Energieversorgung und Klimaverbesserung
Die Bedeckung der Sahara mit Solarmodulen und Windparks würde nicht nur zur Energieversorgung der Welt beitragen, sondern auch das lokale Klima verbessern. Die Niederschläge würden sich mehr als verdoppeln und auch die Vegetationsdecke würde bescheiden zunehmen. Das schreibt unter anderen Roland Knauer im Berliner Tagesspiegel über neue Studien zum Thema – Desertec lässt – wieder einmal – grüßen.
„Es gäbe eine leichte Begrünung der Sahara“, sagt Fred Kucharski vom Abdus Salam International Centre for Theoretical Physics in Italien. Dies würde nicht annähernd ausreichen, um die Sahara in den viel grüneren Zustand zu versetzen, in dem sie sich noch vor 6000 Jahren befand.
Die Forscher Yan Li, Eugenia Kalnay und Safa Motesharrei von der University of Maryland im US-amerikanischen College Park spielten dieses Szenario in Computermodellen durch – und wurden überrascht. In der Region würden durch die Anlagen zwar die Temperaturen etwas steigen, vor allem aber auch die Niederschläge würden sich erheblich verstärken, berichten die Forscher in der Zeitschrift „Science„. Das aber könnte gerade der von Dürren geplagten Sahelzone südlich der Sahara helfen.
Die Energieerzeugung durch Wind- und Solarparks könnte die Kohlenstoffemissionen reduzieren und damit den anthropogenen Klimawandel mildern. Aber ist das der einzige Vorteil? Li et al. führten Experimente mit einem Klimamodell durch, um zu zeigen, dass die Installation von großen Wind- und Sonnenkraftwerken in der Sahara mehr lokale Niederschläge verursachen könnte, insbesondere in der benachbarten Sahelzone. Dieser Effekt, verursacht durch eine Kombination aus erhöhtem Oberflächenwiderstand und reduzierter Albedo (solarify.eu/albedo), könnte die Vegetationsbedeckung erhöhen und ein positives Feedback erzeugen, das die Niederschläge weiter erhöhen würde.
[note Abstract: „Diese Anlagen würden jedoch die Eigenschaften der Landoberfläche erheblich verändern, und wenn sie ausreichend groß sind, können sie zu unbeabsichtigten Klimafolgen führen. In dieser Studie haben wir anhand eines Klimamodells mit dynamischer Vegetation gezeigt, dass große Wind- und Solaranlagen in der Sahara zu einem lokalen Temperaturanstieg und mehr als einer Verdoppelung des Niederschlags, insbesondere in der Sahelzone, durch erhöhte Oberflächenreibung und reduzierte Albedo führen. Die daraus resultierende Zunahme der Vegetation erhöht die Niederschläge weiter und erzeugt ein positives Albedo-Niederschlags-Vegetationsfeedback, das ~80% der Niederschlagszunahme für Windparks beiträgt. Diese lokale Verbesserung ist skalenabhängig und gilt vor allem für die Sahara, mit geringeren Auswirkungen auch in anderen Wüsten.“]
Die Schlusszusammenfassung der Autoren: „Unsere Ergebnisse aus Experimenten mit einem Klimamodell deuten darauf hin, dass bei Anlagen von Wind- und Solarparks mit einem derzeitigen Umwandlungswirkungsgrad in der Wüste in einem Umfang, der groß genug ist, um die ganze Welt zu versorgen, die Auswirkungen auf das regionale Klima eher von Vorteil als von Nachteil wären, und die Auswirkungen auf die globale Durchschnittstemperatur sind im Vergleich zu denen, die durch die CO2-Emission aus fossilen Brennstoffen verursacht werden, noch gering. Bei sorgfältiger Planung könnten diese Betriebe auch mehr Niederschläge auslösen, was vor allem auf ein zuvor übersehenes Vegetationsfeedback zurückzuführen ist.
Dies zeigt, dass Wind- und Solarenergie neben der Vermeidung anthropogener Treibhausgasemissionen aus fossilen Brennstoffen und der damit verbundenen Erwärmung auch andere unerwartete positive Klimaauswirkungen haben könnten, wenn sie in großem Maßstab in der Sahara eingesetzt werden, wo die Bedingungen für diese Auswirkungen besonders günstig sind. Die Bemühungen, solche großen Wind- und Solarparks zur Stromerzeugung zu bauen, mögen noch mit vielen technologischen (z.B. Übertragung, Effizienz), sozioökonomischen (z.B. Kosten, Politik) und ökologischen Herausforderungen konfrontiert sein, aber dieses Ziel ist mehr und mehr erreichbar und kostengünstiger geworden. Die Ergebnisse zeigen, dass Erneuerbare Energien mehrere Vorteile für das Klima und die nachhaltige Entwicklung haben können und daher als primäre Lösung für die Herausforderungen der globalen Energieversorgung, des Klimawandels sowie der ökologischen und gesellschaftlichen Nachhaltigkeit weithin angenommen werden könnten.“
Bedenken
Christopher Schrader meldete in der Süddeutschen Zeitung Zweifel an: „Bevor man Millionen Windräder und Solarmodule für ein Projekt grüne Sahara bestellt, sollte man genauer hinschauen. Die Wüste ist mit einem groben Raster simuliert worden, sagen die Autoren der Studie selbst, und der Effekt hängt stark davon ab, welche Qualität die eingesetzten Solarzellen haben.“ Axel Kleidon vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena merke dazu an, die Effekte seien zwar „plausibel und nachvollziehbar“ gewesen. Doch die neu wachsende Vegetation müsste auch Zeit haben, sich zu entwickeln, und dürfte daher nicht gleich von der großteils am Existenzminimum lebenden Bevölkerung der Sahelzone genutzt werden.
Schließlich wären Bewohner der Sahara wie etwa die Tuareg wohl wenig begeistert von den Plänen, ergänzt Martin Claußen vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. „Mit anderen Worten: eine rein akademische Studie, die leider soziologische, ökonomische und rechtliche Aspekte ausblendet.“
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