Mehr Wege zur 1,5-Grad-Grenze möglich als angenommen – Budget bleibt aber sehr knapp
Im Einklang mit dem jüngsten Sonderbericht des Weltklimarats (IPCC) über 1,5 Grad Celsius globale Erwärmung hat das Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) seine CO2-Uhr auf den neusten Stand gebracht. Demnach können gerade einmal noch knapp 420 Gigatonnen (Gt) CO2 in die Atmosphäre abgegeben werden, um die 1,5-Grad-Grenze nicht zu überschreiten. Da die Welt jedoch jedes Jahr circa 42 Gt an CO2 ausstößt – rechnerisch entspricht dies 1332 Tonnen pro Sekunde – dürfte dieses Budget in gut neun Jahren aufgebraucht sein. Das Budget von circa 1070 Gt für die Zwei-Grad-Grenze wird in etwa 26 Jahren erschöpft sein, wie das Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) am 08.11.2018 mitteilte.
Die CO2-Uhr des MCC bildet damit den neuen allgemein wissenschaftlich anerkannten Stand der Forschung ab. Kurz vor der Veröffentlichung des IPCC-Sonderberichts war die Uhr, die das noch verfügbare Budget rückwärts herunterzählt, eigentlich abgelaufen. Das Update schließt jetzt jedoch unter anderem die neuen Abschätzungen über die bisher erfolgte Erwärmung mit ein und beruht auf einer breiteren Datenbasis, die nun auch Beobachtungen umfasst. Beim Klimaabkommen von Paris haben alle Staaten weltweit das Ziel beschlossen, die Erderwärmung im globalen Mittel auf deutlich unter 2 Grad Celsius (möglichst 1,5°C) im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
„Bei dem weiterhin äußerst begrenzten CO2-Budget werden der Welt gerade einmal einige wenige Jahre mehr für effektiven globalen Klimaschutz eingeräumt“, sagt MCC-Direktor Ottmar Edenhofer. „Klimapolitisch haben wir gerade ein verlorenes Jahrzehnt hinter uns, in dem die globalen Emissionen trotz aller im Paris-Abkommen gemachten Zusagen sogar wieder gestiegen sind. Der IPCC zeigt, dass es noch mehr Wege zur 1,5-Grad-Grenze gibt als angenommen. Doch diese Handlungsspielräume werden von der Politik kontinuierlich verspielt.“
Die Idee des CO2-Budgets fuße auf einem nahezu linearen Zusammenhang zwischen den kumulativen Emissionen einerseits und dem Temperaturanstieg andererseits. Aus dem Ablaufen des verfügbaren CO2-Budgets zum Erreichen der 1,5-Grad-Grenze lasse sich indes nicht ableiten, dass sich die Erde dann um 1,5 Grad erwärmt habe. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Reaktion der Emissionen auf die Temperatur erst später sichtbar werde als beim reinen Blick auf die Konzentration der Emissionen in der Atmosphäre, so Edenhofer.
Mit der Aktualisierung der CO2-Uhr des MCC auf Grundlage des IPCC-Sonderberichts geht zugleich eine technische Veränderung einher: Bisher hatte der Weltklimarat die Größe des Budgets in Form von einer geringeren (33 prozentigen), einer mittleren (50 prozentigen) und einer hohen Wahrscheinlichkeit (66 prozentigen) abgebildet.
Im Lichte der neuen Erkenntnisse sprechen die Wissenschaftler nun davon, dass das errechnete Budget von 420 Gt für die 1,5-Grad-Grenze mit 66 Prozent der untersuchten Szenarien erreichbar sei. Damit würden Unsicherheiten verlagert: Weg von der Wahrscheinlichkeit, das Temperaturziel einzuhalten – und hin zu der Wahrscheinlichkeit, dass die Modelle das Ziel einhielten. Zudem blieben Unsicherheitsfaktoren bestehen, die sich unter anderem aus unterschiedlichen Definitionen der 1,5°C-Grenze, unterschiedlichen Annahmen über die Klimasensitivität und den Grad der bisherigen Erwärmung sowie der zukünftigen Entwicklung anderer Treibhausgase ergäben.
„Es liegt in der Natur der Sache, dass auch unsere CO2-Uhr weiterhin mit Unsicherheiten behaftet ist. Doch den nötigen politischen Handlungsdruck, zeigt sie glasklar: Bis 2050 muss die Weltwirtschaft komplett CO2-frei sein“, sagt MCC-Generalsekretärin Brigitte Knopf. „Durch den Weltklimarat wissen wir jetzt noch genauer, wie groß die Notwendigkeit ist, den CO2-Ausstoß drastisch zu reduzieren.“
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