Europas Städte tun sich schwer
Laut einer Studie von Transport and Environment (T&E) machen vollelektrische Busse nur neun Prozent des Verkaufs von Stadtbussen in Europa aus. Hohe Vorlaufkosten seien das größte Hindernis für einen breiter angelegten Einsatz. Tatsächlich können Elektrobusse in der Anschaffung doppelt so teuer sein wie Diesel. Damit wird die saubere Alternative für viele europäische Städte unattraktiv – insbesondere in weniger wohlhabenden Regionen, die laut T&E in der Regel auch diejenigen mit der schlechtesten Luftqualität sind. Mit den richtigen Anreizen könnten Elektrobusse dennoch zur ersten Wahl avancieren, so das Ergebnis der Studie, die die Organisation für grünen Verkehr am 09.11.2018 veröffentlicht hat. Frédéric Simon hat sich für EURACTIV.com die Studie angesehen.
„Die Luftverschmutzung ist ein lautloser Mörder in unseren Städten,“ kritisierte kürzlich auch Anna Lisa Boni, Generalsekretärin von Eurocities, einem Netzwerk europäischer Städte. Um die Gesundheit der Bürger zu schützen, müssten sauberere Busflotten eingesetzt werden, forderte sie. Darüber hinaus brauche es auch „Investitionen in andere Formen des öffentlichen Verkehrs“.
Elektrobusse bereits heute wettbewerbsfähig
Unter Berücksichtigung der Gesundheitskosten durch Luft- und Lärmbelastung sowie der Gesamtkosten über ihren Betriebszeitraum hinweg seien Elektrobusse ihren Diesel-Gegenparts bereits heute ebenbürtig, unterstreicht der T&E-Bericht. „Addieren wir noch die Klimakosten hinzu, dann haben Elektrobusse schon heute niedrigere Gesamtkosten als Dieselbusse,“ heißt es weiter.
Für Lucien Mathieu, Analyst für Verkehr und E-Mobilität bei T&E, ist klar: „Wenn Bürgermeister und Regionen es ernst meinen mit der Bewältigung der Luftqualitäts- und Klimakrise, dann ist die einzige rationale Entscheidung, von nun an Elektrobusse zu kaufen.“
Im vergangenen Monat hatte sich der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments für ein Gesetz für emissionsfreie Busse ausgesprochen. Demnach sollten derartige Fahrzeuge bis 2025 mindestens 50 Prozent und bis 2030 75 Prozent des Umsatzes im Busgeschäft ausmachen. Das gesamte EU-Parlament wird nächste Woche über den Antrag abstimmen.
ACEA spricht sich ebenfalls für mehr Elektrofahrzeuge aus
Auch der Verband der Europäischen Automobilhersteller (ACEA) unterstützt die europäischen Bemühungen um den verstärkten Einsatz von Elektrobussen in den Städten und teilte mit: „Null-Emissions-Technologien bieten das beste Ergebnis – sowohl in Bezug auf die lokalen Emissionen als auch auf die Lärmbelastung.“
Allerdings gebe es „keine Einheitslösung“. So könnten „andere Technologien in einigen Fällen aufgrund unterschiedlicher lokaler Gegebenheiten besser geeignet sein“, um die Emissionsziele zu erreichen. Die Möglichkeiten reichen dabei von vollelektrischen Bussen über Hybridbusse hin zu Fahrzeugen, die mit Wasserstoff, Biodiesel, Biomethan oder komprimiertem Erdgas (CNG) betrieben werden, so der ACEA.
Die potenziellen Umweltvorteile von gasbetriebenen Bussen sind zu einem heiß debattierten und umstrittenen Thema geworden: Während solche Busse aus Sicht von T&E „wenig oder gar keine Luftqualitäts- oder Klimavorteile gegenüber Diesel aufweisen“, argumentiert der Branchenverband NGVA Europe, Erdgas könne „eine Reduzierung der CO2-Emissionen um zwölf Prozent, in einigen Fällen sogar um bis zu 20 Prozent, gegenüber Diesel“ erreichen.
Und sogar der Dieselantrieb ist trotz den Nachwirkungen des Volkswagen-Skandals immer noch nicht komplett abgeschrieben: Der ACEA erklärt beispielsweise, die Emissionen der neuesten Euro-VI-Motoren seien inzwischen „auf ein Niveau nahe Null gesenkt“ worden.
Worauf sich scheinbar alle Parteien einigen können, ist derweil, dass Null- und emissionsarme Busse durch Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe weiter gefördert werden sollten.
„Für Städte, die mit den höheren Investitionskosten für emissionsfreie Busse zu kämpfen haben, könnte ab 2020 ein Zuschuss aus dem neuen EU-Haushalt bereitgestellt werden,“ schlägt Lucien Mathieu vor. Dies solle durch ein europaweites Null-Emissions-Verkaufsziel für neue Busse ergänzt werden. Für ACEA ist es jedoch auch in dieser Hinsicht „wichtig, dass die gesetzten Ziele realistisch sind“. – Fréderic Simon – aus dem Englischen von Tim Steins
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