Noch immer nicht: Keine Position zu CO2-Reduktions-Zielen der EU

Regierung beschäftigt sich lieber mit sich selbst – NGOs ätzen

Die Bundesregierung hat nach wie vor keine Position zum EU-Kommissionsvorschlag künftiger CO2-Emissionswerte für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge. Daran werde „mit Hochdruck“ gearbeitet, sagte eine Regierungsvertreterin am 26.09.2017 im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Man strebe allerdings an, eine gemeinsame Position vor dem EU-Umweltministerrat am 09.10.2018 zu erarbeiten.

Die EU-Kommission hatte in ihrem Verordnungsentwurf Kom(2017) 676 endg.; Ratsdok.-Nr. 14217/17 vom 08.11.2017 (!) vorgeschlagen, ab 2025 den CO2-Ausstoß für Neuwagen um 15 und ab 2030 um 30 Prozent zu verringern. Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments (EP) hatte sich jüngst für noch ambitioniertere Ziele ausgesprochen (2025: 20 Prozent, 2030: 45 Prozent). Demnächst soll das EP über die Vorschläge abstimmen.

[note Bundeskanzlerin Merkel will die Autoindustrie nicht überfordern: Sie sagte am 25.09.2018 beim Tag der Deutschen Industrie in Berlin, die Bundesregierung müsse zur Frage der geplanten neuen CO2-Grenzwerten der EU  eine gemeinsame Position erreichen. Sie finde die Vorschläge der EU-Kommission eine vernünftige Grundlage. „Alles, was darüber hinausgeht, birgt die Gefahr, dass wir die Automobilindustrie aus Europa vertreiben.“
Kommentar von Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan dazu: „Mit ihrer gestrigen Politik wiegen Kanzlerin und SPD-Spitze die Autohersteller in eine Sicherheit, die es längst nicht mehr gibt. Die Union blockiert systematisch schärfere Maßnahmen zum Klimaschutz, Schulze und der SPD fehlen der Mut, dafür zu kämpfen. Die seit Jahren stagnierenden CO2-Zahlen aus dem Verkehr zeigen, dass die europäischen Hersteller sich vor ihrer Verantwortung im Klimaschutz drücken. Statt die Branche mit ehrgeizigen Grenzwerten endlich zu mehr Innovationen anzustacheln, wird sich der Rückstand gegenüber den neuen Anbietern sauberer Verkehrsformen nur noch weiter vergrößern.]
In der Ausschusssitzung fanden Anträge der Fraktionen AfD (19/2688), FDP (19/2673) und Bündnis 90/Die Grünen (19/2110) zu dem Thema jeweils keine Mehrheit. Die AfD hatte sich in ihrem Antrag grundsätzlich gegen die neuen Reduktionsziele ausgesprochen und unter anderem die technische Umsetzbarkeit angezweifelt. Die FDP hatte dafür geworben, statt mit Flottengrenzwerten die CO2-Reduktion über eine Einbeziehung des Verkehrssektors in den europäischen Emissionshandel zu erreichen. Die Grünen hatten in ihrem Antrag unter anderem noch höhere Reduktionsziele gefordert (2025: 45 Prozent, 2030: 75 Prozent). Die drei Anträge stehen am 27.09.2018 zur abschließenden Beratung ohne Debatte auf der Tagesordnung des Bundestages. (Nach: hib/SCR)

[note DUH: „70 Prozent Minderung wären nötig“ – Die Deutsche Umwelthilfe kritisierte die Bundesregierung für ihre Position zu EU-weit geltenden CO2-Flottengrenzwerten scharf. „Deutschlands absolut schwache Zielvorgabe von 30 Prozent bei Pkw bis 2030 ist ein fauler Kompromiss“, sagte Barbara Metz, stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin. Die Ansage der Kanzlerin bedeute eine klare Niederlage für das SPD-geführte Bundesumweltministerium. Abermals zeige sich, dass die Industrie die Richtung bestimmt und welch geringen Stellenwert Klimaschutzvorgaben haben. Statt nur 30 Prozent Minderung bis 2030 im Vergleich zu 2021 wären 70 Prozent Minderung nötig, um die Klimaschutzziele zu erreichen: „Abermals werden wir Zeuge eines faulen Deals zwischen den Ministern Altmaier, Scholz und Scheuer und der Automobilindustrie. Wie schon bei den sogenannten Dieselgipfeln, bleiben Umwelt- und Verbraucherschutzverbände außen vor. Die deutsche Regierung handelt wider besseres Wissen und Gewissen, denn klar ist, dass so die Klimaziele im Verkehr definitiv nicht erreicht werden. Das kurzsichtige Handeln der Regierung zu Gunsten weiterer Gewinnmaximierung der Automobilhersteller wird den deutschen Steuerzahler Milliarden kosten, wenn Verschmutzungszertifikate zugekauft werden müssen.“ Bundesumweltministerin Svenja Schulze sollte sich vehement gegen diese Entscheidung stemmen, sodass sie im EU-Umweltministerrat für ein tatsächlich wirkungsvolles Ziel abstimmen könne. Schließlich nehme Deutschland mit seiner Position am Verhandlungstisch eine Schlüsselrolle ein, die auch eine Signalwirkung für andere Länder habe.]

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