Erste CO2-freie Insel der Welt

Porto Santo (Madeira) wird sauber

Das Münchner Unternehmen The Mobility House hat gemeinsam mit der Renault-Gruppe und dem lokalen EVU EEM (Empresa de Electricidade da Madeira) die erste Etappe eines Projekts abgeschlossen, das eine Insel der Madeira-Gruppe CO2-frei machen soll. In den kommenden drei Jahren wird die Insel Porto Santo auf einen Verbund von Photovoltaik, Windkraft, Elektrofahrzeuge und Batterien setzen.

Die kleine Insel mit gut 5.000 Einwohnern ist dem Münchner Unternehmen zufolge „die perfekte Umgebung, um die Technologie von The Mobility House einzusetzen, weiterzuentwickeln und das Zusammenspiel zwischen Energieerzeuger und Verbrauchern zu perfektionieren. Dadurch kann ein zuverlässiges Stromnetz gewährleistet und ein kostenintensiver Netzausbau reduziert werden.“

Wie wird die Technologie eingesetzt?

In den verschiedenen Phasen des Projektes will The Mobility House die intelligente Integration uni- und bidirektionaler Elektrofahrzeuge und kleiner Stationärspeicher aus Second Life-(2nd-life)-Fahrzeugbatterien in das lokale Stromnetz des Energieversorgers EEM bereitstellen. Mit Hilfe einer eigens entwickelten Software werden die auf der Insel vorhandenen Flexibilitäten zusammengeschaltet. Dadurch werden  – so The Mobility House – „zielgerichtetes Laden und Entladen der Batterie sowie Vehicle-to-Grid Anwendungen ermöglicht“. Durch die Förderung der Elektromobilität und den gezielten Einsatz von Speichern werde Porto Santo auf dem Weg hin zur ersten CO2-freien Insel der Welt unterstützt. Die angestrebte CO2 Freiheit wirke sich in der Folge nicht nur positiv auf die Umwelt, sondern auch auf die ökonomische und soziale Nachhaltigkeit aus, unterm Strich steigt die Lebensqualität der Inselbewohner.

„Durch gesteuerte und überwachte Ladevorgänge kann in Echtzeit auf die Anforderungen von EEM an mehr oder weniger Nachfrage reagiert werden, wodurch ein kostengünstigeres und stabilisierteres Stromnetz gewährleistet wird. Davon profitiert nicht nur der lokale Energieversorger, sondern alle Inselbewohner“, so Thomas Raffeiner, Gründer und CEO von The Mobility House: „Wir freuen uns sehr, dass wir im Rahmen dieses Projektes zum ersten Mal uni- und bidirektionale Elektrofahrzeuge zusammen mit Speichern über eine zentrale, intelligente Aggregationsplattform steuern können“.

[note Im Gespräch mit Sandra Enkhardt vom pv magazine erklärte Raffeiner kürzlich auch die weiteren Pläne für Porto Santo. Bis 2022 sollen demnach insgesamt 200 unidirektionale und 450 bidirektionale Ladesäulen auf der Insel installiert werden. Gut 1000 Elektrofahrzeuge sollen dann auf der Insel unterwegs sein. Zunächst sei im kommenden Jahr aber die Erhöhung auf 200 Elektroautos als Zwischenschritt geplant. Die Speicherkapazität wird dem TMH-Geschäftsführer zufolge auf bis zu 9,5 Megawatt auf der Insel ausgebaut, wobei die stationären Second-life-Batteriespeicher auch durch die rollenden Speicher, also die Batterien in den Elektrofahrzeugen, ergänzt werden.
Raffeiner kündigte auch an, dass die Einwohner der Insel damit rechnen könnten, die Elektrofahrzeuge kostenlos nutzen zu können. So solle mehr Flexibilität für die Nutzung der Batteriespeicher in den Fahrzeugen geschaffen werden, was sich auch für TMH lohne. Schon jetzt zeige sich auch, dass wie günstig das Modell sei. So lägen die Stromerzeugungskosten auf Porto Santo mit Dieselgeneratoren bei 50 bis 60 Cent pro Kilowattstunde. Bis 2021 sollen sie durch Photovoltaik, Windkraft und Speicher auf vier bis sechs Cent pro Kilowattsunde sinken, sagte Raffeiner weiter.]

Anfang Juni 2018 wurden 20 Elektroautos der Marke Renault an öffentliche Einrichtungen (z.B. Polizei), private Unternehmen (z.B. Taxifahrer) und Privatpersonen übergeben und werden von diesen auf die unterschiedlichen Mobilitätsbedürfnisse im Alltag getestet. Um möglichst vielen Nutzern diese Erfahrung zu ermöglichen, wechselt etwa die Hälfte aller Fahrzeuge alle zwei Monate ihren Besitzer. Jede der insgesamt 40 Ladestationen ist mit einem Controller von The Mobility House und Internetverbindung ausgestattet, um intelligentes Laden und Monitoring der Ladevorgänge zu ermöglichen. Mit Hilfe dieser Technologie kann The Mobility House das Laden der Elektroautos aus der Ferne steuern und überwachen. Dieses System kann auf anderen Inseln oder in anderen Städten reproduziert werden.

Auch im Rennen: Azoreninsel Graciosa

Solarify meldete am 25.02.2013: Graciosa, „die Liebliche“, ist die zweitkleinste der Azoren-Inseln und hat etwa 4.500 Einwohner, die hauptsächlich von Fischfang und Viehhaltung leben – auf Graciosa gibt es mehr Kühe als Menschen. Hier errichtet die deutsche Firma Younicos  für den Energieversorger der Azoren, die EDA, das weltweit erste Erneuerbare Energiesystem auf Basis bis 100 Prozent Wind- und Sonnenstrom. Auf Graciosa will Younicos zeigen, dass Erneuerbare Energien technisch wie wirtschaftlich fossilen Energieträgern überlegen sein können. Indem immer teurer werdender importierter Dieselkraftstoff ersetzt wird, werden die Energiekosten gesenkt. Den Gewinn hieraus teilen sich Portugal und die Investoren, die die Umrüstung finanzieren. Das gesparte CO2 ist dabei noch nicht berücksichtigt. Mit intelligenter Leistungssteuerung und eigens entwickeltes Energiemanagementsystem wird das bestehende Netz dezentral und „demokratisch“. Zusammen mit 2,5-MW-Batteriespeicher erlaubt das, einen 5,4-MW-Windpark und ein 500-kW-PV-Kraftwerk zu bauen. Außer einer Leitung zum Windpark müssen keine neuen Trassen gelegt werden. Vergleichbare Projekte gab es zwar auch schon auf anderen Inseln, aber mit einem entscheidenden Unterschied: Stets sind diese Inseln per Kabel mit dem Festland verbunden – und damit nicht wirklich energieautark, weil das Netz auf dem Festland stabilisiert wird. Der wegweisende Ansatz von Graciosa (Younicos) hat den dänischen Finanzinvestor Recharge A/S 2016 überzeugt, sich mit 50,1 Prozent an dem von Younicos entwickelten 24 Mio. Euro-System zu beteiligen. (Letztes Update Februar 2018)]

->Quellen: