit mit grundlegenden Änderungen des rechtlichen und ökonomischen Rahmens insbesondere die Anreizregulierung und die anderen Rechtsgrundlagen an die neuen Herausforderungen anzupassen sind, um die neuen Herausforderungen zu bewältigen.
->Quellen: