Schicht im Schacht
Die Steinkohleförderung in Deutschland steht kurz vor ihrem Ende. Am 17.08.2018 lief die letzte Förderschicht auf der Zeche Ibbenbüren im Münsterland. Die einzige noch arbeitende Zeche – Prosper-Haniel in Bottrop im Ruhrgebiet – wird zum Jahresende stillgelegt. Nach mehr alsr zweihundert Jahren wird der deutsche industrielle Steinkohle-Bergbau dann endgültig Vergangenheit sein. Ein Überblick aus den Energie-Perspektiven des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik, Garching.
Die Steinkohle in Deutschland war ein Motor des wirtschaftlichen Aufschwungs in der Nachkriegszeit. Um die 150 Steinkohlebergwerke waren 1960 an Ruhr und Saar in Betrieb, eine halbe Million Beschäftigte produzierten 140 Millionen Tonnen Steinkohleeinheiten jährlich. Weil die Flöze sehr tief untertage liegen, war der Abbau jedoch wesentlich kostspieliger als in anderen Weltregionen und wurde seit den 1950er-Jahren staatlich subventioniert. Das Ziel: Arbeitsplätze sichern, die Energieversorgung durch einen inländischen Beitrag stabilisieren und die Exportchancen für die Bergbautechnologie fördern.
Die heutigen Steinkohle-Reserven würden noch für viele Generationen ausreichen. Angesichts der hohen Kosten einigten sich 2007 jedoch der Bund, Nordrhein-Westfalen und das Saarland, die RAG – ehemals Ruhrkohle AG – und die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, die Subventionen Ende 2018 sozialverträglich zu beenden. Ab nächstem Jahr wird die für Kraftwerke, die Eisen- und Stahlindustrie sowie den Wärmemarkt benötigte Steinkohle – zurzeit rund 55 Millionen Tonnen Steinkohleeinheiten jährlich – durch Importe gedeckt.
Das Abschiedsjahr 2018 hindurch liefen zahlreiche Veranstaltungen, von Sonderausstellungen der Ruhrmuseen über Präsentationen während der Ruhrfestspiele bis zu lokalen Aktionen „Danke Kumpel“ für Bergleute, ihre Familien und Nachbarschaften. Am 21. Dezember ist die zentrale Abschiedsveranstaltung im Beisein des Bundespräsidenten geplant und der „letzte Förderkorb“ auf dem Bergwerk Prosper-Haniel.
Ewigkeitsaufgaben
Was dann übrig bleibt, sind „Ewigkeitsaufgaben“ – Bergbaufolgen, die auf unbestimmte Zeit Aufmerksamkeit erfordern. Dabei geht es vor allem um das Wasser über und unter Tage: Zum einen hat der Bergbau die Landschaft örtlich absacken lassen. Weil der natürliche Abfluss fehlt, wird Regenwasser sowie Wasser aus einigen Bächen und Flüssen stetig abgepumpt. „Wenn die Pumpen ausgeschaltet würden, dann stünden zum Beispiel Teile von Essen oder Duisburg nach relativ kurzer Zeit unter Wasser“, erklärt Prof. Christian Melchers von der Technischen Fachhochschule Georg Agricola in Bochum, der an mehreren Forschungsvorhaben zu Ewigkeitsaufgaben des Steinkohlenbergbaus beteiligt ist.
Zum anderen ist da das Grubenwasser: Es wird ständig abgepumpt, um in der großen Tiefe trockenen Fußes arbeiten zu können. Mit Ende des Bergbaus wird dieses salzhaltige Wasser wieder aufsteigen. Dabei gilt es zu verhindern, so Prof. Melchers, „dass das Salzwasser in höhere Grundwasserschichten eindringt, etwa dort, wo Trinkwasser gewonnen wird.“ Hierfür wird eine neue Brunnenwasserhaltung mit riesigen Tauchpumpen aufgebaut. Die für diese Aufgaben veranschlagten Ewigkeitskosten von jährlich 220 Millionen Euro trägt die 2007 zur Abwicklung des deutschen Steinkohle-Bergbaus gegründete RAG-Stiftung.
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